TVR 2016 Nr. 2
Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA bei selbständiger Erwerbstätigkeit; Abgrenzung zur unselbständigen Erwerbstätigkeit
Art. 6 ff. Anhang I FZA, Art. 12 Anhang I FZA
1. Für die Beurteilung der Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft ist eine Gesamtbetrachtung nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmen. Der Einsitz in Verwaltungsräten und die Funktion als Geschäftsführer diverser Firmen ist im konkreten Fall als selbständige Erwerbstätigkeit des Gesuchstellers zu qualifizieren (E. 3).
2. Da mit den verschiedenen Firmen keine effektive wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt wird, muss als Voraussetzung für einen Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchsverbots die Erzielung eines existenzsichernden Einkommens gegeben sein. Dieser Nachweis wird im vorliegenden Fall nicht erbracht (E. 4).
A, deutscher Staatsangehöriger, reiste am 1. März 2000 in die Schweiz ein und erhielt am 30. März 2000 im Kanton Thurgau eine bis zum 28. Februar 2001 gültige Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Geschäftsführer der Firma „X GmbH" in Wil SG. Nach einem vorübergehenden Aufenthalt in Italien wurde ihm auf Gesuch hin erneut eine Aufenthaltsbewilligung EU/ EFTA zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit als Verwaltungsrat und Geschäftsführer mit der Gültigkeitsdauer bis zum 28. Februar 2009 erteilt. Im Jahr 2007 wurde A wegen mehrfacher Veruntreuung zu einer Geldstrafe von 150 Tagessätzen zu je Fr. 100.-- und einer Busse von Fr. 3‘000.-- verurteilt. Am 23. November 2007 wurde A wegen fehlendem Wohnsitz aus dem Register des Einwohneramtes K gestrichen und per 31. Dezember 2005 rückwirkend abgemeldet. Die Staatsanwaltschaft C, Deutschland, bestrafte A im Jahr 2010 wegen versuchter Erpressung mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je Euro 50.--.
B, ebenfalls deutsche Staatsangehörige, wurde durch das Migrationsamt SG eine bis 30. August 2005 gültige Aufenthaltsbewilligung zur Vorbereitung einer selbständigen Erwerbstätigkeit erteilt. Ein Gesuch um Verlängerung dieser Aufenthaltsbewilligung wurde in der Folge aber mangels Hauptwohnsitzes und Hauptgeschäftssitzes sowie mangels finanzieller Mittel abgelehnt. Am 16. Dezember 2005 heirateten A und B in Konstanz. B meldete sich am 24. Juli 2006 nach Campione/Italien ab.
Am 14. März 2013 ersuchten A und B erneut um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung bzw. um Familiennachzug für B. Mit Entscheid vom 18. Juni 2014 lehnte das Migrationsamt das Gesuch ab, da zweifelhaft sei, ob sich ihr Lebensmittelpunkt tatsächlich in der Schweiz befinde; zudem verfügten A und B nicht über genügend finanzielle Mittel, um den Lebensunterhalt in der Schweiz zu bestreiten. Einen dagegen erhobenen Rekurs wies das DJS mit Entscheid vom 4. November 2014 ab. Das Verwaltungsgericht weist eine Beschwerde von A und B - im Hauptpunkt - ebenfalls ab.
Aus den Erwägungen:
2.
2.1 Strittig ist, ob den Beschwerdeführern durch die Vorinstanzen zu Recht die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung verweigert wurde. (…) Für die Beschwerdeführer ist (…) primär zu prüfen, ob sich ein Aufenthaltsanspruch auf das FZA stützen lässt.
2.2 Zur Diskussion stehen dabei grundsätzlich drei mögliche „Aufenthaltstitel": Eine Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung einer unselbständigen Erwerbstätigkeit (vgl. Art. 1 lit. a FZA und Art. 6 Anhang I FZA), eine solche zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit (vgl. Art. 1 lit. a FZA und Art. 12 Anhang I FZA) und eine solche zum erwerbslosen Aufenthalt (vgl. Art. 1 lit. c FZA und Art. 24 Anhang I FZA). Familienangehörige haben Anspruch auf Anwesenheit und Erwerbstätigkeit (Art. 7 lit. e FZA).
