TVR 2005 Nr. 13
Verweigerung zur Vornahme der Trauung wegen völlig unklarer Identität eines Ausländers
Art. 99 ZGB, Art. 67 Abs. 3 ZStV
1. Bei völlig unklarer Identität einer trauwilligen ausländischen Person verweigert das Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen zu Recht die Bewilligung zur Vornahme der Trauung.
2. Im amtlichen Verfahren kann nicht über streitige Angaben über den Personenstand befunden werden, da dies nach Art. 42 ZGB in die Zuständigkeit des Zivilrichters fällt.
D F reiste am 9. November 2000 in die Schweiz ein und stellte unter dem Namen A C, geboren 17. April 1981, Kurde aus Syrien, ein Asylgesuch. Seine Identität belegte er durch je eine Bestätigung des Dorfvorstehers und der von ihm besuchten Primarschule. Mit Verfügung vom 16. April 2003 wurde sein Asylgesuch abgewiesen. Die von ihm dagegen erhobene Beschwerde vom 20. Mai 2003 ist offenbar immer noch hängig. Am 8. Juni 2004 haben die italienische Staatsangehörige R und D F ihr Eheversprechen auf dem Zivilstandsamt Arbon abgegeben. Am 18. Juni 2004 stellte das Zivilstandsamt Arbon alle entsprechenden Unterlagen dem Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen zur Prüfung zu, ob die Ehefähigkeit ausgewiesen sei. Mit Entscheid vom 15. September 2004 verweigerte das Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen die Bewilligung zur Vornahme der Trauung mit der Begründung, dass die Identität von D F (geboren 5. Mai 1981) nicht genügend geklärt sei. Den gegen diesen Entscheid erhobenen Rekurs wies das DJS ab. Dagegen legte D F Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein. Dieses weist ab.
Aus den Erwägungen:
2. a) Nach Art. 97 Abs. 1 ZGB wird die Ehe nach dem Vorbereitungsverfahren vor dem Zivilstandsamt geschlossen. Das Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens muss beim Zivilstandsamt des Wohnortes eines der Brautleute gestellt werden (Art. 98 Abs. 1 ZGB). Nach Art. 98 Abs. 3 ZGB haben sie ihre Personalien mittels Dokumenten zu belegen und beim Zivilstandsamt persönlich zu erklären, dass sie die Ehevoraussetzungen erfüllen. Das Zivilstandsamt hat gemäss Art. 99 Abs. 1 ZGB zu prüfen, ob das Gesuch ordnungsgemäss eingereicht worden ist, die Identität der Verlobten feststeht und die Ehevoraussetzungen erfüllt sind. Die ZStV schreibt in Art. 66 beziehungsweise Art. 16 vor, was alles zu prüfen ist, insbesondere jedoch die Identität. Die Trauung kann so lange verweigert werden, bis alle Anforderungen erfüllt sind (Art. 99 Abs. 2 ZGB).
b) Im vorliegenden Fall ist offensichtlich, dass der Beschwerdeführer sich verschiedener Identitäten bedient. Das offenbart schon der Schriftenverkehr mit ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens. Im Rahmen des Asylverfahrens nannte sich der Beschwerdeführer A C. Auch aus dem Gesuch um Verlängerung der bestehenden Ausländerbewilligung geht klar hervor, dass noch immer nicht der «wahre» Name verwendet wird. Dabei ist die Unterschrift des Gesuchstellers so gestaltet, dass daraus nicht abgeleitet werden kann, um welchen Namen es sich handelt. (...)
Nun, da es um die Trauung geht, legt der Beschwerdeführer Dokumente für D F, syrischer Staatsangehöriger, vor (wobei er in der Beschwerdeeingabe seinen Namen selbst falsch schreibt). Zudem fällt auf, dass im Geburtsschein der Name anders geschrieben wird, als in der Übersetzung.
c) Die Art. 62 ff. ZStV regeln das Vorbereitungsverfahren für die Eheschliessung. Nach Art. 64 Abs. 1 ZStV haben die Verlobten dem Gesuch um Durchführung des Vorbereitungsverfahrens in jedem Fall folgende Dokumente beizulegen: Ausweise über den aktuellen Wohnsitz, Dokumente über Geburt, Geschlecht, Namen, Abstammung, Zivilstand sowie Heimatorte und Staatsangehörigkeit sowie Dokumente über Geburt, Geschlecht, Namen und Abstammung gemeinsamer Kinder.
