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TVR 2021 Nr. 11

Voraussetzungen für den Erlass eines Anleingebots oder Betretverbots, Auslegung des Begriffs "Orte" in § 3 Abs. 3 HundeG; Ausstandspflicht eines Behördenmitglieds


§ 3 HundeG, § 7 Abs. 1 Ziff. 4 VRG


1. Politische Behörden (Kantonsregierungen, Gemeindeexekutiven usw.) sind aufgrund ihres Amtes, anders als ein Gericht, nicht allein zur (neutralen) Rechtsanwendung oder Streitentscheidung berufen. Sie tragen zugleich eine besondere Verantwortung für die Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben (E. 2).

2. Der Begriff "Orte" in § 3 Abs. 3 HundeG umfasst nach Sinn und Zweck des Gesetzes nicht nur Orte im grammatikalischen Sinn, sondern auch Gebiete. Ob für einen grösseren Teil eines Gemeindegebietes eine Leinenpflicht verfügt werden darf, ist unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit zu prüfen (E. 3.5).

3. Durch ein Anleingebot wird ein Hundehalter weder in seiner persönlichen Freiheit noch in seiner Eigentumsgarantie tangiert (E. 3.7).


Am 20. Februar 2019 beschloss der Gemeinderat der Politischen Gemeinde V einstimmig die Einführung einer Leinenpflicht für einen bestimmten Teilbereich des Gemeindegebiets. Den gegen die entsprechende Allgemeinverfügung erhobenen Rekurs vom 25. März 2019 wies das DIV mit Entscheid vom 1. September 2020 ab. Das Verwaltungsgericht weist die hiergegen erhobene Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Der Beschwerdeführer rügt in formeller Hinsicht eine Verletzung der Ausstandspflicht durch den Gemeindepräsidenten der verfahrensbeteiligten Gemeinde. Es bestehe der Anschein einer Befangenheit, da dieser zugleich aktiver Jäger und Obmann der Jagdgesellschaft V sei. Er sei als engagierter und aktiver Jäger zudem im betreffenden Gebiet präsent und würde in dieser Funktion auch selber überwachen und kontrollieren, was die Gemeinde anordne. Als Jäger habe er ausserdem ein Interesse an der Vermeidung jeglicher vermeintlichen Störungen des Wildes durch möglicherweise freilaufende Hunde.

2.2 Gemäss § 7 Abs. 1 VRG müssen Behördenmitglieder und Personen, die von Kanton oder Gemeinde gewählt, angestellt oder beauftragt sind, von Amtes wegen insbesondere in Verfahren in den Ausstand treten, in denen sie ein persönliches Interesse haben oder aus anderen Gründen befangen sind (§ 7 Abs. 1 Ziff. 4 VRG). Nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat der Einzelne Anspruch darauf, dass seine Sache von einem durch Gesetz geschaffenen, zuständigen, unabhängigen und unparteiischen Gericht ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Für nicht gerichtliche Behörden enthält Art. 29 Abs. 1 BV eine analoge Garantie. Allerdings kann die Rechtsprechung zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit von Gerichtsbehörden nicht ohne weiteres auf erstinstanzliche Verwaltungsverfahren übertragen werden. Vielmehr müssen die Anforderungen an die Unparteilichkeit von Verwaltungs- und Exekutivbehörden unter Berücksichtigung ihrer gesetzlich vorgegebenen Funktion und Organisation ermittelt werden (TVR 2017 Nr. 4 E. 2.2.1). Der Anspruch auf eine unbefangene Entscheidinstanz ist formeller Natur. Ein Entscheid, der in Missachtung der Ausstandsvorschriften getroffen wird, ist deshalb regelmässig unabhängig von den Erfolgsaussichten in der Sache selbst aufzuheben (Urteil des Bundesgerichts 1C_96/2014 vom 5. Mai 2014 E. 2.5, vgl. auch TVR 2012 Nr. 2 E. 5.1 und TVR 2014 Nr. 1 E. 2.1.1). Entgegen dem Gesetzestext von § 7 Abs. 1 Ziff. 4 VRG ist keine tatsächliche Befangenheit erforderlich. Es genügt, dass bei objektiver Betrachtungsweise Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und der Gefahr der Voreingenommenheit zu begründen vermögen, auch wenn diese vielleicht gar nicht vorliegen (TVR 2014 Nr. 1 E. 2.1.3, mit Hinweis auf BGE 131 I 113 E. 3.4).