3.
3.1 Als erstes ist auf die Frage einzugehen, ob die Beschwerdeführer als unselbständig oder als selbständig Erwerbende im Sinne des FZA zu qualifizieren sind.
3.2 Die Interpretation des Begriffs der „freizügigkeitsrechtlichen" Arbeitnehmer-tätigkeit bestimmt sich nicht ausschliesslich nach nationalem Recht (BGE 125 II 417 E. 4d, 138 II 524 E. 5.1). Ausgangspunkt des unionsrechtlich nicht definierten Begriffs des Arbeitnehmers ist dessen Interpretation nach Art. 10 FZA, der dem Begriff der unselbständigen Erwerbstätigkeit im Sinn von Art. 1 lit. a FZA bzw. des Arbeitnehmers nach Art. 6 ff. Anhang I FZA entspricht. Dazu ist besonders im Hinblick auf die Abgrenzung zur selbständigen Erwerbstätigkeit nach Art. 12 ff. Anhang I FZA die Rechtsprechung des EuGH von Bedeutung, von der das Bundesgericht praxisgemäss nicht leichthin, sondern nur mit „triftigen Gründen" abweicht (BGE 140 II 112 E. 3.2, 139 II 393 E. 4.1). Danach steht der Arbeitnehmer bzw. der unselbständig Erwerbstätige in einem weisungsgebundenen Abhängigkeitsverhältnis, wenn er eine (tatsächliche und echte) Tätigkeit für einen anderen für eine bestimmte Zeit verrichtet und dafür ein Entgelt erzielt. Demgegenüber sind die Beteiligung an geschäftlichen Risiken, die freie Bestimmung der Arbeitszeit, die Weisungsfreiheit und die Auswahl der Mitarbeiter Anhaltspunkte für eine selbständige Erwerbstätigkeit. Arbeitnehmer können auch Geschäftsführer sein; die Arbeitnehmereigenschaft ist auch nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass die betreffende Person im Wege einer Ertragsbeteiligung entlöhnt wird. Auch der Umstand, dass ein Arbeitsverhältnis nur von kurzer Dauer oder befristet war, schliesst die Arbeitnehmereigenschaft nicht aus. Für die Abgrenzung der Arbeitnehmereigenschaft von derjenigen des Arbeitgebers ist auch das Über- und Unterordnungsverhältnis mitzuberücksichtigen. Für die Beurteilung der Frage nach der Arbeitnehmereigenschaft ist eine Gesamtbetrachtung nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmen (vgl. BGE 140 II 460 E. 4.1.1 mit zahlreichen weiteren Hinweisen). Ergänzend kann auf die Kriterien aus dem Bereich der Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung verwiesen werden. Auch dort wird bei der Beurteilung eines Leistungsanspruchs von (leitenden) Angestellten nach Art. 31 Abs. 3 lit. c bzw. Art. 51 Abs. 2 AVIG auf die Möglichkeit der Einflussnahme auf Unternehmensentscheidungen abgestellt (vgl. hierzu TVR 2013 Nr. 41 E. 3.3, mit Verweis auf das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [heute Bundesgericht] C 261/01 vom 17. Mai 2002 E. 4b).
