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TVR 2020 Nr. 8

Abgangsentschädigung; Frage einer solchen bei Beendigung des Dienstverhältnisses zufolge Ausschöpfung des maximalen Lohnbezuges wegen Unfalls oder Krankheit


§ 27 RSV


1. Das Gesetz sieht für den Fall, dass das Dienstverhältnis zufolge Ausschöpfung des maximalen Lohnbezuges wegen Unfalls oder Krankheit endet, keine Abgangsentschädigung vor.

2. Im Unterschied zum in TVR 2011 Nr. 12 publizierten Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2010.188/E vom 13. Juli 2011 kann für die vorliegend zu beurteilende Konstellation auch nicht davon gesprochen werden, dass eine vom Verordnungsgeber nicht bedachte Lücke vorliegt, die in Analogie und im Sinne von § 27 Abs. 1 RSV zu füllen wäre.


A wurde mit Entscheid des AWA vom 17. Mai 2002 angestellt. Am 29. Januar 2019 hielt das AWA fest, das Dienstverhältnis mit A ende per 30. April 2019 aufgrund der Erschöpfung des Lohnanspruchs bei Krankheit. Das Amt dankte A für die geleistete Arbeit und die langjährige Treue. Die A noch zustehenden Mehrstunden und ihr Ferienanspruch würden mit dem Lohnlauf April 2019 ausbezahlt. Am 26. April 2019 stellte A beim AWA einen Antrag auf Prüfung einer Abgangsentschädigung. Das AWA wies das Gesuch am 8. August 2019 ab. Gegen den ablehnenden Rekursentscheid der Personalrekurskommission vom 28. Februar 2020 gelangte A ans Verwaltungsgericht, welches ihre Beschwerde abweist.

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdeführerin verlangt die Ausrichtung einer Abgangsentschädigung in Höhe von 6 Monatslöhnen. Demgegenüber vertreten Vorinstanz und verfahrensbeteiligtes Amt die Auffassung, die Voraussetzungen für eine Abgangsentschädigung seien nicht gegeben.

3.
3.1 Zur "Beendigung des Dienstverhältnisses" hält die RSV unter dem Titel "4.1 Allgemeines" fest, dass das Dienstverhältnis unter anderem durch Kündigung (§ 17 Abs. 1 Ziff. 1 RSV), im gegenseitigen Einvernehmen (§ 17 Abs. 1 Ziff. 3 RSV) oder mit Ablauf der maximalen Lohnfortzahlung infolge von Unfall oder Krankheit im Sinne von § 20 BesVO endet (§ 17 Abs. 1 Ziff. 4 RSV). § 20 BesVO sieht bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit oder Unfalls einen Leistungsanspruch in zeitlicher Hinsicht vor. Während zwölf Monaten werden Leistungen in der Höhe von 100% und anschliessend während zwölf Monaten in der Höhe von 80% der bisherigen Besoldung ausgerichtet. § 30 Abs. 1 RSV bestimmt unter dem Titel "4.6 Beendigung bei Arbeitsunfähigkeit zufolge Krankheit und Unfall" ergänzend bzw. präzisierend, sofern eine Weiterbeschäftigung mit reduziertem Beschäftigungsgrad nicht möglich sei, ende das Dienstverhältnis bei voller oder teilweiser Arbeitsunfähigkeit mit dem Erlöschen des maximalen Anspruchs auf Leistungen bei Krankheit und Unfall unter Berücksichtigung einer allfälligen Wiederherstellung.

3.2 Unter dem Titel "4.4. Kündigungsschutz und Folgen der Beendigung von Dienstverhältnissen" regelt die RSV in § 25 RSV die Kündigung zur Unzeit und unter § 26 RSV die Folgen bei missbräuchlicher oder ungerechtfertigter Kündigung, wobei für die Folgen und die Verwirkung solcher Ansprüche gemäss § 26 Abs. 1 RSV die Bestimmungen des OR sinngemäss gelten.

§ 27 RSV regelt sodann unter der Überschrift "§ 27 Abgangsentschädigung in Härtefällen" Folgendes:

1Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, deren Dienstverhältnis durch den Kanton gekündigt oder auf Veranlassung des Kantons im gegenseitigen Einvernehmen aufgelöst wird, ohne dass sie dazu durch ihre Leistungen oder ihr Verhalten begründeten Anlass gegeben haben, kann unter folgenden Voraussetzungen eine Abgangsentschädigung ausgerichtet werden:

1. das Dienstverhältnis hat bis zur Auflösung ununterbrochen während mindestens fünf Jahren bestanden und
2. die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter hat im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses das 55. Altersjahr
vollendet und
3. die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter hat im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses das 63. Altersjahr noch nicht vollendet.

1bisKeine Abgangsentschädigung wird ausgerichtet, wenn eine zumutbare Anschlussbeschäftigung vorliegt oder seitens des Kantons eine andere zumutbare Funktion oder Stelle angeboten wurde. Von der gesuchstellenden Person kann der Nachweis verlangt werden, dass sie sich intensiv um eine neue Stelle bemüht hat.

§ 27a RSV regelt Sonderleistungen anstelle einer Abgangsentschädigung bei vorzeitiger Pensionierung. § 28 RSV thematisiert den Sozialplan.

