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TVR 2003 Nr. 5

Rechtzeitigkeit eines Fristerstreckungsgesuchs. Ausreichende Begründung des Gesuchs


§ 24 Abs. 3 VRG, § 25 Abs. 2 VRG


1. Ein Fristerstreckungsgesuch ist rechtzeitig gestellt, wenn das Gesuch am letzten Tag der Frist der Post übergeben wird (E. 1 c).

2. Einem Fristerstreckungsgesuch zur Leistung eines Kostenvorschusses kann nicht entsprochen werden, wenn lediglich geltend gemacht wird, die Bank könne die Überweisung nicht rechtzeitig vornehmen (E. 1d).


Am 27. Juli 2001 stellte R ein Familiennachzugsgesuch für seine Ehefrau V aus Litauen. Das Gesuch wurde, nachdem festgestellt worden war, dass V der Prostitution nachgeht, vom Ausländeramt abgelehnt. Auf Rekurs hin bestätigte das DJS diese Ablehnung. V liess mit Eingabe vom 8. Oktober 2003 beim Verwaltungsgericht Beschwerde erheben. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2003 wurde dem Rechtsvertreter von V eine Frist zur Bezahlung des Kostenvorschusses von Fr. 500.– angesetzt, dies unter gleichzeitiger Androhung der Rechtsfolgen von § 79 Abs. 2 VRG, wonach bei Nichtleistung des Kostenvorschusses innert Frist auf die Beschwerde nicht eingetreten werde.
Am 27. Oktober 2003 erreichte das Verwaltungsgericht ein Schreiben des Rechtsvertreters vom 24. Oktober 2003, 17.56 Uhr, in welchem er um Fristerstreckung zur Leistung des Kostenvorschusses bis Montag, 3. November2003 bat. Als Begründung wurde angeführt, die Bank könne die Überweisung nicht fristgerecht ausführen. Hierauf wies der Präsident des Verwaltungsgerichts den Rechtsvertreter von V mit Schreiben vom 29. Oktober 2003 darauf hin, ein Fristerstreckungsgesuch sei vor Ablauf der Frist einzureichen, und zwar so, dass die Behörde vor Ablauf der Frist darüber entscheiden könne. Zudem müsse eine konkrete Begründung geliefert werden. Am 3. November 2003 teilte der Vertreter von V mit, er gehe davon aus, dass mit der Einreichung des Fristerstreckungsgesuchs vom 24. Oktober 2003 die gesetzlichen Vorschriften vollumfänglich eingehalten worden seien. Gemäss § 24 Abs. 3 VRG müsse zur Wahrung einer Frist die betreffende Handlung vor Ablauf der Frist vorgenommen werden, zumal ein Rechtsuchender keinen Einfluss auf die Effizienz der Schweizerischen Post habe.

Aus den Erwägungen:

1. b) Laut § 79 Abs. 1 VRG kann die Behörde einen Kostenvorschuss verlangen. Wird der Vorschuss trotz Hinweis auf die Säumnisfolgen nicht geleistet, kann das Verfahren abgeschrieben werden oder die beantragte Amtshandlung unterbleiben, sofern nicht öffentliche Interessen entgegenstehen (§ 79 Abs. 2 VRG). Behördlich angesetzte Fristen können aus zureichenden Gründen erstreckt werden, wenn vor Ablauf der Frist darum nachgesucht wird. Im Säumnisfall treten die angedrohten Folgen ein (§ 25 Abs. 2 und 3 VRG).
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2003 wurde dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin eine 14-tägige Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses angesetzt. Am 24. Oktober 2003 (und damit am letzten Tag der Frist) gab der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin der Post ein Schreiben auf (Eingang am 27. Oktober 2003), mit welchem um eine Fristerstreckung zur Einbezahlung des Kostenvorschusses nachgesucht wurde. Als Grund wurde angegeben, die Bank könne die Überweisung nicht fristgerecht ausführen. Im Schreiben vom 3. November 2003 wird allerdings geltend gemacht, die Beschwerdeführerin habe die entsprechenden Konti verwechselt. Sie habe den Vorschuss auf das Konto des Anwaltes und nicht auf dasjenige der Finanzverwaltung getätigt.