3.3 Mit Beschwerdeeingabe vom 21. November 2014 führte der Beschwerdeführer zwar aus, seine Tätigkeit als Verwaltungsrat sei ein Arbeitsverhältnis, und stellte sich auf den Standpunkt, mit der Präsentation von Handelsregisterauszügen seiner Schweizer Firmen sei der Nachweis einer unselbständigen Tätigkeit erbracht, weshalb es nicht notwendig sei, dass auch noch ein schriftlicher Arbeitsvertrag vorgelegt werde. Am 13. März 2010 ersuchte der Beschwerdeführer jedoch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA und bezeichnete den Zweck seines Aufenthalts mit „Geschäftsführer u. Verwaltungsrat". In dem an die Politische Gemeinde T gerichteten Begleitschreiben führte er aus, er sei seit dem Jahr 2001 Verwaltungsrat und Geschäftsführer mehrerer Schweizer Unternehmungen und seit den Jahren 2009 und 2010 Geschäftsführer einer GmbH und Vorstand einer AG in Deutschland. (…)
3.4 Die Vorinstanz ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführer in keiner Weise beabsichtigen, in der Schweiz eine weisungsabhängige unselbständige Erwerbstätigkeit als Arbeitnehmer auszuüben. Die Beschwerdeführer haben in ihren Firmen die Funktionen als Verwaltungsratspräsident/-mitglied bzw. Vorsitzender der Geschäftsführung/Geschäftsführerin inne. Hinsichtlich der von den Beschwerdeführern angeführten Weisungsbefugnis der Generalversammlung als oberstes Organ einer Gesellschaft gegenüber dem Verwaltungsrat ist festzuhalten, dass die zur Diskussion stehenden Gesellschaften („R AG", „S AG", „T" und „U GmbH") offenbar im Wesentlichen im Besitz der Beschwerdeführer selbst sind. Zwar waren und sind die Beteiligungen an und zwischen den einzelnen Firmen ziemlich undurchsichtig. Jedoch spricht der Beschwerdeführer (…) selbst von „unserer Firmengruppe", zu welcher namentlich auch die „U GmbH" gehöre. Dass in den einzelnen Unternehmungen irgendwelche weitere Aktionäre einen massgeblichen Einfluss auf die Unternehmenstätigkeit bzw. -entscheidungen ausüben würden, geht weder aus den Darstellungen der Beschwerdeführer noch aus den im Recht liegenden Akten (…) hervor. Die Beschwerdeführer üben in den betreffenden Firmen zweifelsohne den massgeblichen Einfluss auf die Unternehmensentscheide aus.
3.5 Aufgrund einer Gesamtbetrachtung und unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung entwickelten Kriterien können die Beschwerdeführer nach objektiven Gesichtspunkten nicht als Unselbständigerwerbende im Sinne des FZA qualifiziert werden.
4.
4.1 Zu prüfen ist weiter, ob den Beschwerdeführern als Selbständigerwerbende ein Anspruch auf eine Aufenthaltsbewilligung EG/EFTA zukommt. Strittig ist dabei in erster Linie, ob seitens der gesuchstellenden Person der Nachweis eines regelmässigen und existenzsichernden Einkommens erbracht werden muss.
4.2 Gemäss Art. 12 Abs. 1 Anhang I FZA erhält ein Staatsangehöriger einer Vertragspartei, der sich zwecks Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit im Hoheitsgebiet einer anderen Vertragspartei niederlassen will, eine Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeitsdauer von mindestens fünf Jahren, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Erteilung, sofern er den zuständigen nationalen Behörden nachweist, dass er zu diesem Zweck niedergelassen ist oder sich niederlassen will. Im angefochtenen Rekursentscheid verweist die Vorinstanz auf die Weisungen und Erläuterungen des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) bzw. des Staatssekretariats für Migration (SEM) zur VEP (Stand 04/2015, nachfolgend „Weisungen VEP"). Diesen Weisungen ist zu entnehmen, dass als Nachweis für eine selbständige Erwerbstätigkeit die Errichtung eines Unternehmens oder einer Betriebsstätte „mit effektiver und existenzsichernder Geschäftstätigkeit" in der Schweiz genügt. Diese ist durch die Präsentation von Geschäftsbüchern (Buchhaltung, Aufträge etc.) zu belegen (Weisungen VEP Ziff. 4.3.2 Abs. 1). Neben der Errichtung eines Unternehmens in der Schweiz und aktiver Geschäftstätigkeit ist für die Erteilung bzw. die Aufrechterhaltung der Bewilligung entscheidend, dass ein „regelmässiges Einkommen erzielt wird und die betreffenden Personen nicht sozialhilfeabhängig werden" (Weisungen VEP Ziff. 4.3.2 Abs. 4, vgl. auch Ziff. 10.3.4.2).
