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RBOG 2021 Nr. 28

Anforderungen an die Beschwerdebegründung


Art. 385 Abs. 1 StPO, Art. 396 Abs. 1 StPO


1. Gemäss Art. 396 Abs. 1 StPO ist die Beschwerde schriftlich und begründet einzureichen. Die Rechtsmittelschrift muss somit von Gesetzes wegen eine Begründung enthalten. Deren Inhalt richtet sich nach Art. 385 StPO. Der Beschwerdeführer hat zunächst genau anzugeben, welche Punkte des Entscheids er anficht[1]. Dieser Antrag muss auf Änderung beziehungsweise Aufhebung einer oder mehrerer Dispositivpunkte lauten. Beschwerde kann mit anderen Worten nur gegen das Dispositiv der angefochtenen Verfahrenshandlung, nicht aber gegen die Erwägungen geführt werden. Dabei hat der Beschwerdeführer zum Ausdruck zu bringen, in welchem Sinn er die angefochtene hoheitliche Verfahrenshandlung geändert habe möchte. Zu beachten bleibt, dass die Anträge beziehungsweise die Angabe der angefochtenen Punkte durch die fragliche hoheitliche Verfahrenshandlung begrenzt werden. Der Streitgegenstand kann vom Beschwerdeführer nicht frei bestimmt werden, sondern wird durch die angefochtene Verfahrenshandlung grundsätzlich verbindlich festgelegt; die Beschwerdeinstanz soll nicht Gegenstände beurteilen, über welche die vorinstanzliche Strafbehörde nicht entschieden hat[2].

2. Sodann hat der Beschwerdeführer genau anzuführen, welche Gründe einen anderen Entscheid nahelegen[3]. In der Begründung ist schlüssig zu behaupten, dass und weshalb ein Beschwerdegrund gegeben ist. Die Beschwerdebegründung hat sich - zumindest in minimaler Form - mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinanderzusetzen. Daran mangelt es, wenn die Richtigkeit der tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen bloss pauschal bestritten wird oder wenn nicht einmal ansatzweise dargelegt wird, weshalb zum Beispiel die beantragte Genugtuung zuzusprechen ist. Die Gründe, die einen anderen Entscheid nahelegen, müssen sich im Prinzip aus der Beschwerdeschrift selbst ergeben. Allgemeine Verweise auf Ausführungen in Rechtsschriften anderer Verfahren oder gar auf die Gesamtheit der Akten genügen nicht[4]. Auch wenn die Anforderungen an die Begründung der Beschwerde insgesamt relativ hoch sind und dafür nur zehn Tage zur Verfügung stehen, kann namentlich von fachkundigen Personen wie Rechtsanwälten erwartet werden, dass sie die Beschwerde formgerecht einreichen. Entsprechend hat in diesen Fällen auch keine Nachfristansetzung gemäss Art. 385 Abs. 2 StPO zu erfolgen[5].

Obergericht, 2. Abteilung, 7. Juli / 12. August 2021, SW.2020.90


[1] Art. 385 Abs. 1 lit. a StPO

[2] Guidon, Basler Kommentar, 2.A., Art. 396 StPO N. 9b

[3] Art. 385 Abs. 1 lit. b StPO

[4] Guidon, Art. 396 StPO N. 9c

[5] Guidon, Art. 396 StPO N. 9e

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