2.3 Im Gegensatz zu den Gerichten üben die Behörden, welche im Allgemeinen als Hauptfunktion Regierungs-, Verwaltungs- oder leitende Aufgaben zu erfüllen oder eine Parteirolle im Verfahren zu übernehmen haben, nur gelegentlich die Funktion aus, Streitigkeiten zu entscheiden. Nach der bundesgerichtlichen Praxis können Stellung und Aufgaben von Regierungs- und Verwaltungsbehörden eine differenzierte Ausstandsregelung nahe legen. Politische Behörden (Kantonsregierungen, Gemeindeexekutiven usw.) sind aufgrund ihres Amtes, anders als ein Gericht, nicht allein zur (neutralen) Rechtsanwendung oder Streitentscheidung berufen. Sie tragen zugleich eine besondere Verantwortung für die Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben (Urteil des Bundesgerichtes 2A.364/1995 vom 14. Februar 1997, in ZBl 99/1998 S. 289, E. 3b). Das Bundesgericht hat denn auch wiederholt entschieden, dass Behördenmitglieder nur dann in den Ausstand zu treten haben, wenn sie an der zu behandelnden Sache ein persönliches Interesse haben (BGE 107 Ia 135 E. 2b; BGE 125 I 119 E. 3b-e). Nimmt ein Behördenmitglied jedoch öffentliche Interessen wahr, so besteht grundsätzlich keine Ausstandspflicht (Urteil des Bundesgerichts 1P.316/2003 vom 14. Oktober 2003 E. 3.6.1).

2.4 Wie dem Protokollauszug der Gemeinderatssitzung vom 20. Februar 2019 sowie der Stellungnahme der verfahrensbeteiligten Gemeinde im Rekursverfahren zu entnehmen ist, hat diese die vorliegend umstrittene Leinenpflicht im Wesentlichen aufgrund der Nähe des betroffenen Gebiets zum Auenschutzgebiet, zum Schutz der Hunde selbst sowie infolge einer Anhäufung von gerissenen Rehen erlassen. Sämtliche dieser Interessen stellen öffentliche Interessen dar, welche auch durch das HundeG selbst geschützt werden. So sind Hunde nach § 1 Abs. 1 HundeG grundsätzlich in der Weise zu halten, dass Mensch und Tier nicht gefährdet oder belästigt werden. § 2 Abs. 2 Ziff. 2 HundeG normiert zudem den Grundsatz, dass Hunde in Wäldern und an Waldrändern sowie zur Nachtzeit im Freien nicht unbeaufsichtigt sein dürfen. Insofern stellen sowohl der Schutz von (Wild-) Tieren als auch die Nähe des betroffenen Gebiets zum Auenschutzgebiet gewichtige und schützenswerte öffentliche Interessen dar. Demgegenüber ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass Jäger grundsätzlich durchaus ein persönliches Interesse an der Vermeidung von Störungen des Wildes durch freilaufende Hunde haben. Dieses Interesse eines Jägers deckt sich im Wesentlichen jedoch mit dem öffentlichen Interesse am Schutz von Wildtieren. Ein allfälliges persönliches Interesse des Gemeindepräsidenten der verfahrensbeteiligten Gemeinde, welches er aufgrund seiner angeblichen Tätigkeit als Obmann der Jagdgesellschaft V haben sollte, würde folglich in einem gewichtigeren öffentlichen Interesse aufgehen. Unerheblich ist dabei, ob die Jägerschaft über das Vorhaben der Gemeinde informiert war oder nicht. Ebenso unerheblich ist, von wem der Antrag in den Gemeinderat eingebracht wurde bzw. ob der Gemeinderat im Ressortsystem organisiert ist. Die Vorinstanz hat mit Blick auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung schliesslich auch zu Recht darauf hingewiesen, dass nicht jeder potentielle Interessenkonflikt einer Amtsperson gleich einen Ausstandsgrund darstellt, weil dadurch die Handlungsfähigkeit des Gemeinderats als Exekutivorgan regelmässig in Frage gestellt werden könnte. Im Übrigen ist nicht davon auszugehen, dass der Gemeinderat V einen anderen Entscheid gefällt hätte oder fällen würde, wenn der Gemeindepräsident formell im Ausstand wäre, nachdem die angefochtene Allgemeinverfügung einstimmig erlassen wurde. Vor diesem Hintergrund ist das Ausstandsbegehren abzuweisen.

3.
3.1 (...)