4.3 Die Beschwerdeführer halten dem entgegen, dass Verwaltungsweisungen (wie die Weisungen VEP) für das Gericht nicht verbindlich seien. Das FZA bestimme abschliessend in Art. 12 Anhang I FZA, unter welchen Voraussetzungen eine Aufenthaltsbewilligung B EU/EFTA bei einer selbständigen Erwerbstätigkeit zu erfüllen seien. Die Beschränkung auf eine selbständige Tätigkeit, welche ein existenzsicherndes Einkommen garantiere, sei der Vorschrift - im Gegensatz zu Art. 24 Anhang I FZA (Aufenthalt ohne Erwerbstätigkeit) - nicht zu entnehmen. Damit sei die Anforderung eines existenzsichernden Einkommens aus einer selbständigen Erwerbstätigkeit mit dem FZA nicht zu vereinbaren. Die Beschwerdeführer verweisen dabei auch auf einen Bericht der parlamentarischen Verwaltungskontrolle zuhanden der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates zur „Evaluation zum Aufenthalt von Ausländerinnen und Ausländern unter dem Personenfreizügigkeitsabkommen" vom 6. November 2013 (nachfolgend „Bericht PVK"). In Ziff. 4.1.2 dieses Berichts PVK wird darauf hingewiesen, dass das BFM in seinen Weisungen (gemeint sind dabei die Weisungen VEP des SEM) zwar die Erzielung eines existenzsichernden Einkommens bei Selbständigerwerbenden erwähnt, dies im FZA aber „nicht eindeutig als Aufenthaltsvoraussetzung verankert" sei und das BFM (gemeint ist wohl das SEM) gegenüber der PVK für diese Bestimmung keine rechtliche Grundlage habe angeben können (vgl. Ziff. 4.1.2, S. 32, des Berichts PVK). Auf diese Problematik bzw. auf den Bericht PVK verweist auch der entsprechende Bericht der Geschäftsprüfungskommission des Nationalrates vom 4. April 2014 (S. 4 FN 19). Die Beschwerdeführer schliessen daraus, dass die in den Weisungen VEP erwähnte Voraussetzung der Erzielung eines existenzsichernden Einkommens für den Aufenthalt von Selbständigerwerbenden in der Schweiz rechtswidrig sei bzw. einen Verstoss gegen das FZA darstelle.
4.4 Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
4.4.1 Den Beschwerdeführern ist zwar darin zuzustimmen, dass in Art. 12 Abs. 1 bis 3 Anhang I FZA ein existenzsicherndes Einkommen als Aufenthaltsvoraussetzung für Selbständigerwerbende nicht explizit formuliert ist und dass Verwaltungsweisungen für das Gericht grundsätzlich nicht verbindlich sind. Sodann wird in den Materialien zum Bericht PVK (abrufbar unter: http://www.parlament.ch/d/organe-mitglieder/ kommissionen/parlamentarische-verwaltungskontrolle/Documents/matx-materialien-teil-1-3-d.pdf) unter Ziff. 3.1.1.2 ebenfalls ausgeführt, dass ein existenzsicherndes Einkommen gemäss Art. 12 Abs. 1 bis 3 Anhang I FZA zwar keine explizite Aufenthaltsvoraussetzung darstelle. In FN 29 wird aber darauf hingewiesen, dass - gemäss einer Präzisierung des BFM - mit der Aufenthaltsvoraussetzung eines existenzsichernden Einkommens bei selbständigerwerbenden Personen „Umgehungstatbestände" verhindert werden sollen.
