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TVR 2014 Nr. 15

Bewilligung für regelmässige Freinacht; keine Koordinationspflicht mit dem Baubewilligungsverfahren


§ 32 Abs. 1 GastG


1. Das Baubewilligungsverfahren ist lediglich mit dem Verfahren zur Patenterteilung für Gastbetriebe zu koordinieren, nicht aber mit der Bewilligung für regelmässige Freinächte und Verlängerungen (E. 2).

2. Die Kernzone, die von zahlreichen Ladengeschäften, Dienstleistungsbetrieben und anderen Restaurants sowie vor allem dem städtischen Bahnhof geprägt ist, ist keine Wohnzone oder ein überwiegend dem Wohnen dienendes Gebiet (E. 3).


Der Stadtrat von M erteilte S ein Patent zur Führung der Musikbar R an der B-strasse in M. Zudem wurde S die Bewilligung für regelmässige Verlängerungen und regelmässige Freinächte (inklusive Tanz- und Schaubewilligung) mit folgenden Öffnungszeiten bewilligt: Von Donnerstag bis Freitag bis 01.00 Uhr; von Freitag bis Samstag und von Samstag bis Sonntag bis 04.00 Uhr; an den übrigen Tagen gemäss gesetzlichen Öffnungszeiten. Gleichzeitig wies der Stadtrat M die dagegen von der C AG erhobene Einsprache ab. Dagegen liess die C AG beim DJS Rekurs erheben, der jedoch abgewiesen wurde. Eine hiergegen erhobene Beschwerde weist das Verwaltungsgericht ab.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Laut § 28 Abs. 1 GastG gilt für Gastgewerbebetriebe grundsätzlich, dass diese um 24.00 Uhr, von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag um 01.00 Uhr zu schliessen sind. Bei Verlängerungen darf der Betrieb bis 02.00 Uhr geöffnet bleiben. Regelmässige Verlängerungen bedürfen einer Bewilligung der Gemeinde (§ 31 GastG). Bei Freinächten darf der Betrieb bis 04.00 Uhr geöffnet bleiben. Von Freitag auf Samstag und von Samstag auf Sonntag kann die Gemeinde für patentpflichtige Betriebe mit einem besonderen Unterhaltungsangebot regelmässig Freinächte bewilligen, wobei §§ 32 und 33 GastG sinngemäss gelten (§ 34a GastG).

2.2 Das Verwaltungsgericht hat in TVR 1994 Nr. 18 entschieden, dass grundsätzlich eine Pflicht zur Koordination der Verfahren bezüglich Gastgewerbepatent und Baubewilligung bestehe, da sich das eine vom anderen schon aufgrund des Gastgewerbegesetzes nicht trennen lasse, bzw. das eine dem anderen nicht vorgehe (TVR 1994 Nr. 18, E. 3a).
Vorliegend ist die Patenterteilung für die Musikbar R nicht Gegenstand des Verfahrens. Dieses Patent wurde bereits rechtskräftig erteilt. Es kann daher nicht geprüft werden, ob die Voraussetzungen für die Patenterteilung gegeben waren und das Patent zu Recht erteilt wurde. Ebenso wenig kann geprüft werden, ob wegen einer allenfalls gegebenen Nutzungs-/Zweckänderung vom bisherigen Betrieb des Hotel-Gebäudes als Speiselokal in eine Musikbar ein Baubewilligungsverfahren hätte durchgeführt werden müssen. Dass durch die Umwandlung der Betriebsart nicht nur eine andere Qualität von Emissionen, sondern diese auch während eines verlängerten Zeitraums entstehen, liegt in der Natur der Sache. Ob für die vom Verfahrensbeteiligten betriebene Bar in qualitativer und quantitativer Hinsicht genügende sanitäre Anlagen errichtet wurden oder die übrige bauliche Infrastruktur dem vom Gesetz Vorgeschriebenen für den Betrieb einer Musikbar entspricht, ist ebenso im Baubewilligungsverfahren zu prüfen, nicht im Verfahren betreffend Verlängerungs- oder Freinachterteilung. Dies gilt umso mehr, als baubewilligungspflichtige Massnahmen, die direkt mit den beantragten Verlängerungen und Freinächten im Zusammenhang stehen, nicht ersichtlich sind. Die vorhandenen doppelt verglasten Fenster, die Eingangsschleuse sowie die vorbestehende Be- und Entlüftung sind nicht baubewilligungspflichtig.