3.2 Die Leinenpflicht für Hunde wird in § 3 HundeG geregelt. Gemäss § 3 Abs. 1 HundeG sind Hunde in Park-, Schul-, Spiel- oder Sportanlagen sowie an verkehrsreichen Strassen an der Leine zu führen. § 3 Abs. 2 HundeG sieht darüber hinaus ein Verbot vor, Hunde in Kirchen, Friedhöfen, Spital- oder Badeanlagen mitzuführen. Nach § 3 Abs. 3 HundeG können die Gemeinden für weitere Orte Anleingebote oder Betretverbote erlassen. Solche Orte sind mit Verbots- oder Hinweistafeln zu bezeichnen.

3.3 Der Beschwerdeführer stellt sich auf den Standpunkt, dass die verfahrens-beteiligte Gemeinde gar nicht befugt gewesen sei, einen Leinenzwang für das hier interessierende Gebiet anzuordnen. Das Gesetz spreche von "Orten". Der Begriff bedeute einen lokalisierbaren, bestimmten Platz oder eine besondere Stelle. Es müsse sich demnach um analoge Stellen wie in den Absätzen 1 und 2 von § 3 HundeG handeln. Folglich dürfe nicht für einen Teil oder das gesamte Gemeindegebiet eine Leinenpflicht verfügt werden. Die Leinenpflicht bzw. der Leinenzwang dürfe sich stattdessen nur auf Einzelobjekte und nicht auf grossflächige Gebiete beziehen. Die extensive Auslegung durch die verfahrensbeteiligte Gemeinde finde im Recht keine Stütze.

3.4 (...)

3.5 Den Materialien kann nichts dazu entnommen werden, ob es sich bei den "Orten" in § 3 Abs. 3 HundeG (ausschliesslich) um Einzelobjekte oder um grossflächigere Gebiete handelt bzw. handeln kann. Der Begriff "Ort" bezieht sich nach Duden bzw. Wikipedia grundsätzlich lediglich auf ein relativ klar definiertes oder definierbares Einzelobjekt. Im Rahmen einer systematischen Auslegung von § 3 HundeG ist jedoch festzustellen, dass die "Orte" in den Absätzen 1 und 2 von § 3 HundeG nicht bloss als klar definierbare Einzelobjekte im Sinne des Dudens und Wikipedia anzusehen sind. Dies gilt namentlich für "verkehrsreiche Strassen" und "Parkanlagen", welche eher als Gebiet denn als Ort nach der Definition des Dudens und Wikipedia bezeichnet werden müssen. Für eine teleologische Auslegung von § 3 Abs. 3 HundeG sind sodann auch § 1 Abs. 1 und § 2 HundeG zu berücksichtigen, welche die Grundsätze für die Haltung und Beaufsichtigung von Hunden näher umschreiben. Gemäss § 1 Abs. 1 HundeG sind Hunde so zu halten, dass Mensch und Tier nicht gefährdet oder belästigt werden, wobei Hundehalter für eine angemessene Überwachung der Hunde zu sorgen haben (§ 2 Abs. 1 HundeG). § 2 Abs. 2 Ziff. 2 HundeG hält zudem ausdrücklich fest, dass Hunde in Wäldern und an Waldrändern zu beaufsichtigen sind. In Anbetracht dieser vom HundeG normierten Grundsätze für die Haltung und Beaufsichtigung von Hunden sowie der Systematik von § 3 HundeG würde eine zu einschränkende grammatikalische Auslegung des Begriffs "Ort" in § 3 Abs. 3 HundeG dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufen, zumal vorliegend ein Gebiet zur Diskussion steht, welches unmittelbar an einen Wald grenzt. Vor diesem Hintergrund ist nicht zu beanstanden, wenn die verfahrensbeteiligte Gemeinde und damit auch die Vorinstanz davon ausgegangen sind, dass eine Leinenpflicht bzw. ein Leinenzwang auch für ein grösseres Gebiet verfügt werden kann. Eine entsprechende Auslegung von § 3 Abs. 3 HundeG ist weder willkürlich noch liegt ein Ermessenfehler vor. Ob für einen grösseren Teil des Gemeindegebietes eine Leinenpflicht verfügt werden darf, beschlägt somit nicht die Frage der Auslegung von § 3 Abs. 3 HundeG, sondern ist stattdessen unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit zu prüfen. Im Übrigen gilt es festzuhalten, dass auch grössere Flächen bzw. Gebiete klar definiert werden können, wie dies beispielsweise auch bei einem Naturschutzgebiet der Fall ist. Das fragliche Gebiet kann aufgrund seiner Lage nördlich von X und südlich von Y relativ leicht abgegrenzt werden und verfügt darüber hinaus nur über eine beschränkte Anzahl an Zugängen. Für eine eindeutige Abgrenzung des von der Leinenpflicht betroffenen Gebiets ist zusätzlich das Anbringen von expliziten Verbots- oder Hinweistafeln vorgesehen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers war bzw. ist die verfahrensbeteiligte Gemeinde im Anwendungsbereich von § 3 HundeG insgesamt zuständig, ein (klar definiertes) Gebiet auszuscheiden, in welchem eine Leinenpflicht gilt.