Nach Art. 66 ZStV hat das Zivilstandsamt insbesondere die nötigen Dokumente und Erklärungen zu prüfen. Nach Art. 67 Abs. 3 ZStV kann die Trauung verweigert werden, wenn erhebliche Zweifel bestehen, dass die Ehevoraussetzungen erfüllt sind. Sind Angaben über den Personenstand streitig, sind nach Art. 17 Abs. 3 ZStV die Gerichte zuständig, was sich bereits aus Art. 42 Abs. 1 ZGB ergibt. Während Art. 41 ZGB die nicht streitigen Angaben erfasst, geht es bei Art. 42 ZGB um Eintragungen von streitigen Angaben über den Personenstand. Bei der Klage nach Art. 42 ZGB handelt es sich entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers um eine umfassende Gestaltungsklage (vgl. Basler Kommentar, Zivilgesetzbuch I, 2. Aufl., Basel 2002, Art. 42, N. 5) und nicht um eine Feststellungsklage. Eine allgemeine Feststellungsklage wäre dann gegeben, wenn keine Angaben über den Personenstand in ein Zivilstandsregister einzutragen wären und keine Eintragung in einem Zivilstandsregister vorläge, die zu berichtigen oder zu löschen wäre (vgl. BGE 114 II 255, E. 2a). Im vorliegenden Fall geht es nun aber eben um eine Eintragung in das Zivilstandsregister, wollen die Brautleute doch heiraten und ihre Trauung entsprechend eintragen lassen. Bei der Gestaltungsklage nach Art. 42 ZGB handelt es sich jedoch um eine zivilrechtliche Klage, so dass die Zivilgerichte am Ort des Registers zuständig sind. Dabei ist der Gerichtsstand zwingend (Art. 2 Abs. 2 des Bundesgesetzes über den Gerichtsstand in Zivilsachen vom 24. März 2000). Nach § 172 Ziff. 1 b ZPO ist der Bezirksgerichtspräsident zuständig für ein Begehren um Bereinigung des Zivilstandsregisters. Zwar geht es im vorliegenden Fall nicht um eine eigentliche Bereinigung des Zivilstandsregisters, doch handelt es sich bei dieser Zuständigkeitsnorm um eine umfassende Klagezuständigkeit bei streitigen Angaben (vgl. Basler Kommentar, a.a.O., Art. 41, N. 3).
Die Beurteilung der vorliegenden Beschwerde durch das Verwaltungsgericht kann somit diese zivilgerichtliche Gestaltungsklage nicht ersetzen. Das Verwaltungsgericht hat lediglich zu beurteilen, ob die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen sind, dass es sich um streitige Angaben in Bezug auf den Personenstand des Beschwerdeführers handelt. Die Vorbringen des Beschwerdeführers, dass nun die richtigen Dokumente mit Foto und Fingerabdruck versehen eingereicht worden seien und diese den Personenstand des Beschwerdeführers belegen würden, dürfen klarerweise nicht im vorliegenden Verfahren geprüft werden. Lediglich dann, wenn es völlig offensichtlich wäre, dass das Amt und die Vorinstanz zu Unrecht davon ausgegangen wären, es könnten Zweifel am Personenstand bestehen, hätte das Verwaltungsgericht die ergangenen Entscheide zu korrigieren.
Es steht aber unzweifelhaft fest, dass der Beschwerdeführer als A C, geboren 17. April 1981, in die Schweiz einreiste und diese Angabe auch mit Bestätigungen des Dorfvorstehers und der Schule belegte. Unter diesem Namen hat er ein vorläufiges Aufenthaltsrecht erhalten. Für die anbegehrte Trauung bringt er nun andere Dokumente mit einem anderen Namen und einem anderen Geburtsdatum bei. Diesen Tatbestand bestreitet er nicht grundsätzlich. Dass diese neuen Dokumente durch die Schweizer Vertretung in Damaskus beglaubigt worden sind, beruht wohl darauf, dass diese Vertretung von der Verwendung einer anderen Identität gar keine Kenntnisse hatte. Mehr als seltsam ist nun aber, dass der Beschwerdeführer im Rahmen des ausländerrechtlichen Verfahrens noch immer unter dem «alten», nach seinen Angaben falschen Namen, auftritt. Spätestens jetzt hätte er seine «wahre» Identität bekannt geben müssen. Aufgrund dieses Verwirrspiels sind die Vorinstanzen zu Recht davon ausgegangen, dass die «wahre» Identität des Beschwerdeführers noch nicht geklärt ist. Der Beschwerdeführer hat im Rahmen einer gerichtlichen Gestaltungsklage abklären zu lassen, unter welchem Namen er getraut werden könnte. Das ist kein Leerlauf, sondern vielmehr nötig, da sich der Beschwerdeführer bis auf den heutigen Tag verschiedener Identitäten bedient. Dass er sich im Asylverfahren einer anderen Identität bediente, weil er zu wenig Vertrauen in das Schweizerische Asylrecht gehabt habe und sich jetzt beklagt, dass man seine «wahre Identität» nicht anerkenne, offenbart jedoch seine Auffassung vom Rechtsstaat mit aller Deutlichkeit.
Aufgrund der gesamten Umstände ist das Amt für Zivilstandswesen zu Recht davon ausgegangen, dass die Identität des Gesuchstellers nicht eindeutig geklärt werden konnte.
Entscheid vom 18. Mai 2005