2.3 Die neuen Belüftungsgehäuse an der Aussenfassade gehören ins Baubewilligungsverfahren. Die Beschwerdeführerin hat denn auch beim DBU ein Aufsichtsbeschwerdeverfahren eingeleitet und verlangt, dass nachträglich ein Baubewilligungsverfahren durchgeführt wird. Dies hat aber mit dem Verfahren betreffend Erteilung von Freinächten und Verlängerungen nichts zu tun. Sämtliche diesbezüglichen Einwände sind in jenem Verfahren zu prüfen. Dasselbe gilt mit Bezug auf allfällige Auflagen für Sicherheitsvorkehrungen. Eine Koordinationspflicht des Verfahrens betreffend Bewilligung für Freinächte und Verlängerungen mit dem Baubewilligungsverfahren ist hier jedenfalls nicht ersichtlich. Nicht ersichtlich ist auch, inwiefern die Akten über den „L Club“ in St. Gallen, der ebenfalls vom Verfahrensbeteiligten betrieben wird, in diesem Verfahren relevant sein könnten.

3.
3.1 Die Bewilligung für regelmässige Verlängerungen bzw. Freinächte wird erteilt, wenn die Art des Betriebes es rechtfertigt und die örtlichen Verhältnisse es zulassen. Dies ist insbesondere gegeben, wenn der späteren Schliesszeit keine berechtigten Interessen der Nachbarschaft entgegenstehen, wobei sich das Mass der zulässigen Emissionen nach den Zonenvorschriften und den tatsächlichen Verhältnissen zu richten hat, ausreichend öffentliche oder private Abstellplätze für Fahrzeuge in der Nähe des Betriebs vorhanden sind und die öffentliche Ordnung nicht beeinträchtigt wird (§ 32 Abs. 1 GastG). Die Bewilligung wird in der Regel vorerst befristet auf ein Jahr erteilt. Nach Ablauf dieser Frist entscheidet die Gemeinde ohne nochmaliges Auflage- und Einspracheverfahren über eine definitive Bewilligung (§ 32 Abs. 2 GastG). Das Gesuch um Erteilung von regelmässigen Verlängerungen bzw. Freinächten hat die vorgesehenen Öffnungszeiten, das Platzangebot für die Gäste, die dem Betrieb zur Verfügung stehenden Abstellplätze für Fahrzeuge und das Betriebskonzept zu enthalten. Es ist während 20 Tagen öffentlich aufzulegen, in ortsüblicher Weise anzuzeigen und den Anstössern schriftlich mitzuteilen (§ 33 Abs. 1 GastG). Während der Auflage kann jede Person, die ein schutzwürdiges Interesse nachweist, bei der Gemeinde Einsprache erheben (§ 33 Abs. 1 und 2 GastG). Als Gastgewerbebetrieb mit einem besonderen Unterhaltungsangebot im Sinne von § 34a GastG gelten insbesondere Dancing- und Diskothekbetriebe (§ 18a GastV). §§ 21 und 22 GastV sehen zudem vor, dass sich ein solcher Betrieb nicht in der Wohnzone oder in einem überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiet befinden darf und dass er geeignete Lärmschutzvorrichtungen, insbesondere Doppelverglasung der Fenster, Schleusenvorrichtungen bei den Eingängen und ausreichende Be- und Entlüftungsanlagen aufweisen muss.

3.2
3.2.1 Die Musikbar R befindet sich gemäss dem gültigen Zonenplan der Stadt M in der Kernzone K mit der Empfindlichkeitsstufe ES III. In dieser Mischzone befinden sich gemäss den Bestimmungen der PG M mässig störende Gewerbe- und Dienstleistungsbetriebe. Den Mitgliedern des Verwaltungsgerichts ist aus eigener Anschauung bekannt, dass in jenem Teil der Stadt M nicht von einer überwiegenden Wohnnutzung bzw. einem reinen Wohnquartier auszugehen ist. Die Umgebung wird von zahlreichen Ladengeschäften, Dienstleistungsbetrieben und anderen Restaurants sowie vor allem dem städtischen Bahnhof geprägt.