c) Es stellt sich zunächst die Frage, ob das Fristerstreckungsgesuch überhaupt rechtzeitig gestellt wurde, nachdem es erst am letzten Tag der auslaufenden Frist der Post übergeben wurde und am 27. Oktober 2003 beim Gericht eingetroffen ist. Grundsätzlich ist dem Beschwerdeführer darin Recht zu geben, dass es für die Wahrung einer Frist genügen muss, wenn eine entsprechende Handlung am letzten Tag der Frist vorgenommen wird. Für eine andere Auslegung besteht keine genügende Rechtsgrundlage (vgl. hierzu RBOG 1994, Nr. 17). Damit ist ein vor Ablauf der Frist versandtes, jedoch nach diesem Zeitpunkt beim Gericht eingetroffenes – und damit während der laufenden Frist nicht mehr beurteilbares – Fristerstreckungsgesuch rechtzeitig gestellt. Anspruch auf Fristerstreckung besteht aber auch in einem solchen Fall nicht; der Richter entscheidet vielmehr nach pflichtgemässem Ermessen, ob zureichende Gründe für die Erstreckung vorliegen. Fristen können also ausgenutzt werden, doch trägt die Partei das Risiko, dass das Gericht der Fristerstreckung nicht stattgibt (vgl. zum Ganzen: Merz, Die Praxis zur Thurgauischen Zivilprozessordnung, Bern 2000, § 68, N. 4 und § 71, N. 4). Es besteht also kein Anspruch darauf, dass das Gericht, wenn es einem am letzten Tag der ablaufenden Frist eingereichten Erstreckungsgesuch nicht statt gibt, noch einmal eine Nachfrist ansetzt. Dementsprechend ist als Zwischenergebnis festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin das Gesuch um Fristerstreckung nicht verspätet eingereicht hat. Es stellt sich aber die Frage, ob zureichende Gründe geltend gemacht werden.

d) Eine Fristerstreckung kann gemäss § 25 Abs. 2 VRG nur aus zureichenden Gründen gewährt werden. Zureichende Gründe sind: Krankheit, Militärdienst, begründete Arbeitsüberlastung, Ferien bei einem Beteiligten etc. Auch die Notwendigkeit, weitere Beweismittel zu beschaffen, kann ein ausreichender Grund sein (Haubensak/Litschgi/Stähelin, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau, Frauenfeld 1984, § 25 N. 2). Im Fristerstreckungsgesuch vom 24. Oktober 2003 wurde ohne nähere Erläuterung geltend gemacht, die Bank könne die Überweisung nicht fristgerecht ausführen. Eine solche Begründung ist aber von vornherein untauglich, ein Fristerstreckungsgesuch zu begründen, da sich eine Partei die Handlungen ihrer Hilfspersonen, wozu auch Banken gehören, anrechnen lassen muss (TVR 2002, Nr. 9). Abgesehen davon hat sich diese Begründung im Nachhinein als unzutreffend herausgestellt. Die Beschwerdeführerin hat – wenn auch möglicherweise irrtümlich – das Geld auf das falsche Konto einbezahlt. Die Beschwerdeführerin ist aber durch einen Anwalt vertreten, weshalb das Verwechseln eines Einzahlungsscheins/-kontos nicht als zureichender Grund gewertet werden kann. Dies umso mehr, als die anwaltliche Sorgfalts- und Treuepflicht geboten hätte, dass der Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin, der den Irrtum offensichtlich noch innerhalb der Frist bemerkte, an ihrer Stelle den Kostenvorschuss rechtzeitig einbezahlt und ihn hinterher zurückgefordert hätte. Solches Vorgehen wäre ohne weiteres möglich gewesen. Somit ist festzuhalten, dass im Fristerstreckungsgesuch vom 24. Oktober 2004 unzureichende Gründe geltend gemacht werden. Es kann ihm daher nicht entsprochen werden.

Entscheid vom 3. Dezember 2003

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