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TVR 2013 Nr. 42

Ersatzbeschaffung für selbstgenutztes Wohneigentum, Haltedauer vor VeräusserungArt. 12 Abs. 3 lit. e StHG, § 129 Abs. 1 Ziff. 9 StG


§ 129 Abs. 1 Ziff. 9 StG, Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG


Ein Steueraufschub beim Verkauf einer dauernd und ausschliesslich selbst genutzten Wohnliegenschaft wird nach der thurgauischen Steuerpraxis in der Regel dann gewährt, wenn die Liegenschaft vor dem Verkauf während mindestens drei Jahren selbst genutzt wurde und die anderen Voraussetzungen von § 129 Abs. 1 Ziff. 9 StG erfüllt sind. Eine Ausnahme von der dreijährigen Sperrfrist ist dann zulässig, wenn ein Verkauf nicht aus spekulativen Gründen vorgenommen wurde, so etwa wenn ein Wohnortswechsel und damit der Verkauf des Grundstücks aus beruflichen Gründen erfolgte und zudem von einer Wohnsitznahme der Eigentümer in der neuen Liegenschaft auszugehen ist.


Das Ehepaar X kaufte am 28. November 2012 in A (Basel-Landschaft) das Grundstück S zu je hälftigem Miteigentum zum Preis von Fr. 3‘150‘000.-- als Ersatz für ihr bisheriges Grundstück H im Kanton Thurgau, welches sie am 14. Juni 2011 zum Preis von Fr. 1‘050‘000.-- verkauft hatten. Das Grundstück H hatte der Ehemann zuvor am 26. Mai 2010 erworben. Die definitive Veranlagung der Grundstückgewinnsteuer für das Grundstück H im Betrag von Fr. 73‘400.-- erwuchs unangefochten in Rechtskraft. Mit Schreiben vom 10. Dezember 2012 stellten die Eheleute X den Revisionsantrag, die verfügte Grundstückgewinnsteuer vom 6. Juli 2011 sei aufzuschieben und der geleistete Betrag von Fr. 73‘400.-- zurückzuerstatten. Sie begründeten diesen Antrag mit dem Erwerb ihrer Liegenschaft am 28. November 2012 in A. Das Revisionsgesuch wie auch die dagegen erhobene Einsprache wurden abgewiesen. Die Steuerrekurskommission heisst den gegen den Einspracheentscheid erhobenen Rekurs gut.

Aus den Erwägungen:

5.
5.1 Zu einem Aufschub der Grundstückgewinnsteuer führt nach § 129 Abs.1 Ziff. 9 StG die Veräusserung einer dauernd und ausschliesslich selbstgenutzten Wohnliegenschaft, soweit der Erlös innert angemessener Frist vor und nach der Veräusserung zum Erwerb oder zum Bau einer gleichgenutzten Ersatzliegenschaft in der Schweiz verwendet wird (in diesem Sinne auch Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG). (…)

5.2 (…) Die Vorinstanz stützte sich in ihrem Entscheid auf die Steuerpraxis (StP) 129 Nr. 1 ab, wonach eine dauernde und ausschliessliche Selbstnutzung bedeute, dass das veräusserte Objekt durch die Steuerpflichtigen zu Wohnzwecken an ihrem Wohnsitz selbst genutzt werde. Das Kriterium der Dauerhaftigkeit sei in der Regel dann erfüllt, wenn eine Person vor der Veräusserung die Liegenschaft während mindestens drei Jahren ununterbrochen selbst genutzt habe (StP 129 Nr. 1 Ziff. 2). (…)

5.3 Der Begriff „dauernd“ selbstbewohnt wird weder im StG noch im StHG näher definiert. Die Kantone haben somit einen Ermessensspielraum, den sie ausfüllen können. Auch wenn “dauernd“ nicht ununterbrochen (während der ganzen Besitzdauer) bedeutet, sondern sogar längere Unterbrüche möglich sind, muss die Selbstnutzung eine gewisse Intensität aufweisen. Dies heisst, dass die steuerpflichtige Person im veräusserten Objekt ihren (zivil- bzw.) steuerrechtlichen Wohnsitz gehabt haben muss. Dieser muss sich grundsätzlich am Schluss der Besitzdauer im veräusserten Grundstück befunden haben, ausser in Fällen der Vorausbeschaffung. (…)

5.4 (…) Aus dem Wortlaut von § 129 Abs. 1 Ziff. 9 StG und Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG kann keine direkte Antwort entnommen werden, ob der Begriff „dauernd“ eine Minimalfrist umfasst. Aus der Entstehungsgeschichte zu Art. 12 Abs. 3 lit. e StHG geht jedoch hervor, dass es primärer Wille des Gesetzgebers war, das Wohneigentum und die Mobilität zu fördern, aber auch die Spekulationen durch mehrere Verkäufe zu verhindern. Vom Parlament wurden keine speziellen „zwingenden Gründe“ für eine Veräusserung verlangt, da mit dem Erfordernis der dauernden Selbstnutzung die Gefahr der Spekulation ausgeschaltet werden kann (vgl. dazu Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich vom 14. März 2012, SB.2011.154, E. 2.3.1 f.).

5.5 (…) In der Praxisanweisung spricht die Kantonale Steuerverwaltung von einer „in der Regel“ geltenden Minimalfrist von drei Jahren. Daraus folgt, dass diese auch Ausnahmen zulässt. Zweck der Rechtswohltat – der Steueraufschub der Grundstückgewinnsteuer – ist die Förderung des Wohneigentums und der privaten und beruflichen Mobilität. Zugleich soll diese Steuernorm nicht der Spekulation dienen. Mit der generellen Minimalfrist von drei Jahren verhindert die Praxis der Kantonalen Steuerverwaltung jedoch die Erfüllung des zentralen Gesetzeszwecks, nämlich die Förderung der Mobilität.
Es ist nach der allgemeinen Lebenserfahrung nicht ungewöhnlich, dass ein Besitzer von Wohneigentum in kürzerer Frist gezwungen wird, aus beruflichen oder privaten Gründen seinen Wohnsitz zu wechseln und deshalb sein Wohneigentum zu verkaufen. Aus diesem Grund ist es sachgerecht, für alle Fälle innerhalb der dreijährigen Sperrfrist zu prüfen, ob der Verkauf resp. der Neukauf lediglich der Spekulation dient. Falls dies nicht der Fall ist, ist die Tatbestandsvoraussetzung der Dauerhaftigkeit erfüllt, sofern das Wohneigentum dauernd selbstgenutzt wurde. Diese Sachverhalte sind alsdann die Ausnahmen von der Regel von StP 129 Nr. 1.
Im vorliegenden Fall waren die Rekurrenten in H während der Zeit vom 24. Mai 2010 (Kauf) bis zum 14. Juni 2011 (Verkauf) dauernd in der Liegenschaft wohnhaft und hatten an diesem Ort auch ihren steuerrechtlichen Wohnsitz. Die Wohnsitznahme wie auch der Verkauf erfolgten aufgrund beruflicher Gründe. (…) Zudem ist die Wohnsitznahme der Rekurrenten in der neuen Liegenschaft in A unbestritten. Nicht bestritten werden auch die übrigen Voraussetzungen von § 129 Abs. 1 Ziff. 9 StG resp. Art. 12 Abs. 2 lit. e StHG. Die Rekurrenten erfüllen damit den Ausnahmetatbestand von StP 129 Nr. 1. Somit ist das Revisionsbegehren gutzuheissen, (…).

Entscheid der Steuerrekurskommission vom 7. November 2013

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