3.6 Weiter verlangt der Beschwerdeführer, dass bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein müssten, damit die Gemeindebehörde überhaupt ein Anleingebot oder Betretverbot gemäss § 3 HundeG erlassen könne. Obschon § 3 HundeG selbst keine ausdrücklichen Voraussetzungen enthält, lassen sich solche dennoch aus den weiteren Bestimmungen des HundeG ableiten. Selbstredend steht der Schutz von (Wild-)Tieren, welcher sowohl im HundeG als auch im TG WaldG postuliert wird, im Vordergrund, zumal offenbar wiederholt Fallwild mit Bissspuren festgestellt werden musste, die von Hunden stammen könnten. Neben dem Schutz der Wildtiere kann zudem auch der Schutz der Hunde selber (vor Wildtieren, aber auch vor anderen Hunden) einen Grund für die Einführung einer Leinenpflicht auf einem bestimmten Gebiet darstellen. Gemäss den Ausführungen der verfahrensbeteiligten Gemeinde im Rekursverfahren habe es im von der Leinenpflicht betroffenen Gebiet bereits einen Angriff von Wildschweinen auf einen Hund gegeben, welcher dabei schwer verletzt worden sei. Eine Leinenpflicht im fraglichen Gebiet kann somit sowohl dem Wildtier- als auch dem Hundeschutz dienen. Darüber hinaus gilt es darauf hinzuweisen, dass mit der Leinenpflicht auch andere Zwecke als der Schutz von (Wild-)Tieren verfolgt werden können, so namentlich bei den in § 3 Abs. 1 und 2 HundeG bezeichneten Orten und Gebieten. Neben Konflikten zwischen Hundehaltern und Jägern sind auch potentielle Konflikte zwischen Hundehaltern und Spaziergängern, Joggern und Radfahrern sowie Landwirten auszumachen. Auch die Vermeidung solcher Konflikte darf mit einer Leinenpflicht verfolgt werden. Ferner gilt es darauf hinzuweisen, dass sich der präventive Schutz des Wildes nicht primär an die mit angemessener Sorgfalt agierenden Halter gut erzogener Hunde, sondern an die Halter von Hunden, welche ungenügend erzogen sind, richtet. Dabei ist hinzunehmen, dass Vorschriften und Regeln auch diejenigen treffen, welche grundsätzlich keinen Anlass zu Beanstandungen geben. Weiter darf auch berücksichtigt werden, dass das ausgeschiedene Gebiet an ein Auenschutzgebiet grenzt bzw. teilweise bereits Teil dessen ist, wo ohnehin eine Leinenpflicht gilt. Die Gemeinde stellte offenbar auch Ausweichbewegungen von Hundehaltern von C auf das Gemeindegebiet der verfahrensbeteiligten Gemeinde fest, wobei das kantonale Forstamt gleichzeitig eine vermehrte Flucht von Wildtieren aus der verfahrensbeteiligten Gemeinde in Richtung C beobachten konnte. Insofern bestehen durchaus sachliche Gründe und damit eben auch gewichtige öffentliche Interessen am Erlass einer Leinenpflicht im fraglichen Gebiet, was offenbar auch vom kantonalen Forstamt als Massnahme zur «Beruhigung» begrüsst wird. Zudem könne mit dem Anleingebot das Schutzziel des Auengebietes besser erreicht werden, und dieses erfahre eine Aufwertung. (...) Ferner gilt es zu berücksichtigen, dass auch auf Landwirtschaftsflächen eine ständige Überwachung von Hunden nicht möglich ist, wenn beispielsweise Korn und Mais hochstehen. Dazu kommt, dass insbesondere auch die Landwirte ein Interesse daran haben dürften, dass ihre Felder und Wiesen nicht von freilaufenden Hunden verunreinigt werden.

