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TVR 2004 Nr. 31

Gestaltungsplan als Voraussetzung der Baureife und Baubewilligung für Bauvorhaben mit erheblichen Auswirkungen


§§ 60 f aPBG


Ein Logistikzentrum mit ca. 500 PW/Tag und 144 LKW/Tag hat erhebliche Auswirkungen auf die Nutzungs- und Erschliessungsordnung, was einen Gestaltungsplan für eine Baubewilligung voraussetzt (E. 2c).


Die L AG plant in der Politischen Gemeinde B die Erstellung eines Logistikzentrums, umfassend eine grosse Umschlagshalle und ein Bürogebäude mit einem Investitionsvolumen von 20 – 25 Millionen Franken. Gegen das öffentlich aufgelegte Baugesuch gingen zahlreiche Einsprachen ein, über die das DBU in Anwendung von § 109 Abs. 1 PBG gleichzeitig mit dem Bauvorhaben entschied. Dieses bewilligte das Vorhaben mit zahlreichen Auflagen. Das mit Beschwerde angegangene Verwaltungsgericht heisst gut.

Aus den Erwägungen:

2. a) Gemäss Baueingabe ist eine Umschlagshalle mit 64 Rolltoren und ein Bürogebäude mit zirka 180 Büroarbeitsplätzen vorgesehen. Die Verkehrserschliessung für den durch das Vorhaben ausgelösten Verkehr (ca. 500 Fahrzeuge bis 3.5 t/Tag und ca. 144 LKW/Tag) erfolgt von der Ostseite über das in Aussicht genommene Erschliessungskonzept (so auch der Plan im Verkehrsbericht). Dieser Verkehrsbericht stellt einerseits die künftige Verkehrsbelastung aller Strassen im Gebiet dar, andererseits auch die Auswirkungen der Lärmentwicklung auf das bereits überbaute Gebiet unter Zugrundelegung der Erschliessung über das in Aussicht genommene Erschliessungskonzept. Der Bericht zeigt auf, dass der Immissionsgrenzwert bei Zugrundelegung der Werte der Empfindlichkeitsstufe IV (70 dB(A) am Tag und 60 dB(A) nachts) an keinem Ort überschritten werde. Beim Betriebslärm könne der Planungswert der Empfindlichkeitsstufe IV eingehalten werden. Diese Baueingabe mitsamt Verkehrsbericht hat so öffentlich aufgelegen und damit auch den Kreis der sich betroffen fühlenden Anwohner beschränkt.

b) Das RPG geht von folgenden Haupt-Etappen der Entscheidfolge aus: Richtplanung, Nutzungsplanung, Baubewilligung. Zur Nutzungsplanung kann auch eine Sondernutzungsplanung erforderlich sein. Geltend gemacht wird, zufolge der laufenden Zonenplanrevision der Gemeinde B könne das Baugesuch nicht bewilligt werden, weil es möglicherweise die künftige Planung präjudiziere. Gemäss bestehendem Zonenplan liegen die beiden Bauparzellen in der Industrie- und Gewerbezone. Gemäss dem von der Gemeindeversammlung beschlossenen neuen Zonenplan sollen diese der Industriezone zugewiesen werden, während die Beschwerdeführer die Ansicht vertreten, diese seien der Wohn- und Gewerbezone zuzuweisen. Nach Auskunft der Gemeinde ist der diesbezügliche Rekurs noch hängig. Die Planungszone gemäss Art. 27 RPG beziehungsweise § 27 PBG besteht deshalb noch. Ebenso Gegenstand der erwähnten Zonenplanrevision ist die Zuweisung diverser Parzellen zur WG 2/3 und zur Empfindlichkeitsstufe III.
Planungszonen haben die Wirkung, dass nichts unternommen werden darf, das die Nutzungsplanung erschweren könnte (Art. 27 Abs. 2 2. Satz RPG). Sie bezwecken somit nicht eine Vorwirkung des künftigen Rechts. Die Vorinstanz hat im vorliegenden Fall eine präjudizielle Wirkung des Bauvorhabens auf die künftige Planung verneint. Wie es sich damit verhält, kann angesichts des Verfahrensausgangs offen gelassen werden. Der – wie noch zu zeigen ist – fehlende Sondernutzungsplan hat allerdings zur Voraussetzung, dass der Nutzungsplan rechtskräftig ist.

