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RBOG 2018 Nr. 20

Kosten- und Entschädigungsfolgen für den unterliegenden Privatkläger; Bestätigung von RBOG 2017 Nr. 32


Art. 428 Abs. 1 StPO


1. Die Staatsanwaltschaft stellte das Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner zu Recht ein. Die Beschwerde des Privatklägers ist deshalb abzuweisen.

2. a) Bei diesem Verfahrensausgang bezahlt der Beschwerdeführer für das Beschwerdeverfahren eine Verfahrensgebühr von Fr. 2'000.00[1].

b) In BGE 139 IV 45 ff.[2] entschied das Bundesgericht, dass es dem gesetzgeberischen Willen entspreche, der Privatklägerschaft die Kosten der Verteidigung der beschuldigten Person aufzuerlegen, wenn nur die Privatklägerschaft die Berufung gegen einen erstinstanzlichen Freispruch erhebe. Das Obergericht wandte diese Rechtsprechung in steter Praxis analog auch auf das Beschwerdeverfahren an, indem es den Privatkläger für entschädigungspflichtig erklärte, wenn er allein Beschwerde gegen einen Einstellungsentscheid der Staatsanwaltschaft erhob und unterlag. Nach BGE 141 IV 476[3] sei diese Rechtsprechung indessen restriktiv anzuwenden. Sie sei nur massgebend, wenn ein vollständiges gerichtliches Verfahren stattgefunden habe und der erstinstanzliche Entscheid einzig von der Privatklägerschaft weitergezogen worden sei. Hingegen sei sie nicht auf den Fall auszuweiten, bei welchem die Privatklägerschaft eine Beschwerde gegen eine Einstellungsverfügung erhoben habe; diesfalls habe der Staat die beschuldigte Person zu entschädigen. Dieses Urteil des Bundesgerichts wurde allerdings vergleichsweise knapp begründet; eine vertiefte Auseinandersetzung mit der Literatur und den Materialien fand nicht statt. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass bei einer Abweisung der Beschwerde des Privatklägers, mithin einer Bestätigung der Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft, der Staat im Ergebnis obsiegt, weshalb es als stossend erscheint, diesem die Kosten der Verteidigung der beschuldigten Person aufzuerlegen; dass der Staat eine Verantwortung für das Strafverfahren trägt, ändert daran nichts[4]. Es kommt hinzu, dass bei dieser Rechtsprechung der Privatkläger weitestgehend privilegiert wird, weil er für den Fall des Unterliegens (nur) im Rahmen der vergleichsweise bescheidenen Verfahrensgebühr überhaupt ein Prozessrisiko trägt, was als nicht gerechtfertigt erscheint. Deshalb hält das Obergericht an seiner bisherigen Rechtsprechung fest; nach dem Verursacherprinzip sind dem unterliegenden Privatkläger die Parteikosten des Beschwerdegegners aufzuerlegen[5]. Daher hat der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 1'250.00[6] zuzüglich 7,7% Mehrwertsteuer zu entschädigen.

Obergericht, 2. Abteilung, 6. September 2018, SW.2018.63


[1] Art. 428 Abs. 1 StPO; § 13 Abs. 1 Ziff. 4 VGG

[2] Pra 102 2013 Nr. 60

[3] Pra 105 2016 Nr. 41

[4] Vgl. auch Christen, Keine Entschädigungspflicht der Privatklägerschaft im kantonalen Beschwerdeverfahren? Gedanken zum Urteil des Bundesgerichts 6B_810/2014 vom 15. August 2015, in: forumpoenale 2016, S. 161 ff.

[5] Wehrenberg/Frank, Basler Kommentar, Art. 432 StPO N 15; Oberholzer, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3.A., N 1762; Massari, Kosten- und Entschädigungsfolgen für die Privatklägerschaft im Strafprozess, in: Jusletter vom 2. Februar 2015 Ziff. 4.2 f.

[6] Fünf Stunden zu je Fr. 250.00

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