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TVR 2016 Nr. 25

Unterstützungswohnsitz


§ 4 Abs. 1 SHG


1. Solange die neue Wohnsitzgemeinde nicht feststeht, was als Folge eines Wegzugs ohne Begründung eines neuen Wohnsitzes der Fall sein kann, gilt innerkantonal der Aufenthaltsort als unterstützungspflichtig (E. 3.3.2).

2. Meldet sich ein Sozialhilfeempfänger ordentlich bei der bisherigen Gemeinde ab, ist die neue Gemeinde verpflichtet, eine Anmeldung entgegenzunehmen (E. 3.5).


L wohnte zusammen mit ihrem Schweizer Ehemann und dem gemeinsamen Sohn in der Gemeinde N. Am 29. April 2015 kam es zu einem ersten tätlichen Übergriff des Ehemannes auf L, am darauffolgenden Tag zu einem weiteren. Deshalb zog L gleichentags zusammen mit ihrem Sohn aus der ehelichen Wohnung aus und wollte sich (bereits zum zweiten Mal) ins Frauenhaus Winterthur begeben. Weil dort keine freien Plätze vorhanden waren, wurden L und ihr Sohn von einer ihr bekannten Familie R in S aufgenommen. Am 20. Mai 2015 begab sie sich auf die Sozialen Dienste in N, um ein Gesuch um Unterstützung zu stellen. Gleichentags meldete sie sich dann aber bei der Einwohnerkontrolle in N ab und sprach in der Folge bei der Einwohnerkontrolle S vor, um sich und ihren Sohn anzumelden. Es wurde ihr dort aber erklärt, sie könne sich erst anmelden, wenn sie eine neue Wohnung in der Gemeinde gefunden habe, oder nach einem minimalen Aufenthalt von drei Monaten. Da sich Anfang Juni 2015 sowohl die Familie R als auch L selbst von ihrem Ehemann bedroht fühlten, begab sich L am 2. Juni 2015 zusammen mit ihrem Sohn ins Frauenhaus Winterthur, wo sie nun untergebracht werden konnten und sich bis zum 25. August 2015 aufhielten. Mit Eingabe vom 10. Juni 2015 ersuchte das Frauenhaus Winterthur sowohl bei den Sozialen Diensten S als auch bei den Sozialen Diensten N um Kostengutsprache für den Aufenthalt von L und deren Sohn im Frauenhaus. Die Fürsorgebehörde S lehnte das Gesuch um Erteilung der subsidiären Kostengutsprache für den Aufenthalt Ls und ihres Sohnes im Frauenhaus Winterthur ab. Auch die Sozialkommission N verweigerte aufgrund der fehlenden örtlichen Zuständigkeit eine subsidiäre Kostengutsprache für den Aufenthalt von L und ihrem Sohn im Frauenhaus Winterthur. Gegen beide Entscheide liessen L und ihr Sohn jeweils separat beim DFS Rekurs erheben, worauf das DFS die beiden Rekurse vereinigte und in dem Sinne entschied, als der Rekurs gegen den Entscheid der Fürsorgekommission N abgewiesen, derjenige gegen die Sozialen Dienste S jedoch gutgeheissen wurde. Gegen diesen Entscheid erhob die Gemeinde S beim Verwaltungsgericht Beschwerde, die abgewiesen wird.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Ausgangspunkt dieses Verfahrens ist das Gesuch des Frauenhauses Winterthur vom 10. Juni 2015, das in Vertretung der Verfahrensbeteiligten sowohl bei der Beschwerdeführerin als auch bei der verfahrensbeteiligten Gemeinde ein Gesuch um subsidiäre Kostengutsprache für den Frauenhausaufenthalt gestellt hatte. Bis 30. April 2015 hatten die Verfahrensbeteiligten unbestritten Wohnsitz in der verfahrensbeteiligten Gemeinde. Ab 30. April 2015 hielten sie sich in der Gemeinde der Beschwerdeführerin auf.