c) Im Vordergrund stehen für den vorliegenden Fall die Bestimmungen der §§ 60 und 61 PBG.
§ 60 Ziff. 1 PBG ist eine Vorschrift zur Anwendung von Art. 22 Abs. 2 RPG. Dieser verlangt als (primäre) Voraussetzung einer (Bau)Bewilligung, dass das Land erschlossen ist. Art. 22 Abs. 3 RPG enthält aber den Hinweis, dass die übrigen Voraussetzungen des Bundesrechts und des kantonalen Rechts vorbehalten bleiben. Das kantonale Recht umschreibt die (Grund)Voraussetzung einer Überbauung beziehungsweise einer Baubewilligung mit Baureife. Insbesondere zur Erschliessung von Baugebieten ist in der Regel ein Gestaltungsplan erforderlich (§ 37 PBG). Der Gestaltungsplan als Sondernutzungsplan beziehungsweise als Erschliessungsplan muss nun aber vor dem Baubewilligungsverfahren durchgeführt werden, wobei ebenfalls eine umfassende Beurteilung der massgebenden raum und umweltrelevanten Gesichtspunkte vorzunehmen ist (Marti in Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Zürich 1999, Art. 25a, N. 44).
§ 61 PBG verlangt bei bestimmten Bauvorhaben jedoch zwingend einen Gestaltungsplan – nicht primär, aber auch wegen der Erschliessungsordnung. Der Gestaltungsplan kann – muss aber nicht – das Baubewilligungsverfahren weitgehend vorwegnehmen. So wie ihn § 61 PBG fordert, ist er Grundvoraussetzung für eine Baubewilligung.
Betrachtet man nun das umstrittene Bauvorhaben, wird sofort klar, dass es dafür gemäss § 61 PBG einen Gestaltungsplan, also einen Sondernutzungsplan braucht. Die Dimensionen beziehungsweise der durch dieses Bauvorhaben ausgelöste Verkehr haben einerseits Auswirkungen auf die Umwelt und andererseits auf die Nutzungs- und Erschliessungsordnung. Wie die Beschwerdeführer zu Recht erwähnen, ist nicht entscheidend, ob die Auswirkungen auf die Umwelt übermässig sind oder nicht. Entscheidend ist, ob sie erheblich sind. Die Frage, ob ca. 500 PW/Tag und 144 LKW/Tag eine erhebliche Auswirkung auf die Umwelt haben, ist ohne Wenn und Aber zu bejahen und die Auswirkungen des Vorhabens auf die Nutzungs- und Erschliessungsordnung sind offensichtlich erheblich (dazu E. 2d).

d) Das Vorhaben baut entgegen der Äusserungen der Bauherrin klarerweise nicht auf der bestehenden Erschliessung auf, sondern auf dem in Aussicht genommenen Erschliessungskonzept. Dieses Konzept war aber – wie die Beschwerdeführer mit Recht bemängeln – in keiner Weise gesichert (vgl. Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG) und ist nun zwischenzeitlich fallen gelassen worden. Mit einem Gestaltungsplan kann aber vor allem die Erschliessung festgelegt werden (§ 19 Abs. 1 Ziff. 1 PBG; vgl. auch § 37 PBG). Dass hierzu Bedarf bestand, zeigt sich allein schon bei der nördlichen Zufahrtsstrasse, ganz abgesehen von dem im Zentrum des Interesses stehenden in Aussicht genommenen Erschliessungskonzept. Die strassenmässige Erschliessung kann ja auch nicht (einfach so) Gegenstand eines Baugesuches sein (wie es vorliegend teilweise der Fall ist), weil deren Bauträger das Gemeinwesen ist (vgl. §§ 1, 3, 6, 16 und 19 StrWG), vorbehältlich eines Vorgehens nach Art. 19 Abs. 3 RPG, was aber hier nicht zur Diskussion steht. Der Gestaltungsplan ist ja das Mittel zur rechtlichen Festlegung der Erschliessungsanlagen (auch bezüglich der Finanzierung derselben, vgl. § 38 Abs. 1 PBG). Soweit allerdings Verkehrsmassnahmen zu treffen sind – zum Beispiel Einbahnregelung –, ist deren rechtsverbindliche Festlegung nach den Verfahren gemäss dem Strassenverkehrsgesetz erforderlich (vgl. § 33 Abs. 1 StrWG).

e) Mit einem Gestaltungsplan als Voraussetzung der Baureife wird auch dem Koordinationsgebot grundsätzlich Genüge getan (vgl. Art. 1 und 3 RPG; ebenso analog Art. 25a RPG). Dies gilt insbesondere in Bezug auf die für die entsprechende Nutzung hinreichende Zufahrt (vgl. Art. 19 Abs. 1 RPG).

f) und g) (...)

Entscheid vom 24. März 2004

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