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RBOG 2019 Nr. 6

Zulässigkeit der Klageänderung im ordentlichen Verfahren bei unmittelbarer Vorladung zur Hauptverhandlung


Art. 227 Abs. 1 ZPO, Art. 229 Abs. 1 ZPO, Art. 230 ZPO


Die Berufungsbeklagte erhöhte die Forderung im ersten Parteivortrag an der Hauptverhandlung von Fr. 64'125.00 auf Fr. 86'000.00, mithin also um Fr. 21'875.00. Dabei handelt es sich um Provisionen für die Vermittlung von drei weiteren Investoren, welche die Berufungsbeklagte bis dann noch nicht in Rechnung gestellt hatte. Bei unmittelbarer Vorladung zur Hauptverhandlung – ohne zweiten Schriftenwechsel oder Instruktionsverhandlung mit Replik und Duplik – tritt der Aktenschluss nach den ersten Parteivorträgen ein, weshalb die Parteien in diesem Fall noch bis zu den ersten Parteivorträgen an der Hauptverhandlung neue Tatsachen und Beweismittel vortragen können. Darum war die Klageänderung hier unter den weit gefassten Voraussetzungen von Art. 227 Abs. 1 ZPO möglich und braucht nicht zusätzlich auf das Novenrecht gemäss Art. 229 Abs. 1 ZPO gestützt werden. Insofern erscheint der Wortlaut von Art. 230 ZPO, der für Klageänderungen in der Hauptverhandlung als zusätzliche Voraussetzung Noven verlangt, zu eng. Bei direkter Vorladung zur Hauptverhandlung sind vielmehr die Regeln der Klageänderung vor Aktenschluss anzuwenden[1].

Obergericht, 2. Abteilung, 19. März 2019, ZBR.2018.30


[1] Leuenberger, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (Hrsg.: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger), 3.A., Art. 230 N. 1a

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