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TVR 2016 Nr. 12

Handänderungssteuer, Paketzuschlag


§ 137 StG, § 139 StG, § 27 StV


Erlangt der Käufer einer Minderheitsbeteiligung an einer Liegenschaftengesellschaft nur durch die Bezahlung eines Paketzuschlags die Mehrheit der Stimmrechte, so ist dieser Zuschlag bei der Berechnung des Verkaufserlöses zur Ermittlung der Handänderungssteuer anzurechnen.


Die A AG als Käuferin und die B AG als Verkäuferin schlossen einen Aktienkaufvertrag betreffend 3‘000‘000 Stimmrechtsaktien der X AG. Bezüglich des Kaufpreises enthielt der Vertrag in Ziff. 3.1 folgende Bestimmung:
„Der Kaufpreis für die Kauf-Stimmrechtsaktien beträgt CHF 6‘150‘000.-- und basiert auf dem Nettoinventarwert pro Kauf-Stimmrechtsaktie von CHF 2.05 zuzüglich CHF 1‘450‘000.-- als Paketzuschlag, gesamthaft somit ein Kaufpreis von CHF 7‘600‘000.-- [Kaufpreis].“
Das verkaufte Aktienpaket der X AG entsprach 19,95% des Aktienkapitals und 70,89% der Aktienstimmen. Das Grundbuchamt R verfügte daraufhin für die Liegenschaft der X AG eine Handänderungssteuer aus wirtschaftlicher Handänderung von 1% auf Fr. 2‘810‘710.40, entsprechend einem Steuerbetrag von Fr. 28‘107.10. Gleichentags erliess das Grundbuchamt T eine Rechnung für die Handänderungssteuer infolge wirtschaftlicher Handänderung für eine namentlich nicht bezeichnete Liegenschaft von 1% auf Fr. 880‘465.20, entsprechend einem Steuerbetrag von Fr. 8‘804.65. Gegen diese beiden Rechnungen/Verfügungen erhob die A AG Einsprache Die Steuerverwaltung wies die Einsprachen ab, weshalb die A AG an die Steuerrekurskommission gelangte. Diese wiederum hiess den Rekurs gut und hob den angefochtenen Einspracheentscheid auf. Gegen diesen Entscheid erhob die Steuerverwaltung des Kantons Thurgau beim Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau Beschwerde, die gutgeheissen wird.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Vorab kann Folgendes festgehalten werden: Der Steuersatz beträgt gemäss § 140 StG 1%, wobei die Steuer vom Erwerber zu entrichten ist und der Veräusserer solidarisch haftet (§ 141 StG). Dies ist völlig unstrittig. Die Berechnung der Handänderungssteuer im Einspracheentscheid wird von der Verfahrensbeteiligten einzig bezüglich des Paketzuschlags im Umfang von Fr. 1‘450‘000.-- bestritten. Der Vergleich mit dem von der Verfahrensbeteiligten erstellten „Arbeitsblatt Ermittlung des Veräusserungserlöses für die Handänderungssteuer infolge wirtschaftlicher Handänderung“ ergibt denn auch als einzigen Unterschied diesen Abzug im Umfang des Paketzuschlags/der Kontrollprämie von Fr. 1‘450‘000.--. Die Aufteilung des gesamten Veräusserungserlöses auf die einzelnen Liegenschaften sowie die dabei verwendeten Buchwerte blieben zwischen den Beteiligten unbestritten. Strittig und zu prüfen ist daher einzig, ob zur Ermittlung der Handänderungssteuer bei der Berechnung des Veräusserungserlöses der beiden im Zuständigkeitsbereich der Grundbuchämter R und T liegenden Grundstücke zum Aktienkaufpreis von Fr. 6‘150‘000.-- auch der Paketzuschlag bzw. die Kontrollprämie von Fr. 1‘450‘000.-- hinzuzurechnen ist.

2.2 Laut § 137 StG unterliegen der Handänderungssteuer Eigentumsübertragungen von Grundstücken. Als Eigentumsübertragung gelten auch Rechtsgeschäfte, die hinsichtlich der Verfügungsgewalt über Grundstücke wirtschaftlich wie eine Veräusserung wirken. Hierzu ist auch die Veräusserung einer beherrschenden Beteiligung an einer Immobiliengesellschaft oder -genossenschaft zu zählen (§ 27 StV).

