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TVR 2021 Nr. 36

Abzug von Liegenschaftsunterhaltskosten, Mängelbehebung


Art. 32 Abs. 2 DBG, § 34 Abs. 1 Ziff. 1 StG


Aufwendungen für die Beseitigung von verborgenen Mängeln stellen keine Liegenschaftsunterhaltskosten dar. Hingegen handelt es sich bei Auslagen für die Behebung von Schäden, welche als Folge konstruktiver Mängel an einer Liegenschaft entstehen, um Unterhalt.


Die Rekurrentin bzw. Beschwerdeführerin (nachfolgend: Rekurrentin) liess das Vordach sowie die Dachrinne ihrer Liegenschaft sanieren. Hierfür deklarierte sie in der Steuererklärung 2019 Unterhaltskosten in Höhe von Fr. 40'760.--, welche von der Vorinstanz nicht als solche anerkannt wurden. Anlässlich des Einspracheverfahrens liess die Vorinstanz die Auslagen für die Beseitigung der Schäden, welche als Folge der mangelhaften Dachrinne entstanden sind, zum Abzug zu und hiess die Einsprache teilweise gut. Die gegen diesen Entscheid erhobenen Rechtsmittel weist die Steuerrekurskommission ab.

Aus den Erwägungen:

4. Von den steuerbaren Einkünften können unter anderem die Kosten für den Unterhalt von Liegenschaften abgezogen werden (§ 34 Abs. 1 Ziff. 1 StG, Art. 32 Abs. 2 DBG). (…)

4.1 (…)

4.2 Nicht abzugsfähig sind die sich aus der Korrektur eines nach der Erstellung bzw. dem Erwerb einer Liegenschaft entdeckten verdeckten Mangels ergebenden Aufwendungen. Sie stellen aufgrund des objektiven Nutzungswertprinzips Wertvermehrungen dar und sind für den Eigentümer Kapitalverluste (Zwahlen/Lissi, in: Zweifel/Beusch [Hrsg.], Kommentar zum Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 3. Aufl., Basel 2017, Art. 32 N. 17).

4.2.1 Die Aufwendungen für die Beseitigung von verborgenen Mängeln sind keine Unterhaltskosten. Es handelt sich hierbei nicht um Kosten, die einen bereits vorher beim Steuerpflichtigen vorhandenen Wert wiederherstellen, denn der effektive Wert der Liegenschaft war als Folge des ihr innewohnenden Mangels schon im Zeitpunkt der Fertigstellung bzw. des Erwerbs reduziert. Diese Aufwendungen dienen daher vielmehr dazu, der Liegenschaft denjenigen Wert zu geben, den sie nach der Ansicht des Eigentümers im Zeitpunkt der Erstellung bzw. des Erwerbs hätte haben sollen, aber wegen des verdecken Mangels nicht hatte. (…) (Egloff, in: Klöti-Weber/Siegrist/Weber [Hrsg.], Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, 4. Aufl., Muri-Bern 2015, § 39 N. 68 f.).

4.3 (…)

5.
5.1 Die Rekurrentin bringt vor, sie habe die 14-jährige Dachrinne sanieren lassen, da das Material des Vordachs zu faulen begonnen habe und die Dachrinne das Meteorwasser nicht mehr korrekt habe abführen können. Die Dachrinne und das Vordach hätten bis zur Sanierung den angedachten Zweck tadellos erfüllt. Zum Beweis legte sie eine Kostenzusammenstellung der ausgeführten Arbeiten und Materialien, eine Fotodokumentation des Vordaches und der Dachrinne vor, während und nach der Sanierung sowie die E-Mail des mit der Sanierung beauftragten Dachdeckers/Spenglers X vom 20. September 2019 ins Recht.

5.2 Der Dachdecker/Spengler X hielt in seiner E-Mail fest, er sei davon überzeugt, dass das Vordach von Anfang an "nicht funktioniert" habe. Ansonsten wäre die Untersichtträgerplatte nicht an diversen Stellen total morsch gewesen. (…) Die Einschätzung des mit der Sanierung des Vordaches und der Dachrinne beauftragten Handwerkers ist zumindest als Indiz für das Vorliegen eines ab Fertigstellung des Hauses bestehenden Konstruktionsfehlers zu werten und in der vorliegenden Beurteilung zu berücksichtigen. So war es die Rekurrentin, die die E-Mail von Herrn X vom 20. September 2019 zum Beweis ihrer Vorbringen ins Recht legte. Alsdann stellte die Rekurrentin in ihrer E-Mail an die Vorinstanz vom 28. Mai 2020 auf die Einschätzung des Handwerkers ab. Sie führte darin an, es habe sich herausgestellt, dass die beim Bau der Liegenschaft gewählte Lösung nicht funktioniert habe.

5.3 Die Vorinstanz macht geltend, die strittigen Aufwendungen seien bereits 13 Jahre nach Fertigstellung des Hauses erfolgt. Die Lebensdauer von Dachrinnen liege je nach Material bei mindestens 20 bis 40 Jahren und diejenige von Ziegeldächern bei 40 bis 50 Jahren. Es ist davon auszugehen, dass sie dabei auf die paritätische Lebensdauertabelle des Mieterinnen- und Mieterverbands Deutschschweiz (MVD) sowie des Schweizerischen Hauseigentümerverbands (HEV) abstellte. Der Beizug dieser Tabelle ist in der Praxis insbesondere für die Beurteilung der Lebensdauer einer Gebäudehülle üblich (vgl. E. 4.4), weshalb diese Vorgehensweise grundsätzlich nicht zu beanstanden ist.
Dass die Dachrinne und das Vordach bereits vor Ablauf der erwarteten Lebensdauer ersetzt werden mussten, lässt - unter Berücksichtigung des bisher Ausgeführten - den Schluss zu, dass es sich bei der ursprünglichen Ausführung des Vordaches und der Dachrinne tatsächlich um einen Konstruktionsfehler handelte respektive dass die streitgegenständliche Liegenschaft bereits ab deren Fertigstellung mit einem Mangel behaftet war. Hierfür spricht auch, dass sich die neue Konstruktion in nicht unerheblichem Ausmass von der alten Konstruktion unterscheidet, was unbestritten ist und sich ebenfalls aus der Fotodokumentation ergibt. Auch die angefallenen Kosten in der Höhe von insgesamt Fr. 40'760.-- deuten darauf hin, dass es sich um keine oberflächliche Sanierung des Vordaches und der Dachrinne gehandelt hatte.

5.4 (…) Somit ist davon auszugehen, dass die im Streit liegende Liegenschaft bereits bei deren Fertigstellung mit einem Konstruktionsfehler respektive mit einem Mangel behaftet war. Die sich aus der Korrektur des entdeckten verdeckten Mangels ergebenden Aufwendungen stellen somit Wertvermehrungen dar (vgl. E. 4.2).

Entscheid der Steuerrekurskommission STRE.2020.180/STRE.2020.181 vom 11. Februar 2021

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