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TVR 2017 Nr. 12

Anleinpflicht, Beschränkung der maximal auszuführenden Hunde


§ 7 HundeG


Die nach mehreren Beissvorfällen gegenüber einer Hundebesitzerin verfügte Auflage, dass sie nur noch maximal zwei Hunde gleichzeitig spazieren führen darf und die Hunde dabei angeleint sein müssen, ist recht- und verhältnismässig.


G ist Besitzerin von insgesamt sechs Hunden. Im Zeitraum zwischen Juni 2012 und 22. August 2012 kam es durch G’s Hunde zu insgesamt drei Bissvorfällen. In der Folge ordnete die Politische Gemeinde F als Sofortmassnahme an, dass G im öffentlich zugänglichen Raum ihre Hunde an der Leine zu führen habe. Am 29. April 2014 verfügte die Politische Gemeinde F gestützt auf die bereits aktenkundigen sowie auf weitere vier Vorfälle, G werde angewiesen, ihre Hunde nur angeleint spazieren zu führen. Zudem wurde sie verpflichtet, maximal zwei Hunde zusammen auszuführen. Gegen diesen Entscheid liess G Rekurs erheben, der vom DIV abgewiesen wurde. Eine hiergegen erhobene Beschwerde weist das Verwaltungsgericht ab.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Zu prüfen ist die Frage, ob der Entscheid der verfahrensbeteiligten Gemeinde, mit welchem die Beschwerdeführerin angewiesen wurde, ihre Hunde nur angeleint spazieren zu führen und nur zwei Hunde zusammen auszuführen, rechtens ist.

2.2 Die TschV enthält im 10. Abschnitt, Art. 68 ff. TschV, nähere Vorschriften über die Hundehaltung. In Bezug auf das Halten von Hunden enthält die TschV einzelne Bestimmungen, welche die Sicherheit von Menschen und Tieren bezwecken (Art. 77 - 79 TschV). Insbesondere bestimmt Art. 77 TschV, dass derjenige, der einen Hund hält, die nötigen Vorkehrungen zu treffen hat, dass der Hund Menschen und Tiere nicht gefährdet. Aufgrund der bundesstaatlichen Kompetenzordnung sind jedoch die Kantone zuständig für den Erlass von Bestimmungen, welche die Hundehaltung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit beschränken. Weil die Auflage an die Beschwerdeführerin, die Hunde nur angeleint und maximal zwei Hunde gleichzeitig ausführen zu dürfen, nicht aus Gründen des Tierschutzes, sondern aus sicherheitspolizeilichen Gründen erfolgte, ist die Rechtsgrundlage dafür im kantonalen Recht zu suchen (vgl. hierzu das Urteil des Bundesgerichts 2C_1200/2012 vom 3. Juni 2013 E. 4.1). Der Kanton Thurgau hat solche Vorschriften mit dem HundeG erlassen. Zu prüfen ist somit zunächst, ob die von der verfahrensbeteiligten Gemeinde erlassenen Beschränkungen eine genügende gesetzliche Grundlage im HundeG finden (…).

3.
3.1 Laut § 1 Abs. 1 HundeG sind Hunde so zu halten, dass Mensch und Tier nicht gefährdet oder belästigt werden. § 2 Abs. 1 HundeG hält fest, dass Hundehalter für angemessene Überwachung, sachgemässe Pflege und ordentliche Unterbringung der Hunde zu sorgen haben. Weiter bestimmt § 2 Abs. 2 Ziff. 1 HundeG, dass derjenige, der einen Hund hält oder ausführt, insbesondere dafür zu sorgen hat, dass die Umwelt nicht durch übermässiges Gebell, Geheul oder auf andere Weise belästigt wird. § 3 HundeG enthält nebst einem Betretverbot für gewisse Örtlichkeiten ein kantonalrechtliches Anleingebot, mit der Möglichkeit für die Gemeinden, zusätzliche Orte mit einem Anleingebot zu belegen. Wenn durch die Hundehaltung Mensch oder Tier verletzt, gefährdet oder ernsthaft belästigt werden, kann die Gemeinde entsprechend dem Ausmass der Mangelhaftigkeit der Hundehaltung Massnahmen über Erziehung, Beaufsichtigung, Pflege oder Unterbringung anordnen (§ 7 Abs. 1 HundeG). Insbesondere kann die Gemeinde folgende Massnahmen einzeln oder kumulativ anordnen:

„1. Unterstellung des Hundes unter eine temporäre Beobachtung;
2. Durchführung einer Prüfung des Hundes auf Verhaltensstörungen;
3. Verpflichtung des Halters zum Besuch von Kursen mit oder ohne Hund;
4. Bezeichnung der Personen, die den Hund ausführen dürfen;
5. Verpflichtung im öffentlich zugänglichen Raum, dem Hund einen Maulkorb anzulegen oder ihn an der Leine zu
führen;
6. Verbot, den Hund zum Schutzdienst auszubilden oder zu verwenden;
7. Vorübergehendes Verbringen des Hundes in ein Tierheim oder in eine andere geeignete Tierhaltung;
8. Entzug des Hundes zur Neuplatzierung;
9. Kastration oder Sterilisation des Hundes;
10. Verhängung eines generellen befristeten oder unbefristeten Hundehaltungsverbots gegen eine Person;
11. Beschränkung der Anzahl gehaltener Hunde;
12. Tötung des Hundes.“

Die Auflistung in § 7 Abs. 2 HundeG ist nicht abschliessend (TVR 2013 Nr. 19, E. 3.1, TVR 2011 Nr. 17, E. 3).

3.2 Der Erlass von einschränkenden Massnahmen setzt eine mangelhafte Hundehaltung voraus, welche sich dahingehend auswirkt, dass Mensch oder Tier verletzt, gefährdet oder ernsthaft belästigt werden (§ 7 Abs. 1 HundeG). Diesbezüglich ergibt sich aus den Akten folgendes Bild:

3.2.1 - 3.2.8 (Umschreibung diverser umstrittener Vorfälle mit Belästigungen, Bissverletzungen an Personen und anderen Hunden durch die Hunde der Beschwerdeführerin)

3.3
3.3.1 Es stellt sich die Frage, wie die unter E. 3.2 dargelegten Ereignisse und Akten zu werten sind. Laut § 16 VRG hat die Behörde aufgrund des Sachverhalts in freier Würdigung der Beweise zu entscheiden, ohne an die Begehren der Beteiligten gebunden zu sein. Es gilt der Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Es ist somit allein die Überzeugung der entscheidenden Behörde massgebend dafür, ob eine bestimmte Tatsache aufgrund des bestehenden Beweismaterials als eingetreten zu betrachten ist oder nicht. Dabei soll sich die Gewichtung der einzelnen Beweismittel aus der inneren Qualität, das heisst aus der anzunehmenden Übereinstimmung mit der Wirklichkeit ergeben (Fedi/Meyer/Müller, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau, Basel 2014, § 16 N. 2).