2.2 Im interkantonalen Verhältnis bestimmt das ZUG, welcher Kanton für die Unterstützung eines Bedürftigen, der sich in der Schweiz aufhält, zuständig ist (Art. 1 Abs. 1 ZUG). Grundsätzlich gilt, dass der Bedürftige seinen Wohnsitz (Unterstützungswohnsitz) in dem Kanton hat, in dem er sich mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält (Art. 4 Abs. 1 ZUG). Dabei gilt es aber zu beachten, dass der Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer anderen Einrichtung und die behördliche Unterbringung einer volljährigen Person in Familienpflege keinen Unterstützungswohnsitz begründen (Art. 5 Abs. 1 ZUG). Beim Frauenhaus Winterthur handelt es sich um eine „andere Einrichtung“ im Sinne von Art. 5 ZUG. Da aber der Aufenthalt in einer „anderen Einrichtung“ nach Art. 5 ZUG keinen Unterstützungswohnsitz zu begründen vermag, gibt es vorliegend keinen Anknüpfungspunkt für eine ausserkantonale Zuständigkeit zur Beurteilung des von der Verfahrensbeteiligten gestellten Kostengutsprachegesuches. Die Verfahrensbeteiligte hatte demnach im Zeitpunkt des Eintritts in das Frauenhaus Winterthur entweder immer noch sozialhilferechtlichen Wohnsitz im Gemeindegebiet der verfahrensbeteiligten Gemeinde oder sozialhilferechtlichen Wohnsitz oder Aufenthalt (vgl. E. 3.6) im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin. Zu prüfen ist somit, ob entweder die Beschwerdeführerin oder die verfahrensbeteiligte Gemeinde örtlich zur Beurteilung des Gesuchs um subsidiäre Kostengutsprache zuständig ist. Demgegenüber ist nicht zu beurteilen, ob das von den Verfahrensbeteiligten gestellte Kostengutsprachegesuch gutzuheissen ist oder nicht. Über materielle Ansprüche der Verfahrensbeteiligten ist noch gar nicht entschieden worden.

3.
3.1 Verfügt jemand nicht über hinreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Angehörigen mit gleichem Wohnsitz, sorgt die Gemeinde für die notwendige Unterstützung, sofern vom Hilfsbedürftigen nicht verlangt werden kann, sich die Mittel durch eigene Arbeit zu beschaffen und keine andere Hilfe möglich ist (§ 8 SHG). Zuständig ist die Wohnsitzgemeinde des Hilfsbedürftigen. Die Gemeinde des Aufenthaltsortes ist zuständig, solange die Wohnsitzgemeinde nicht feststeht oder wenn jemand unaufschiebbar der Hilfe bedarf (§ 4 Abs. 1 SHG). Wohnsitz und Aufenthalt bestimmen sich nach den Vorschriften des ZUG (§ 4 Abs. 2 SHG). Laut Art. 4 Abs. 1 ZUG hat der Bedürftige seinen Unterstützungswohnsitz in dem Kanton, in dem er sich mit der Absicht dauerndem Verbleibens aufhält. Dieser Kanton wird als Wohnkanton bezeichnet. Die polizeiliche Anmeldung gilt als Wohnsitzbegründung, wenn nicht nachgewiesen ist, dass der Aufenthalt schon früher oder erst später begonnen hat oder nur vorübergehender Natur ist (Art. 4 Abs. 2 ZUG). Wie bereits angedeutet, begründen der Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer anderen Einrichtung keinen Unterstützungswohnsitz (Art. 5 ZUG). Wer aus dem Wohnkanton wegzieht, verliert den bisherigen Unterstützungswohnsitz. Ist der Zeitpunkt des Wegzugs zweifelhaft, so gilt derjenige der polizeilichen Abmeldung (Art. 9 Abs. 1 und 2 ZUG). Der Eintritt in ein Heim, in ein Spital oder in eine andere Einrichtung beendigen einen bestehenden Unterstützungswohnsitz nicht (Art. 9 Abs. 3 ZUG). Als Aufenthalt nach diesem Gesetz gilt die tatsächliche Anwesenheit in einem Kanton; dieser wird als Aufenthaltskanton bezeichnet (Art. 11 Abs. 1 ZUG). Die Behörden dürfen einen Bedürftigen nicht veranlassen, aus dem Wohnkanton wegzuziehen, auch nicht durch Umzugsunterstützungen oder andere Begünstigungen, wenn dies nicht in seinem Interesse liegt (Art. 10 Abs. 1 ZUG).