Das dieser Interpretation des BFM zugrunde liegende Rechtsmissbrauchsverbot gilt - trotz der gemäss Bundesgericht gebotenen Zurückhaltung bei der Anwendung desselben (vgl. hierzu BGE 137 I 247 E. 5.1.1 sowie Urteil des Bundesgerichts 2C_955/2013 vom 2. Mai 2014 E. 6.2.2) - als allgemeiner Rechtsgrundsatz auch im Bereich des Ausländerrechts. Sodann wird auch von Spescha (in: Spescha/Thür/Zünd/Bolzli, Kommentar zum Migrationsrecht, 3. Aufl., Zürich 2012, N. 7 zu Art. 5 FZA, S. 634) darauf hingewiesen, dass fehlende finanzielle Mittel bei Selbständigerwerbenden, wie auch beim Aufenthalt ohne Erwerbszweck, zur Verweigerung einer Aufenthaltsbewilligung führen können. Zu beachten ist weiter, dass gemäss Rechtsprechung Verwaltungsweisungen (wie die Weisungen VPE) bei den Entscheidungen vom Gericht berücksichtigt werden sollen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen zulassen. Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben der Verwaltung, durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten, Rechnung getragen (BGE 133 V 257 E. 3.2 mit zahlreichen weiteren Hinweisen). Hinsichtlich der Voraussetzungen, die für die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zur Ausübung einer selbständigen Erwerbstätigkeit gemäss Art. 12 Anhang I FZA gegeben sein müssen, nimmt das Bundesgericht selbst auf die Weisungen VEP Bezug (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2A.169/2004 vom 31. August 2004 E. 6.3).
4.4.2 Vorliegend erweist es sich angesichts der konkreten Umstände und insbesondere unter dem Gesichtspunkt des Rechtsmissbrauchsverbots bzw. der Vermeidung von „Umgehungstatbeständen" als sachgerecht und angezeigt, entsprechend den Weisungen VEP (Ziff. 4.3.2) von den Beschwerdeführern den Nachweis einer effektiven und existenzsichernden Geschäftstätigkeit in der Schweiz bzw. der Erzielung eines existenzsichernden Einkommens zu verlangen. So sind die Beschwerdeführer keine „geschäftlichen Newcomer", die sich zum Zweck der Gründung und zum Aufbau eines eigenen bzw. der Übernahme eines bestehenden Betriebes oder Unternehmens in der Schweiz niederlassen. Dementsprechend müssen sie auch keine Gründungs- oder Aufbauphase durchstehen, die es gegebenenfalls erst nach einer gewissen Zeit erlaubt hätte, zuverlässige Aussagen über den unternehmerischen Erfolg/Misserfolg bzw. über das Vorliegen einer effektiven und existenzsichernden Tätigkeit zu machen. (…)
Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Beschwerdeführer im Rentenalter sind. Der Beschwerdeführer A bezieht eine Altersrente der deutschen Rentenversicherung und der AHV von knapp Fr. 200.-- im Monat. Gemäss den Unterlagen zum Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege vom 12. Februar 2015 wird der Beschwerdeführerin B eine Rente über Euro 665.80 ausgerichtet. Diese Renteneinkommen stellen aktuell die einzigen ausgewiesenen Einkünfte der Beschwerdeführer dar. Mit diesen sind sie aber in keiner Weise in der Lage, ihr Existenzminimum zu decken. Die Beschwerdeführer geben vor, nach der Übersiedlung in die Schweiz über die Pensionierung hinaus weiterhin einer selbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Aus dieser erzielen sie jedoch zugegebenermassen keinerlei Einkünfte. Die Voraussetzungen für eine Aufenthaltsbewilligung zur erwerbslosen Wohnsitznahme als Rentner bzw. Rentnerin nach Art. 24 Abs. 1 lit. a Anhang I FZA erfüllen sie, wie nachfolgend dargestellt, jedoch ebenfalls nicht, da sie in keiner Weise über ausreichende finanzielle Mittel zur Bestreitung ihres Lebensbedarfes verfügen.