4. Vorliegend ist unbestritten, dass mit in Rechtskraft erwachsenem Entscheid des verfahrensbeteiligten Amtes vom 29. Januar 2019 festgehalten wurde, das Dienstverhältnis mit der Beschwerdeführerin ende aufgrund der Erschöpfung des Lohnanspruchs bei Krankheit gestützt auf § 30 RSV per 30. April 2019. Unbestritten ist auch, dass die Beschwerdeführerin den maximalen Lohnbezug gemäss § 20 BesVO ausgeschöpft hat, mithin die Voraussetzungen für eine Beendigung des Dienstverhältnisses von Gesetzes wegen im Sinne von § 17 Abs. 1 Ziff. 4 RSV i.V. mit § 20 BesVO bzw. gemäss § 30 RSV gegeben waren, ohne dass ein Grund für eine Wiederherstellung bestanden hätte. Ebenso ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin das Gesuch um Ausrichtung einer Abgangsentschädigung rechtzeitig im Sinne von § 27 Abs. 3bis RSV gestellt hat.

5. Wie die obigen Erwägungen (E. 3) deutlich machen, sieht das Gesetz für den Fall, dass das Dienstverhältnis zufolge Ausschöpfung des maximalen Lohnbezuges wegen Unfall oder Krankheit endet, keine Abgangsentschädigung vor. Zwar wird § 27 RSV unter dem Titel "Kündigungsschutz und Folgen der Beendigung von Dienstverhältnissen" angeführt. Der Wortlaut von § 27 Abs. 1 RSV knüpft aber ausdrücklich nur an den Fall einer durch den Kanton erfolgten Kündigung oder an einer auf Veranlassung des Kantons im gegenseitigen Einvernehmen erfolgten Auflösung des Dienstverhältnisses an (E. 3.2 vorstehend). Eine solche Konstellation liegt hier nicht vor. Es ist weder eine einseitige Kündigung erfolgt, noch wurde das Dienstverhältnis auf Veranlassung des Staates in gegenseitigem Einvernehmen aufgelöst. Vielmehr endete das Dienstverhältnis ex lege zufolge Ausschöpfung des maximalen Lohnfortzahlungsanspruchs bei Krankheit.

6. Daran ändern auch die von der Beschwerdeführerin erhobenen Vorwürfe nichts. Es sind keine oder zumindest keine genügenden Anhaltspunkte auszumachen, welche darauf schliessen liessen, dass trotz des unbestrittenermassen zufolge Ausschöpfung des maximalen Lohnfortzahlungsanspruchs bei Krankheit und damit von Gesetzes wegen (§ 17 Abs. 1 Ziff. 4 RSV bzw. § 30 RSV) eingetretenen Endes des Dienstverhältnisses zur Beschwerdeführerin faktisch von einer Kündigung des Dienstverhältnisses durch den Staat - oder zumindest von einer durch den Staat veranlassten Kündigung - auszugehen wäre. Selbst wenn - was nicht nachgewiesen ist - dem Staat als Arbeitgeber die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Versäumnisse im Zusammenhang mit der Lösung eines Konflikts am Arbeitsplatz vorzuwerfen wären, bliebe es dabei, dass dennoch keine Kündigung erfolgte und die Beschwerdeführerin trotzdem nicht zu einer Aufhebung des Dienstverhältnisses in gegenseitigem Einvernehmen veranlasst worden ist. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht von sich aus eine vorzeitige Beendigung des Dienstverhältnisses (vor Ausschöpfung ihres Lohnfortzahlungsanspruchs) in Betracht gezogen - weder wegen der von ihr beanstandeten Bewerbung ihrer Casemanagerin beim verfahrensbeteiligten Amt während des laufenden Casemanagementverfahrens, noch zufolge der von ihr geltend gemachten Konfliktsituation am Arbeitsplatz.

7. Im Unterschied zum in TVR 2011 Nr. 12 publizierten Entscheid des Verwaltungsgerichts vom 13. Juli 2011 (VG.2010.188/E) kann für die vorliegend zu beurteilende Konstellation auch nicht davon gesprochen werden, dass eine vom Verordnungsgeber nicht bedachte Lücke vorliegt, die in Analogie und im Sinne von § 27 Abs. 1 RSV zu füllen wäre (vgl. TVR 2011 Nr. 12 E. 5.3.2). Im in TVR 2011 Nr. 12 beurteilten Fall ging es um einen auf eine Amtsdauer von vier Jahren gewählten Richter, dessen Dienstverhältnis zufolge einer Justizreorganisation vorzeitig endete. Während es sich rechtfertigte, die singuläre Situation einer solchen Justizreform als vom Verordnungsgeber in § 27 RSV nicht bedachte Konstellation zu qualifizieren, ist dies für die vorliegend zu beurteilende, nicht selten vorkommende Konstellation, dass zufolge einer Erkrankung ein Arbeitsverhältnis nach Ausschöpfen des Lohnfortzahlungsanspruchs endet, nicht der Fall. Dies auch dann nicht, wenn im Rahmen einer solchen Beendigung des Dienstverhältnisses gewisse Differenzen auftreten. Vielmehr enthält das kantonale Personalrecht Bestimmungen zu den Folgen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit inklusive daraus resultierender Ansprüche und inklusive Regelung der Beendigung des Dienstverhältnisses in einem solchen Fall (vgl. E. 3.1 vorstehend). Die RSV regelt zudem in § 26 RSV die Rechtsfolgen einer missbräuchlichen oder ungerechtfertigten Kündigung. Es besteht daher im vorliegenden Fall kein Anlass von einer durch analoge Anwendung von § 27 RSV zu schliessenden Lücke auszugehen.

8. Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass die Voraussetzungen für die Ausrichtung einer Abgangsentschädigung an die Beschwerdeführerin nicht gegeben sind. Damit erweist sich die Beschwerde als unbegründet und ist abzuweisen.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2020.80/E vom 9. September 2020

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