2.3 Bei der Handänderungssteuer handelt es sich um eine nicht harmonisierte und damit rein kantonalrechtliche Steuerart (Urteil des Bundesgerichts 2C_692/2014 vom 17. April 2015 E. 1.3). Nach der Steuerpraxis der Steuerverwaltung des Kantons Thurgau liegt eine wirtschaftliche Handänderung im Sinne von § 27 Abs. 1 Ziff. 1 StV bei Veräusserung von Mehrheitsbeteiligungen an einer Immobiliengesellschaft vor, wenn dadurch der Veräusserer dem Erwerber die Herrschaft über die Gesellschaft verschafft. Als Mehrheitsbeteiligung gilt eine Beteiligung von mehr als 50% (StP 127 Nr. 1, Ziff. 2.1.1). Im Thurgauer Steuerrecht ist daher nur der Übergang einer Anteilsmehrheit, nicht aber der Erwerb einer Minderheitsbeteiligung als steuerbarer Vorgang zu erfassen (Pfenninger-Bischofberger, Grundsteuerfolgen von Unternehmensumstrukturierungen, Zürich 1995, S. 90). Massgebend sind dabei die Stimmrechtsverhältnisse im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Handänderung. In wirtschaftlicher Hinsicht wirken sich also der Erwerb der beherrschenden Beteiligung respektive die Übertragung der Beherrschung an der Gesellschaft sowie die Übertragung der Gesellschaftsgrundstücke selbst aus. Daher erfüllt etwa nicht nur der Verkauf von Mehrheitsbeteiligungen, sondern auch die Veräusserung von mehreren Minderheitsbeteiligungen, die im Paket eine Mehrheitsbeteiligung bilden, den Tatbestand der wirtschaftlichen Handänderung, sofern die Veräusserer zusammenwirken (StP 127 Nr. 1, Ziff. 2.1.2). Im Hinblick auf eine Besteuerung sind somit sämtliche relevanten Umstände, die für das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts über eine wirtschaftliche Handänderung und für die Übertragung des Rechts massgeblich sind, gesamthaft zu betrachten. Da die Handänderungssteuer eine Rechtsverkehrssteuer ist (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum Zürcher Steuergesetz, 3. Aufl., Zürich 2013, Vorbemerkungen zu §§ 227 bis 233 N. 1), insbesondere eine Rechtsübertragungssteuer (Pfenninger-Bischofberger, a.a.O., S. 49), sind grundsätzlich sämtliche Leistungen, die zur Erlangung des Rechts erbracht werden, steuerbar. Das bringt auch § 139 StG zum Ausdruck, wonach die Handänderungssteuer von der Gesamtsumme der Leistungen erhoben wird, die dem Veräusserer zufliessen oder die der Erwerber zu dessen Gunsten gegenüber Dritten übernimmt.

2.4 Der Veräusserungserlös als Bemessungsgrundlage für die Handänderungssteuer bei einer wirtschaftlichen Handänderung ist nach Thurgauer Steuerpraxis wie folgt zu berechnen (StP 127 Nr. 1 Ziff. 3.3 in Verbindung mit Ziff. 4.1): Verkaufserlös Liegenschaft = Kaufpreisleistung (Aktienverkaufspreis + allfällige Schuldübernahme) + Fremdkapital - nichtliegenschaftliche Werte. Die Handänderungssteuer wird also nicht vom blossen Aktienverkaufspreis, sondern vom nach dieser Formel berechneten Veräusserungserlös der Liegenschaft berechnet. Diese Berechnungsformel nach StP 127 Nr. 1 wird denn auch von keiner Seite infrage gestellt. Sowohl die Vor­instanz als auch die Verfahrensbeteiligte stellen sich aber auf den Standpunkt, dass es sich beim Paketzuschlag bzw. der Kontrollprämie von Fr. 1‘450‘000.-- um einen nichtliegenschaftlichen Wert („Goodwill“) handelt, der für die Berechnung des für die Handänderungssteuer massgeblichen Veräusserungserlöses in Abzug zu bringen ist. Zu prüfen ist, wie es sich damit verhält. Da es sich dabei um eine steuermindernde Tatsache handelt, ist die Verfahrensbeteiligte hierfür beweispflichtig.