3.3.2 (…) Nachdem die Beschwerdeführerin bisher zwei Hunde gehalten hatte, sah sie sich nun mit der Tatsache konfrontiert, dass sie für sechs Hunde verantwortlich war. Bereits ab drei Hunden ist aber von einem Rudel auszugehen und das Rudelverhalten kann eine grössere Eigendynamik annehmen, je grösser das Rudel ist. Ein grosses Rudel stellt ein exponentiell grösseres Gefahrenpotenzial dar als nur zwei zusammen gehaltene Hunde (TVR 2013 Nr. 19, E. 3.2.2, mit Verweis auf TVR 2003 Nr. 19, E. 3b, und die dort enthaltenen Aussagen in einem Fachgutachten). Hinzu kommt hier, worauf auch der Sohn der Beschwerdeführerin in seiner Schilderung der Tatsachen über das Geschehen vom 28. Januar 2013 hinweist, dass die Mutterhündin Lara einen Mutterinstinkt entwickelt hatte, was ein aggressiveres Verhalten erklärt, wenn die Hündin ihre Jungen angegriffen sieht. Anlässlich des Vorfalls vom 28. Januar 2013 war der Sohn der Beschwerdeführerin mit drei Hunden gleichzeitig unterwegs. Dass es dabei zu einer Bissverletzung durch Lara bei einem anderen Hund gekommen ist, wird im Bericht des Sohns der Beschwerdeführerin beschrieben und ist daher ausgewiesen. Unbestritten ist auch die Bissverletzung bei H. Die Beschwerdeführerin macht hierzu geltend, dass der Pferdepfleger U mit einem mit Hunden offensichtlich unerfahrenen Pflegekind ohne das Beisein der Beschwerdeführerin deren umzäuntes Grundstück betreten habe. Damit sei dieser Hundebiss nicht ihrem Fehlverhalten anzulasten. Dabei übersieht die Beschwerdeführerin aber, dass normalerweise Hunde auch in einem Rudel nicht ohne weiteres auf Menschen losgehen. Zumindest hätte die Beschwerdeführerin dafür sorgen müssen, dass leicht zugängliche Teile ihres Grundstücks, wo sich die Hunde aufhalten konnten, nicht ohne weiteres betreten werden können. Daran ändert nichts, dass die Beschwerdeführerin eine Warntafel angebracht hat, denn es kann sich auch ein des Lesens unkundiges Kind auf ein Grundstück verirren, wenn es leicht zugänglich ist. Die Bissverletzung bei N ist durch das Arztzeugnis von Dr. L ebenso dokumentiert wie diejenige bei D durch Dr. Z und diejenige bei H durch Dr. O. Diese ärztlich bestätigten Bissverletzungen mögen in zwei Fällen im Rahmen eines Nachbarschaftsstreits zu sehen sein und wurden dadurch vielleicht dramatischer geschildert, als sie tatsächlich waren. An der Tatsache, dass das Formular zur Meldung von Hundebissverletzungen einmal durch einen Tierarzt und drei Mal durch Ärzte ausgefüllt wurde, alle die Hunde der Beschwerdeführerin betreffend, ändert dies nichts. Unbestritten ist zudem weiter, dass sich die Hunde der Beschwerdeführerin am 2. Februar 2013 unbemerkt vom Grundstück der Beschwerdeführerin entfernen konnten, was ja auch die Beschwerdeführerin in ihrer Eingabe an die Staatsanwaltschaft Bischofszell vom 4. April 2014 so schilderte. Wie die Hunde auf das Gelände des Nachbarn gelangten, konnte sich die Beschwerdeführerin nicht erklären. Auch mit Bezug auf das unbemerkte Entfernen der Hunde ist dies jedoch nicht der erste Vorfall, der in den Akten erwähnt wird. Hinzuweisen ist auf den Polizeirapport vom 7. September 2012, wo ein Ereignis mit dem benachbarten Landwirt T geschildert wird, als sich die Hunde der Beschwerdeführerin ebenfalls von ihrem Grundstück entfernen konnten. Sodann befindet sich in den Akten ein weiterer Vorfall vom 24. März 2013, wo es offenbar der Hündin Lara gelang, durch das offenstehende Vorplatztor zu entkommen. Danach kam es zu einem Gerangel mit dem Mischlingshund Moritz, dem Hund eines vorbeispazierenden Ehepaars. Auch dieser Vorfall ist grundsätzlich unbestritten.