3.7
3.7.1 Schliesslich macht der Beschwerdeführer eine Verletzung von Grundrechten geltend, wobei er nicht genauer darlegt, welches Grundrecht in welcher Form verletzt sein soll. Der Beschwerdeführer erwähnt unter anderem die Eigentumsgarantie (Art. 26 BV) und die persönliche Freiheit (Art. 10 BV). Bezüglich der persönlichen Freiheit hat das Bundesgericht in E. 4.2 seines Urteils 2C_81/2008 vom 21. November 2008 festgehalten, es falle ausser Betracht, das Grundrecht der persönlichen Freiheit dahingehend auszuweiten, dass die darin enthaltene Bewegungsfreiheit das Recht beinhalte, mit einem Hund zu spazieren und Zutritt zu allen öffentlichen Parkanlagen zu haben. Ein kommunales Reglement, das dies ausschliesse, betreffe die persönliche Freiheit des betreffenden Beschwerdeführers und Hundehalters nicht. Dieser könne sich weiterhin frei bewegen, bloss sei es ihm nicht mehr möglich, in einigen Parks mit seinem Hund zu spazieren. In E. 3.2 seines Urteils 1C_195/2019 vom 29. Januar 2020 führte das Bundesgericht weiter aus, dass die persönliche Freiheit nicht tangiert wird, wenn es einem Hundehalter einzig in Begleitung seines Hundes verwehrt wird, gewisse Orte ohne Einwilligung des Berechtigten zu betreten. Entsprechend der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die persönliche Freiheit des Beschwerdeführers durch die vorliegend strittige Leinenpflicht auf einem klar definierten und abgegrenzten Teilgebiet der verfahrensbeteiligten Gemeinde nicht tangiert, zumal dieser sich trotz der Leinenpflicht grundsätzlich nach wie vor frei bewegen kann. Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer angerufenen Eigentumsgarantie ist festzuhalten, dass nicht etwa die Entziehung eines Hundes zur Diskussion steht (vgl. dazu Urteil des Bundesgerichts 2C_1200/2012 vom 3. Juni 2013 E. 4 mit Hinweisen). Vielmehr geht es einzig um die Einschränkung des Zugangs zu gewissen Orten bzw. um die Pflicht, den Hund vorher anzuleinen. Dadurch wird die bestimmungsgemässe Nutzung des Eigentums bzw. der tiergerechte Umgang mit dem Hund nicht verunmöglicht oder übermässig erschwert, weshalb die Eigentumsgarantie vorliegend ebenfalls nicht tangiert ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_195/2019 vom 29. Januar 2020 E. 3.3 mit Hinweis auf BGE 131 I 12 E. 1.3).

3.7.2 Selbst wenn eines der vom Beschwerdeführer angerufenen Grundrechte tangiert wäre, bestünde für die Einschränkung mit § 3 Abs. 3 HundeG eine ausreichende gesetzliche Grundlage. Überdies besteht ein öffentliches Interesse am Schutz von Wildtieren, aber auch an der Vermeidung von Konflikten mit Landwirten, Reitern, Spaziergängern, Radfahrern und Joggern. Der Leinenzwang ist im vorliegend zu beurteilenden Gebiet erforderlich und nötig, um Konflikte verschiedener Kategorien von Nutzungen zu vermeiden bzw. zu entschärfen. Er ist zudem auch verhältnismässig im engeren Sinn, nachdem die hier vorgesehene Fläche wie erwähnt an andere Naturschutz- bzw. Auenschutzgebiete grenzt. Eine Beschränkung der Leinenpflicht auf das Waldstück W entsprechend dem Eventualantrag wäre vor diesem Hintergrund ungenügend bzw. unzweckmässig. Wie bereits dargelegt ist das vorgesehene Gebiet aufgrund der bereits bestehenden Beschränkung durch Y und X relativ einfach abgrenzbar und definierbar. Aufgrund der Lage des vorgesehenen Gebiets ist ausserdem auch die Anzahl an Zugängen beschränkt, welche zusätzlich mit Hinweistafeln versehen werden können. Schliesslich verbleiben auf dem Gebiet der verfahrensbeteiligten Gemeinde genügend Gebiete, in welchen Hunde weiterhin frei laufen gelassen werden können, so namentlich südlich von X zwischen dem Siedlungsgebiet und Z. Damit müssen Hundehalter auch nicht auf andere Gemeinden ausweichen. Das erlassene Anleingebot erweist sich somit insgesamt als verhältnismässig und verfassungskonform.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2020.143/E vom 31. März 2020

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