3.2 Der Unterstützungswohnsitz gemäss Art. 4 ZUG ist dem zivilrechtlichen angeglichen. Der Wohnsitz befindet sich dort, wo sich jemand mit der Absicht dauernden Verbleibens aufhält. Da sich diese Absicht nach der Rechtsprechung in äusserlich erkennbaren Umständen verwirklichen muss, gilt als Wohnsitz einer Person der Ort, an dem sich faktisch der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befindet. Dem Unterstützungswohnsitz gemäss Art. 4 ZUG liegt eine räumliche und persönliche Beziehung einer Person zu einer bestimmten Gemeinde zugrunde (vgl. hierzu Urteil des Bundesgerichts 8C_223/2010 vom 5. Juli 2010 E. 3.1). Solange die betreffende Person weder in einem anderen Kanton noch im bisherigen Kanton einen neuen Wohnsitz begründet, besitzt sie in der Regel keinen Unterstützungswohnsitz mehr. Das ZUG kennt nämlich im Gegensatz zum Zivilrecht den fiktiven Wohnsitz nicht. Der bisherige Wohnkanton kann gegebenenfalls zum Aufenthaltskanton und als solcher unterstützungspflichtig werden (vgl. zum Ganzen: Urteile des Bundesgerichts 2A.420/1999 vom 2. Mai 2000 E. 4b, 8C_223/2010 vom 5. Juli 2010 E. 3.1 in fine). Selbst wenn der Bedürftige den bisherigen Wohnkanton (bzw. die bisherige Wohngemeinde) verlässt, um sich an einem anderen Ort niederzulassen, nach kurzer Zeit aber bereits wieder an seinen früheren Wohnort zurückkehrt, bleibt der Unterstützungswohnsitz nicht erhalten, er wird vielmehr allenfalls neu begründet (Urteil des Bundesgerichts 2A.253/2003 vom 23. September 2003 E. 2.3). Dementsprechend verliert eine Person ihren bisherigen Unterstützungswohnsitz, wenn sie aus dem Ort wegzieht, zu dem sie bis dahin die wohnsitzbegründenden räumlichen und persönlichen Beziehungen hatte. Es ist zudem auch durchaus möglich, dass die betreffende Person danach weder in einem anderen Kanton noch im bisherigen Wohnkanton einen neuen Wohnsitz und damit einen neuen Unterstützungswohnsitz begründet. Nach den Vorschriften des ZUG ist ein Unterstützungswohnsitz nämlich nicht zwingend notwendig (Urteil des Bundesgerichts 2A.420/1999 vom 2. Mai 2000 E. 4b).

3.3
3.3.1 Das ZUG greift in die innerkantonale Zuständigkeitsordnung nicht ein (Thomet, Kommentar zum Bundesgesetz über die Zuständigkeit für die Unterstützung Bedürftiger [ZUG], 2. Aufl., Zürich 1994, Rz. 55). Es steht den Kantonen durchaus frei, ihrerseits die öffentliche Fürsorge bzw. Sozialhilfe nach dem Wohnsitzprinzip zu ordnen oder im internen Verhältnis zur Bestimmung der fürsorgepflichtigen Gemeinde, den Begriff des Unterstützungswohnsitzes und die Voraussetzungen für dessen Begründung und Beendigung anders zu definieren, als das ZUG dies für das interkantonale Verhältnis tut. Sie müssen aber sicherstellen, dass beim Wohnsitz oder Aufenthalt im Kanton auch die innerkantonale Zuständigkeit klar geregelt ist (Thomet, a.a.O., Rz. 93).

3.3.2 Die Thurgauer Sozialhilfegesetzgebung kennt grundsätzlich keine abweichende Ordnung und verweist für die Bestimmung von Wohnsitz und Aufenthalt mit § 4 Abs. 2 SHG ausdrücklich auf das ZUG. Sodann hält § 4 Abs. 1 SHG fest, dass die Gemeinde des Aufenthaltsortes zuständig sei, solange die Wohnsitzgemeinde nicht feststehe oder wenn jemand unaufschiebbar der Hilfe bedürfe. Entgegen der Auffassung der Verfahrensbeteiligten weist das Thurgauer Recht daher auch keine Lücke bei der Bestimmung der sozialhilferechtlichen Zuständigkeit auf. Solange die Wohnsitzgemeinde nicht feststeht, was durchaus als Folge eines Wegzugs ohne Begründung eines neuen Wohnsitzes der Fall sein kann, gilt innerkantonal der Aufenthaltsort als unterstützungspflichtig. Zu prüfen ist daher, ob die Verfahrensbeteiligten per 30. April 2015 den Unterstützungswohnsitz in der verfahrensbeteiligten Gemeinde verloren haben, was zur Folge hätte, dass die daraus abgeleitete sozialhilferechtliche Zuständigkeit entfallen wäre. Weil das ZUG keinen fiktiven Wohnsitz analog Art. 23 Abs. 1 ZGB kennt, genügt dafür der Nachweis, dass der bisherige Unterstützungswohnsitz aufgegeben wurde.