2.5
2.5.1 Vorliegend ist Gegenstand des Kaufvertrages vom 14. Mai 2015 (act. 1.3) die Übertragung der 3‘000‘000 Stimmrechtsaktien und als Gegenleistung die Bezahlung einer Geldsumme von insgesamt Fr. 7,6 Mio, formell aufgeteilt in den Kaufpreis für die Stimmrechtsaktien (Fr. 6‘150‘000.--) und den Paketzuschlag (Fr. 1‘450‘000.--).

2.5.2 Bei der übertragenen X AG handelt es sich praktisch um eine ausschliesslich aus Immobilien bestehende Gesellschaft. Während das Umlaufvermögen gemäss der Bilanz per 31. Dezember 2013 Fr. 2‘760‘566.-- beträgt, beträgt das Anlagevermögen Fr. 80‘207‘065.--. Die Renditeliegenschaften und das Land alleine besitzen laut dieser Bilanz einen Wert von über Fr. 77‘000‘000.--. Unter diesem Umständen ist nicht ohne weiteres ersichtlich, worin bei dieser praktisch reinen Immobiliengesellschaft ein nichtliegenschaftlicher Wert „Goodwill“, der gesondert von der übertragenen Liegenschaften handelbar wäre, bestehen könnte. Vielmehr wäre er von der Verfahrensbeteiligten nachzuweisen.

2.5.3 Die Vorinstanz führte hierzu in E. 5.6 ihres Entscheids aus, der „Goodwill“ respektive der Paketzuschlag werde als immaterielles Aktivum verstanden, welches das künftige Ertragspotential eines Unternehmens entscheidend mit beeinflusse und nicht zum Substanzwert gehöre. Dieses immaterielle Aktivum sei vorliegend die mit den Stimmrechtsaktien erworbene Stimmenmehrheit. Gerade aber der Erwerb der Stimmenmehrheit bringt die Verfahrensbeteiligte überhaupt erst in die beherrschende Stellung und nur der Erwerb einer solchen, beherrschenden Stellung ist im Kanton Thurgau überhaupt handänderungssteuerpflichtig. Deshalb sind sämtliche Leistungen, die für das Erlangen der beherrschenden Stellung zu erbringen sind, bei der Festlegung des Verkaufserlöses zu berücksichtigen. Es ist daher unerheblich, dass für die Ermittlung des Preises von Fr. 6‘150‘000.-- (Fr. 2.05 pro Aktie) für die Stimmrechtsaktien auf die nach Swiss GAAP FER ermittelten Werte der Grundstücke abgestellt wurde. Erst der (Paket-)Zuschlag verschafft dem Erwerber, insbesondere wenn der Anteil am Aktienkapital - wie vorliegend - bei weitem nicht mit dem Stimmrechtsanteil übereinstimmt, die Übernahme einer beherrschenden Stellung in der Immobiliengesellschaft. Die Verfahrensbeteiligte erhält nur durch die Bezahlung der gesamten Kaufsumme von insgesamt Fr. 7,6 Mio die beherrschende Stellung im Sinne von § 27 Abs. 1 StV als Stimm-Mehrheitsaktionärin der X AG und damit eine beherrschende Stellung. Daher ist der Paketzuschlag bzw. die Kontrollprämie von Fr. 1‘450‘000.-- zum Veräusserungserlös hinzuzuzählen. Vonseiten der Verfahrensbeteiligten werden keine anderen nichtliegenschaftlichen Werte geltend gemacht, die noch hätten in Abzug gebracht werden müssen. Solche sind auch nicht ersichtlich. Daher erweist sich der Einspracheentscheid, mit welchem die Handänderungssteuer für die im Kanton Thurgau liegenden Grundstücke der X AG auf gesamthaft Fr. 36‘912.-- festgelegt wurde, als korrekt.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2015.190/E vom 18. Mai 2016

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