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TVR 2002 Nr. 39

Kostengutsprache bei ausserkantonaler Heimunterbringung


§ 15 IHV, § 8 SHG, § 7 SHV


1. Ist ein geistig Behinderter vermögend und in einem ausserkantonalen Heim untergebracht, so hat die Wohngemeinde nur dafür zu sorgen, dass der gesetzliche Vertreter eine (private) Kostengutsprache für das Restdefizit abgibt. Eine Kostengutsprache durch die Gemeinde – auch eine subsidiäre – kann mangels Bedürftigkeit nicht erfolgen (E. 3b).

2. Die IHV verlangt in Art. 15 nicht die Kostengutsprache einer öffentlichen Stelle. Es kann auch eine private Leistungsverpflichtung vorgelegt werden (E. 3b.bb).


B ist behindert und lebt im ausserkantonalen Wohnheim «Städtli». Sein gesetzlicher Wohnsitz ist die thurgauische Gemeinde N. Das kantonale Fürsorgeamt bestimmte am 15. Dezember 2000, die Fürsorgebehörde N werde als für die Übernahme des Restdefizits im Sinne der IHV zuständig erklärt. Dagegen erhob die Gemeinde N Rekurs, im Wesentlichen mit der Begründung, B sei kein Sozialhilfefall, weshalb nicht einzusehen sei, warum die Gemeinde für ein allfälliges Restdefizit aufzukommen habe. Das DFS wies den Rekurs ab und verpflichtete die Gemeinde N gleichzeitig zur Leistung einer subsidiären Kostengutsprache. Die Gemeinde N gelangte daraufhin an das Verwaltungsgericht, welches die Beschwerde teilweise gutheisst.

Aus den Erwägungen:

3. a) Die IHV, welcher der Kanton Thurgau hinsichtlich der Kinder- und Jugendheime (Teil A) sowie der Erwachsenenheime (Teil B) mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 beigetreten ist, will die Unterbringung betreuungsbedürftiger Personen in Heimen ausserhalb des Wohnsitzkantons erleichtern, soweit im eigenen Kanton nicht genügend geeignete Plätze vorhanden sind oder falls das Wohl des Unterzubringenden, das Verlassen des bisherigen Umkreises oder den Aufenthalt in einem besonders spezialisierten Heim erfordert (Art. 2 IHV). Die Vereinbarungskantone vergüten einander die Betriebsdefizite für in einem Heim oder in einer Einrichtung ausserhalb des Kantons Untergebrachte anteilsmässig nach den Bestimmungen der IHV (Art. 3 IHV). Durch die IHV soll vermieden werden, dass der Standortkanton des Heims Betriebsdefizite zu tragen hat, die von Personen aus anderen Kantonen verursacht werden (Erläuterung des DFS zur Heimvereinbarung vom Juni 1998). Für das Verfahren bestimmt Art. 15 Abs. 1 IHV, dass vor der Unterbringung bei der Verbindungsstelle des Unterbringungskantons die Gutsprache für den Betriebsdefizit-Anteil einzuholen ist. Dabei hat das kantonale Fürsorgeamt die für das Restdefizit zuständige Gemeinde zu bestimmen (§ 7 SHV).

b) Weilt ein Sozialhilfebezüger in einem ausserkantonalen Heim, hat aufgrund der Ordnung, die das SHG festschreibt, sowie § 7 SHV die Wohnsitzgemeinde, die sich nach SHG bestimmt, für den Restdefizitanteil aufzukommen. Hier stellt sich aber die Frage, wie es sich verhält, wenn sich eine nicht fürsorgebedürftige erwachsene Person in einem ausserkantonalen Heim befindet.

aa) Das kantonale Fürsorgeamt hat die Beschwerdeführerin mit Verfügung vom15. Dezember 2000 zur Übernahme eines allfälligen Restdefizits im Sinne der IHV für zuständig erklärt. Im Rekursentscheid führte das DFS aus, die Beschwerdeführerin könne nur zur Leistung einer subsidiären Kostengutsprache verpflichtet werden. Diese könne vom Heim erst dann beansprucht werden, wenn der Insasse beziehungsweise dessen Vertreter ohne Erfolg zur Zahlung eingeladen worden sei. Damit hat das DFS festgestellt, dass sich mit Bezug auf das Restdefizit die Wohngemeinschaft «Städtli» zunächst an B beziehungsweise dessen Vormund zu halten hat. Dieser Auffassung hat sich im Beschwerdeverfahren auch das kantonale Fürsorgeamt angeschlossen. Dem steht auch die IHV nicht entgegen. Die «Erläuterungen des DFS zur Heimvereinbarung» führen unter Ziff. 4 folgendes aus: «4. Aufgaben der Gemeinden. Die Gemeinden haben vorerst abzuklären, ob die betroffenen Personen, deren Eltern oder Verwandte finanziell in der Lage und gewillt sind, für die Restdefizite aufzukommen. In vielen Fällen genügt eine Kontaktaufnahme mit den betroffenen Personen. Andernfalls sind die zuständigen Fürsorgebehörden gestützt auf die Heimvereinbarung verpflichtet, wenigstens subsidiär Kostengutsprache zu leisten.» Die subsidiäre Kostengutsprache findet ihre gesetzliche Grundlage in § 5 SHV (siehe hiezu TVR 1996, Nr. 30).