3.4 Die Verfahrensbeteiligte verliess ihren Ehemann nach einem ersten Streit im Jahr 2011 zum zweiten Mal am 30. April 2015. Sie versuchte, nach den Tätlichkeiten, die ihr ihr Ehemann zugefügt hatte, zunächst im Frauenhaus Winterthur Zuflucht zu finden. Als sich dies als unmöglich erwies, weil das Frauenhaus keine freien Plätze mehr hatte, fanden die Verfahrensbeteiligten Aufnahme bei einer bekannten Familie im Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin. Unwidersprochen geblieben ist, dass es zunächst gelang, den Aufenthaltsort der Verfahrensbeteiligten geheim zu halten. Nachdem aber der Ehemann der Verfahrensbeteiligten offenbar angefangen hatte, ein Familienmitglied der sie aufnehmenden Familie mit SMS zu bedrohen und auch mittels Aushängen am Bahnhof nach den Verfahrensbeteiligten zu suchen, erfolgte elf Tage später eine Anzeige bei der Polizei. Auf unerlässliche, dringende Sozialhilfe waren die Verfahrensbeteiligten offenbar zunächst nicht angewiesen, denn sie sprachen erst am 20. Mai 2015 beim Sozialdienst der verfahrensbeteiligten Gemeinde vor. Unbestritten ist weiter, dass sich die Verfahrensbeteiligten an diesem Tag in der Folge bei der verfahrensbeteiligten Gemeinde abgemeldet hatten. Gemäss dem Bericht der Einwohnerkontrolle der Beschwerdeführerin versuchten die Verfahrensbeteiligten dann, sich bei der Beschwerdeführerin anzumelden. Ihnen wurde jedoch mitgeteilt, sie könnten sich erst anmelden, sobald sie eine neue Wohnung gefunden hätten respektive nach drei Monaten Aufenthalt in der Gemeinde. Am 28. Mai 2015 beantragte sodann der damalige Rechtsvertreter der Verfahrensbeteiligten am Bezirksgericht N den Erlass von Eheschutzmassnahmen und dabei unter anderem die Zuteilung der ehelichen Wohnung an den Ehemann, da die Gesuchstellerin nicht beabsichtige, dorthin zurückzukehren. Laut Aussagen der Verfahrensbeteiligten entschied sie sich dann nach dem Vorfall am 1. Juni 2015, als jemand in der Dunkelheit um das Haus der Familie R geschlichen war, dazu, unter Vermittlung der Kantonspolizei, welche ebenfalls von einer aktuellen Bedrohungssituation ausging, wieder ins Frauenhaus einzutreten.