3.3.3 Gestützt auf die soeben zitierten, im Recht liegenden Akten und Vorfälle ist davon auszugehen, dass die Hunde der Beschwerdeführerin sowohl Menschen als auch anderen Hunden Bissverletzungen zugefügt haben und dass mehrfach Menschen durch das Verhalten der Hunde der Beschwerdeführerin belästigt wurden. (…) Dass die Beschwerdeführerin für sämtliche ihrer sechs Hunde über einen Sachkundenachweis verfügt, beweist in dieser Hinsicht ebenfalls nichts. Sachkundenachweise werden mit jedem Hund einzeln erlangt. Zudem ist bei sechs von der Beschwerdeführerin gehaltenen Tieren auf jeden Fall von einem Rudel auszugehen und das Rudelverhalten von Hunden ist zweifelsfrei schwieriger einzuschätzen und auch zu handhaben. Für die Rudelhaltung, wozu auch das Ausführen von mehr als zwei angeleinten Hunden gleichzeitig gehört, bedarf es besonderer Kenntnisse, wie bereits in TVR 2013 Nr. 19 festgehalten. Soweit die Beschwerdeführerin auf den Freispruch vor dem Bezirksgericht Weinfelden vom 15. Januar 2015 hinweist, ändert dies nichts an der Einschätzung des Gerichts. Zum einen bezieht sich dieses Strafverfahren lediglich auf die Vorfälle vom 22. August 2012 und vom 2. Februar 2013 und zum anderen ging es in jenem Verfahren lediglich um die Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung im Sinne von Art. 125 Abs. 1 StGB. Das Urteil des Bezirksgerichts Weinfelden begründet den Freispruch nicht näher. Dieser kann erfolgt sein, weil das Gericht eine Schädigung an der Gesundheit oder am Körper eines Menschen im Sinne dieser Bestimmung nicht für gegeben erachtete oder weil das Gericht eine Pflichtverletzung als Teil des fahrlässigen Handelns für nicht gegeben ansah. Demgegenüber setzt die Bestimmung von § 7 Abs. 1 HundeG keine Pflichtverletzung vor­aus, damit die Gemeinde Massnahmen erlassen kann. Es genügt, dass durch die (mangelhafte) Haltung der Hunde Menschen oder Tiere verletzt, gefährdet oder ernsthaft belästigt werden. Dieser Sachverhalt ist bei der Beschwerdeführerin mehrfach nachgewiesen. Dass die Beschwerdeführerin für jeden Vorfall entweder ihre Nachbarn oder ein Fehlverhalten der von den Bissen Betroffenen geltend macht oder die Vorfälle bagatellisiert, zeugt eher von ihrer Uneinsichtigkeit denn von einem verantwortungsbewussten Halten eines Rudels von sechs Hunden. Zusammengefasst ergibt sich jedenfalls, dass der Tatbestand von § 7 Abs. 1 HundG erfüllt wurde und die verfahrensbeteiligte Gemeinde daher sich mit dieser Vorschrift sowie § 7 Abs. 2 HundeG auf eine genügende gesetzliche Grundlage für den Erlass von Massnahmen stützen konnte. Dass diese Massnahmen unter den gegebenen Umständen dem öffentlichen Interesse entsprechen, braucht nicht näher ausgeführt zu werden.

3.4 Zu prüfen ist jedoch, ob die angeordneten Massnahmen auch verhältnismässig sind.

3.4.1 Dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit kommt im Polizeirecht besondere Bedeutung zu. Er verlangt, dass behördliche Massnahmen im öffentlichen oder privaten Interesse geeignet und erforderlich sind und sich für die Betroffenen in Anbetracht der Schwere der Grundrechtseinschränkung zumutbar und verhältnismässig erweisen. Erforderlich ist eine vernünftige Zweck-Mittel-Relation. Eine Massnahme ist unverhältnismässig, wenn das Ziel mit einem weniger schweren Grundrechtseingriff erreicht werden kann (BGE 137 I 31 E. 7.5.2 mit Hinweis auf BGE 136 I 87 E. 3.2, Urteil des Bundesgerichts 2C_1200/2012 vom 3. Juni 2013 E. 4.3; TVR 2013 Nr. 19, E. 3.3.1).

3.4.2 Die Beschwerdeführerin wurde mit der Verfügung vom 29. April 2014 verpflichtet, nur zwei Hunde gleichzeitig zusammen auszuführen und beide jeweils an die Leine zu nehmen. Die Einschränkung, dass lediglich zwei Hunde miteinander ausgeführt werden dürfen, kann ohne weiteres mit der Tatsache begründet werden, dass ab drei Hunden bereits von Rudelverhalten auszugehen und dieses schwieriger zu kontrollieren ist als das Ausführen von zwei Hunden (vgl. hierzu TVR 2013 Nr. 19, E. 3.3.2, TVR 2003 Nr. 19, E. 3b). Die Beschwerdeführerin weist in diesem Zusammenhang auf den Entscheid des Verwaltungsgerichts TVR 2013 Nr. 19 hin, wo das Ausführen von maximal vier angeleinten Hunden durch eine Person gleichzeitig als verhältnismässig beurteilt worden sei. Die Verhältnisse dort lassen sich jedoch mit dem vorliegend zu beurteilenden Fall nicht vergleichen. In TVR 2013 Nr. 19 ging es um die Inhaberin einer Auffangstation für Tiere, wobei die Beschwerdeführerin in jenem Verfahren bereits sieben Hunde gehalten hatte und durch das Zertifikat eines Ausbildungszentrums ausweisen konnte, dass sie auch mit Bezug auf Rudelverhalten eine fachlich versierte Hundehalterin sei. Solches vermag die Beschwerdeführerin nicht nachzuweisen. Daher ist eine Beschränkung auf zwei Hunde, die gleichzeitig ausgeführt werden dürfen, angemessen. Ebenso als verhältnismässig erweist sich die generelle Anleinpflicht. Nicht in allen Fällen ist klar, welcher Hund genau für die Bissverletzung verantwortlich war. Nur in einigen Fällen konnte festgestellt werden, dass die Hündin Lara die Bissverletzungen zugefügt hatte. Insgesamt erweist sich die generelle Leinenpflicht für die Hunde der Beschwerdeführerin und die weitere Auflage, maximal zwei Hunde gleichzeitig auszuführen, unter den gegebenen Umständen als angemessen.