3.2.2 Die sich im Zentrum von M befindende Musikbar liegt an der tagsüber vielbefahrenen P-strasse bzw. der B-strasse. Der Verfahrensbeteiligte bzw. die von ihm betriebene Musikbar erhält bereits jetzt die möglichen drei Verlängerungen pro Monat. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass gegenüber dem jetzigen, bewilligten Betrieb durch zusätzliche Verlängerungen und Freinächte die Belastungsgrenzwerte überschritten würden und dadurch eine vorweggenommene Würdigung der Lärmsituation, wie dies im Baubewilligungsverfahren durchaus verlangt werden kann, notwendig wäre. Gerade der einjährige Versuchsbetrieb dient zur Überprüfung, ob solche übermässigen Lärmemissionen durch den Verlängerungsbetrieb auftreten.

3.2.3 Immerhin hat der Stadtrat M bei seinem Augenschein am 3. April 2012 festgestellt, dass bei der geplanten Betriebslautstärke der Musik ausserhalb des Gebäudes davon nichts zu hören ist. Dabei ist zu bemerken, dass es sich bei diesem Augenschein nicht um einen formellen Augenschein im rechtlichen Sinne handelte, sondern um die von Gesetzes wegen verlangte Sachverhaltsfeststellung zur Prüfung des Bewilligungsgesuchs für die Verlängerung. Zu Recht verweist die Gemeinde darauf, dass am 3. April 2012 allfällige Einsprecher noch gar nicht feststanden. Gemäss den Ausführungen der Gemeinde M sind seit Inbetriebnahme der Musikbar R - mit immerhin drei Verlängerungen pro Monat - bei der Stadtkanzlei denn auch erst zwei Beschwerden von Anwohnern eingegangen, wovon eine von der Beschwerdeführerin selbst stammte. Die verfahrensbeteiligte Gemeinde wird regelmässig die Lärmemissionen zu überwachen und gegebenenfalls einzuschreiten haben. Bei untragbaren Verhältnissen kann das Patent bzw. die Bewilligung entzogen werden (§ 20 und 23 GastG).

3.2.4 Das DJS hat an seinem Augenschein festgestellt, dass eine Isolation sowie ein Schleuseneffekt vorhanden sind. Grund für die wenigen Beschwerden der Nachbarn dürfte unter anderem auch der Umstand sein, dass die bestehenden Fenster durch Doppelglasfenster ersetzt wurden, welche von den Gästen von innen nicht geöffnet werden können. Dies wird von der Beschwerdeführerin auch nicht bestritten. Mit erheblichen (zusätzlichen) Immissionen ist daher durch die Bewilligung von Verlängerungen und Freinächten im jetzigen Zeitpunkt nicht zu rechnen.

3.3 In der nächsten Umgebung der Musikbar sind ausreichend öffentliche oder private Abstellplätze für Fahrzeuge vorhanden, wie das Gericht aus eigener Anschauung weiss und worauf die Vorinstanz und die verfahrensbeteiligte Gemeinde zu Recht hinweisen. Es wird auch nicht nachgewiesen, inwiefern durch die bewilligten Verlängerungen und Freinächte die öffentliche Ordnung gefährdet oder zusätzlich gefährdet werden könnte. Aus den Unterlagen für die Patenterteilung sind die beabsichtigten Sitz- und Stehplätze ersichtlich. Angesichts des Musikbetriebs sowie der Tanzfläche im ersten Stock kann von einem besonderen Unterhaltungsangebot im Sinne von § 18 GastV gesprochen werden. Anlässlich des Augenscheins, der durch das DJS am 20. März 2013 durchgeführt wurde, wurde die Zahl auf insgesamt ca. 200 Sitz- und Stehplätze erhöht. Zuzugeben ist, dass das Protokoll dieses Augenscheins nur sehr rudimentär abgefasst ist. Allerdings wurden die für einen Augenschein wesentlichen Punkte zur Sachverhaltsabklärung im Protokoll festgehalten. Den Parteien wurde das Protokoll am 16. April 2013 auch noch zugestellt und diese hätten dazu auch Stellung nehmen können. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht ersichtlich.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2013.97/E vom 19. März 2014

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