bb) B, dessen Restdefizit beziehungsweise die Übernahme desselben hier zur Diskussion steht, ist zweifelsfrei nicht sozialhilfebedürftig und wird dies auch in absehbarer Zukunft nicht werden. Aufgrund der Ausführungen im erwähnten TVR 1996, Nr. 30, und entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ergibt sich daher, dass die Beschwerdeführerin nicht zum Erlass einer direkten oder subsidiären Kostengutsprache verpflichtet werden konnte. Dies entgegen den Ausführungen in Ziff. 4 der «Erläuterungen des DFS zur Heimvereinbarung». Die IHV selbst verlangt eine behördliche Kostengutsprache auch gar nicht. Vielmehr muss es in Fällen, in denen der Heiminsasse begütert ist, genügen, wenn sein gesetzlicher Vertreter die Zusicherung abgibt, für die entsprechenden Kosten aufzukommen. Der Vormund von B hält in einem Schreiben vom 30. Oktober 2000 an das kantonale Fürsorgeamt auf S. 4 fest, namens seines Bruders stelle er dem Verein (gemeint ist der Verein X, der die Wohngemeinschaft «Städtli» betreibt) schon heute in Aussicht, dass diesfalls «mein Bruder subsidiär für diesen Zuschlag halt aufkommen wird, um zumindest vorderhand in der vertrauten Heimumgebung im «Städtli» bleiben zu können». Mit dieser Aussage hat aber der Vormund von B zumindest indirekt die von der IHV verlangte Kostengutsprache abgegeben. Eine zusätzliche subsidiäre Kostengutsprache von Seiten der Gemeinde ist daher gar nicht notwendig.

c) Es ergibt sich somit, dass in Fällen, in denen der Heiminsasse über genügend eigenes Vermögen verfügt, von Seiten der Gemeinde auch nach IHV keine – wenn auch nur subsidiäre – Kostengutsprache verlangt werden kann. Sollte § 7 SHV tatsächlich eine entsprechende Bedeutung zukommen, wäre er mit höherrangigem Gesetzesrecht (insbesondere § 8 SHG) nicht vereinbar. Soweit aber § 7 SHV lediglich bestimmt, welche Gemeinde für die Einholung der (behördlichen oder privaten) Kostengutsprache zu sorgen hat (im Sinne eines ausführenden Organs), kann er seine Gültigkeit behalten. In Fällen wie dem vorliegenden beinhaltet dies, dass der Vertreter des Heiminsassen zur Abgabe einer schriftlichen Erklärung aufgefordert wird, das allfällige Restdefizit zu übernehmen. Sofern also die erstinstanzliche Verfügung des kantonalen Fürsorgeamtes vom 15. Dezember 2000 beinhaltete, dass die Beschwerdeführerin verpflichtet wurde, die Vermögensverhältnisse des Heiminsassen zu prüfen und gegebenenfalls – wie hier – vom Vormund eine Kostengutsprache einzuholen, ist sie nicht zu beanstanden und in diesem Sinne auch zu bestätigen. Eine weitergehende Bedeutung kann ihr aber nicht zukommen.
Bleibt anzumerken, dass die IHV offensichtlich auf Kantone zugeschnitten ist, die grundsätzlich in ihrem Hoheitsgebiet gelegenen Heime auch durch die Übernahme von Restdefizitbeiträgen von Kantonseinwohnern unterstützen. Demgegenüber sieht das innerkantonale System im Thurgau nur die Unterstützung der Heime durch Baukostenbeiträge vor. Restdefizitbeiträge werden vom Kanton grundsätzlich nicht übernommen. Die IHV passt daher in diesem Bereich schlecht auf das System der Thurgauer Heimförderung. Aus diesem Grunde ist letztlich die hier zu beurteilende Streitigkeit entstanden.

Entscheid vom 27. März 2002

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