4.4.3 Vor diesem Hintergrund drängt sich die Vermutung auf, dass es den Beschwerdeführern darum geht, unter dem Vorwand der selbständigen Erwerbstätigkeit eine Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA in der Schweiz zu erhalten, um hernach einen Anspruch auf Ergänzungsleistungen zu ihren Renten oder gegebenenfalls auf Sozialhilfe geltend machen zu können. Ein anderer Grund für ihr Gesuch ist nicht ersichtlich, zumal sie über Jahre ihre „Firmengruppe" aus dem Ausland (Campione/Italien) betreut hatten und sie selbst geltend machen, aufgrund ihrer „internationalen Tätigkeiten" häufig abwesend zu sein. Damit liegt mit anderen Worten der Schluss nahe, dass sich die Beschwerdeführer in rechtsmissbräuchlicher Art und Weise auf ihre Funktionen als Verwaltungsräte/Geschäftsleiter ihrer Firmen berufen und unter Umgehung der Vorschriften des FZA versuchen, eine Aufenthaltsbewilligung erhältlich zu machen, um in der Folge - mangels effektiver und existenzsichernder selbständiger Erwerbstätigkeit - in den Genuss von Sozial-(versicherungs-)leistungen zu gelangen. Bei dieser Konstellation drängt es sich auf, als Voraussetzung für eine Aufenthaltsbewilligung entsprechend Ziff. 4.3.2 der Weisungen VEP den Nachweis für die Erzielung eines existenzsichernden Einkommens zu verlangen.
4.4.4 Dass die Beschwerdeführer über entsprechende existenzsichernde Einkünfte aus ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit verfügen, ist aus den Akten - wie dargestellt (vgl. E. 4.4.2 vorstehend) - nicht ersichtlich. (…)
4.4.5 Damit steht den Beschwerdeführern mangels Erzielung eines existenzsichernden Einkommens aus ihrer vermeintlichen selbständigen Erwerbstätigkeit kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach Art. 12 Abs. 1 Anhang I FZA zu.
4.5 Ein entsprechender Anspruch müsste aus nachfolgenden Gründen auch verneint werden, wenn der Nachweis eines existenzsichernden Einkommens als Voraussetzung nicht verlangt würde.
4.5.1 Gemäss den Materialen zu dem von den Beschwerdeführern selbst eingereichten Bericht PVK (vgl. E. 4.4.1 vorstehend) ist zumindest - wie bei Arbeitnehmern - auch bei Selbständigerwerbenden eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit vorauszusetzen. Hierzu führte das Bundesgericht (im Zusammenhang mit dem Arbeitnehmerbegriff nach FZA) in BGE 141 II 1 E. 2.2.4 aus, dass „quantitativ wie qualitativ eine echte und tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit" erforderlich sei. Die Beurteilung, ob eine solche bestehe, müsse sich auf objektive Kriterien stützen und - in einer Gesamtbewertung - allen Umständen Rechnung tragen, welche die Art der Tätigkeit (und des fraglichen Arbeitsverhältnisses) beträfen.
4.5.2 Von einer derartigen quantitativ wie qualitativ „echten und tatsächlichen wirtschaftlichen Tätigkeit" kann bei den Beschwerdeführern nicht die Rede sein. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Rekursentscheid detailliert dargelegt, dass es sich bei den verschiedenen Firmen der Beschwerdeführer lediglich um ein Konstrukt mit dem Hauptzweck handelt, gegenseitig Beteiligungen an der jeweils anderen Firma zu halten. (…)
4.5.3 - 4.5.5 (…)
5. - 7. (Verneinung auch eines Anspruchs auf eine Bewilligung zum erwerbslosen Aufenthalt nach Art. 1 lit. a FZA i. V. mit Art. 24 Anhang I FZA, nachdem die Beschwerdeführer bedürftig sind und mit ihrer selbständigen Erwerbstätigkeit nicht über ein existenzsicherndes Einkommen verfügen; ebenso Verneinung eines Anspruchs auf Aufenthaltsbewilligung gestützt auf Art. 7 lit. c FZA i. V. mit Art. 4 Abs. 1 Anhang I FZA, nachdem den Beschwerdeführern zum einen nicht der Status eines Arbeitnehmers bzw. einer Arbeitnehmerin zukommt und beide in den letzten drei Jahren vor der Pensionierung keinen ständigen Wohnsitz in der Schweiz nachweisen können; Feststellung, dass die Wegweisung der Beschwerdeführer verhältnismässig im Sinne von Art. 96 AuG ist)
Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2014.242/E vom 17. Juni 2015
Das Bundesgericht hat eine dagegen erhobene Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit Urteil 2C_750/2015 vom 14. März 2016 abgewiesen.