3.5 Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die angeordnete Massnahme sei auch deswegen nicht verhältnismässig, weil sie zeitlich unbegrenzt angeordnet worden sei. Seit den Vorfällen aus den Jahren 2012/2013 habe sich kein weiterer Vorfall ereignet. Dem ist entgegenzuhalten, dass gegen die Beschwerdeführerin am 18. September 2012 die Sofortmassnahme in Form der generellen Anleinepflicht erlassen wurde und sie nicht behauptet, sich seither nicht daran gehalten zu haben. Das Fehlen von Vorfällen seither dürfte daher nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein. Die Beschwerdeführerin behauptet auch nicht, sie habe sich nicht an diese Anordnung gehalten und es sei trotzdem nichts passiert. Abgesehen davon präsentiert sich die Situation - zumindest aus Sicht der verfahrensbeteiligten Gemeinde - heute nicht wesentlich anders als damals. Zum einen ist die Beschwerdeführerin nach wie vor Halterin eines Hunderudels mit sechs Tieren, für dessen Haltung nicht nur ausserhalb des eigenen Grundstücks, sondern auch innerhalb erhöhte Anforderungen gelten müssen, und andererseits ist auch nach wie vor nicht klar, welche Hunde im Zusammenhang mit den geschilderten Vorfällen von 2012/2013 jeweils die einzelnen Bissverletzungen verursacht haben. Unter diesen Umständen ist es nicht Sache der Gemeinde, danach zu forschen, ob sich die Verhältnisse nun derart geändert hätten, dass die angeordnete Massnahme nicht mehr verhältnismässig wäre. Im Allgemeinen endet nämlich die behördliche Untersuchungspflicht und beginnt die Mitwirkungspflicht der Verfahrensbeteiligten dort, wo keine besonderen Umstände und Anhaltspunkte in den Akten den Verwaltungsbehörden nahe legen, den vorgelegenen Sachverhalt weiter zu erforschen. Daraus folgt, dass die Beteiligten von sich aus auf besondere, den äusseren Anschein oder der allgemeinen Lebenserfahrung widersprechende Verhältnisse hinzuweisen haben (sogenannte Offenbarungspflicht; vgl. hierzu Fedi/Meyer/Müller, a.a.O., § 12 N. 5). Der Beschwerdeführerin steht es frei, mittels eines Wiedererwägungsgesuchs die Abänderung der Verfügung vom 29. April 2014 zu verlangen. Zwar besteht nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 22 VRG) grundsätzlich kein Anspruch auf ein Eintreten auf das Wiedererwägungsgesuch. Sind aber die Voraussetzungen des Widerrufs nach § 23 VRG gegeben, so hat die Behörde auf das Wiedererwägungsgesuch einzutreten, da ein Antrag des Betroffenen vorliegt und das öffentliche Interesse oder die geänderten Verhältnisse dies gebieten (Fedi/Meyer/Müller, a.a.O., § 22 N. 4, TVR 2008 Nr. 7). Eine Änderung oder der Widerruf eines Entscheids durch die Behörde, die ihn gefällt hat, kann erfolgen, sofern wichtige öffentliche Interessen dies erfordern oder sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben (§ 23 VRG). Es ist - wie erwähnt - Sache der Beschwerdeführerin, darzulegen und den Nachweis zu erbringen, dass sich die Verhältnisse wesentlich geändert haben, sie nun in der Lage ist, gleichzeitig mehr als zwei Hunde auszuführen, sich mit Rudelhaltung auskennt und deshalb von den Hunden keinerlei Gefahr mehr ausgeht. Ebenfalls hat sie zu beweisen - allenfalls mittels Fach-/Ver­haltensgutachten - dass eine Anleinpflicht ihrer Hunde nun entfallen kann.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2016.91/E vom 7. Dezember 2016

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