3.5 Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin kann unter diesen Umständen nicht gesagt werden, die Verfahrensbeteiligte sei am 30. April 2015 zu einem Sonderzweck im Sinne von Art. 5 ZUG aus der verfahrensbeteiligten Gemeinde weggezogen. Zwar hatten die Verfahrensbeteiligten ursprünglich die Absicht, ins Frauenhaus Winterthur einzutreten, doch ist es nicht dazu gekommen. Voraussetzung, dass die Regelung von Art. 5 ZUG greift, ist aber, dass ein Aufenthalt in einem Heim, einem Spital oder einer anderen Einrichtung stattfindet. Der Aufenthalt bei einer befreundeten Familie, auch wenn dies zum Schutz vor dem eigenen Ehemann ist, kann nicht als „Sonderzweck“ und damit als Aufenthalt im Sinne von Art. 5 ZUG angesehen werden. Nachdem die Verfahrensbeteiligten von der Familie R aufgenommen worden waren, unternahmen die Verfahrensbeteiligten zunächst nichts, um an dieser Situation etwas zu verändern. Vielmehr war die Verfahrensbeteiligte nach eigenen Angaben dabei, nach einer neuen Wohnung Ausschau zu halten. Damit hatten die Verfahrensbeteiligten ihren Unterstützungswohnsitz in der verfahrensbeteiligten Gemeinde aufgegeben, auch wenn sie möglicherweise noch gar keinen neuen begründet hatten. Zwar schloss die Verfahrensbeteiligte nicht aus, in einem späteren Zeitpunkt wieder in die verfahrensbeteiligte Gemeinde zurückzukehren. Der Unterstützungswohnsitz bleibt aber ohnehin nicht erhalten, wenn jemand aus einer Gemeinde wegzieht, selbst wenn er möglicherweise nach relativ kurzer Zeit wieder dahin zurückkehrt (Urteil des Bundesgerichts 8C_223/2010 vom 5. Juli 2010 E. 4.1). Dass die Verfahrensbeteiligte nicht mehr so schnell in die verfahrensbeteiligte Gemeinde zurückkehren würde, ergibt sich daraus, dass sie im Rahmen des Eheschutzverfahrens beantragt hatte, die eheliche Wohnung, die ihrem Ehemann bzw. seiner Mutter gehörte, ihm zuzuteilen. Konsequenterweise hat sie sich dann - wenn auch möglicherweise auf Anraten der verfahrensbeteiligten Gemeinde - dort abgemeldet und sie wollte sich bei der Beschwerdeführerin anmelden. Die Beschwerdeführerin hat dann versucht, diese Anmeldung zu verhindern, indem der Verfahrensbeteiligten die Auskunft erteilt wurde, dies könne erst erfolgen, wenn sie entweder eine Wohnung gefunden oder drei Monate einen Aufenthalt gehabt habe. Es gilt an dieser Stelle klar festzuhalten, dass dieses Vorgehen unzulässig war und hierfür keinerlei gesetzliche Grundlage besteht. Da sich die Verfahrensbeteiligte ordentlich bei der verfahrensbeteiligten Gemeinde abgemeldet hatte, war die Beschwerdeführerin verpflichtet, eine entsprechende Anmeldung entgegenzunehmen. Einzig wenn vonseiten des Bedürftigen ein offensichtlicher Rechtsmissbrauch betrieben würde, indem etwa versucht würde, sich an zwei Orten gleichzeitig anzumelden, dürfte gegebenenfalls die Anmeldung verweigert werden. Dies war aber vorliegend klar nicht der Fall. Die Verweigerung der Anmeldung erfolgte augenscheinlich im Hinblick auf die Befürchtung der Beschwerdeführerin, dann sozialhilfepflichtig zu werden. Ebenso wie es nicht zulässig ist, einen Sozialhilfeempfänger zum Wegzug zu bewegen, um die Unterstützungspflicht zu beenden, geht es nicht an, seine Anmeldung nicht entgegenzunehmen, mit dem Ziel, die Unterstützungspflicht nicht entstehen zu lassen.

3.6 Zusammenfassend ergibt sich, dass die Verfahrensbeteiligten sich in der verfahrensbeteiligten Gemeinde abgemeldet hatten und dass auch die übrigen Umstände dafür sprechen, dass sie den Unterstützungswohnsitz dort aufgegeben hatten. Da in jenem Zeitpunkt ein neuer Unterstützungswohnsitz noch nicht feststand, ist aufgrund von § 4 Abs. 1 SHG die Gemeinde am Aufenthaltsort zuständig. Dieses Ergebnis stimmt im Übrigen auch mit den Vorschriften des ZUG überein (vgl. Art. 12 Abs. 2, Art 20 Abs. 2 i.V. mit Art. 13 und Art. 21 Abs. 1 ZUG). Im Zeitpunkt des Eintritts der Verfahrensbeteiligten in das Frauenhaus Winterthur hatten die Verfahrensbeteiligten Aufenthaltsort in der Gemeinde der Beschwerdeführerin. Ob die Verfahrensbeteiligten bei diesem Sachverhalt dort auch einen neuen sozialhilferechtlichen Unterstützungswohnsitz begründet haben, ist unerheblich. Zu Recht hat daher die Vorinstanz den Rekurs mit Bezug auf die Beschwerdeführerin gutgeheissen und diese verpflichtet, das Unterstützungsgesuch der Verfahrensbeteiligten materiell zu prüfen. Ebenso zu Recht hat sie den Rekurs gegen die verfahrensbeteiligte Gemeinde abgewiesen.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2016.15/E vom 29. Juni 2016

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