TVR 2021 Nr. 6
Ausseramtliche Entschädigung im Rekursverfahren, Stundenansatz
§ 3 Abs. 1 ATVG, § 80 Abs. 2 VRG
1. Der Stundenansatz für die ausseramtliche Entschädigung bei anwaltlicher Vertretung beträgt sowohl im Beschwerde- als auch im Rekursverfahren grundsätzlich Fr. 250.--. Vorbehalten bleiben besondere Fälle.
2. Wird einer eingereichten Kostennote nicht entsprochen, ist nachvollziehbar zu begründen, warum der geltend gemachte Aufwand als übersetzt bzw. nicht notwendig erachtet wird, andernfalls die Begründungspflicht verletzt ist.
R wurde asylsozialhilferechtlich unterstützt. Mit Entscheid vom 14. Februar 2020 stellte die Politische Gemeinde Z einen rückerstattungspflichtigen Betrag von Fr. 52'971.20 fest und beauftragte das Sozialamt, die Rückerstattung zu gegebener Zeit geltend zu machen. Dagegen liess R, vertreten durch RA W, beim DFS Rekurs erheben. Am 23. März 2020 widerrief die Politische Gemeinde Z ihren Entscheid vom 14. Februar 2020 und ersuchte das DFS um Abschreibung des Rekursverfahrens. Der Rechtsvertreter von R reichte dem DFS seine Kostennote in der Höhe von Fr. 7'529.-- (29.7 Stunden à Fr. 250.--) zuzüglich 7,7% Mehrwertsteuer ein. Mit Entscheid vom 22. April 2020 schrieb das DFS den Rekurs ab. Es sprach R eine ausseramtliche Entschädigung von Fr. 1'400.-- (6.5 Stunden à Fr. 200.-- zuzüglich Fr. 100.-- Barauslagen), zuzüglich 7,7% Mehrwertsteuer zu. Das Verwaltungsgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und weist die Sache an das DFS zurück, damit es über die Bemessung des Ersatzes der ausseramtlichen Kosten neu entscheide.
Aus den Erwägungen:
3. Im Rekursverfahren sind für die Bemessung ausseramtlicher Kosten gemäss § 80 VRG gestützt auf § 1 Abs. 2 RRV VGV die Bestimmungen der ATVG sinngemäss anwendbar. Die Parteientschädigung bemisst sich nach Bedeutung und Schwierigkeit der Sache, dem für eine sachgerechte Vertretung notwendigen Zeitaufwand und den Barauslagen. Sie beträgt in der Regel zwischen Fr. 400.-- und Fr. 10'000.--, zuzüglich der ausgewiesenen Barauslagen und der Mehrwertsteuer (§ 3 Abs. 1 ATVG). Der Stundenansatz liegt zwischen Fr. 200.-- und Fr. 300.-- (§ 3 Abs. 2 ATVG). Bei unentgeltlicher anwaltlicher Vertretung beträgt er Fr. 200.-- (§ 4 Abs. 1 ATVG).
4.
4.1 Umstritten ist der von der Vorinstanz in Anschlag gebrachte Stundensatz von Fr. 200.--.
4.2 Für die Ermittlung der Parteientschädigung zugunsten der obsiegenden Partei legt das Verwaltungsgericht bei anwaltlicher Vertretung den Stundensatz in ständiger Praxis auf Fr. 250.-- fest. Vorbehalten bleiben besondere Fälle (z. B. bei Substitution durch einen Anwaltspraktikanten bzw. eine Anwaltspraktikantin). Diese Praxis verfolgt das Verwaltungsgericht nicht nur für die Festlegung der Parteientschädigung für das Beschwerdeverfahren, sondern auch in Fällen, wo es die Parteientschädigung für die anwaltliche Vertretung im Rekursverfahren festzulegen hat, da sich diesbezüglich eine Unterscheidung zwischen Rekurs- und Beschwerdeverfahren nicht aufdrängt.
4.3 Die Vorinstanz hat nicht begründet, weshalb sie dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers nur den tiefstmöglichen Ansatz von Fr. 200.-- vergüten will. Eine besondere Konstellation oder besondere Umstände, welche dies - in Abweichung von der ständigen Praxis des Verwaltungsgerichts - rechtfertigen würden, sind nicht auszumachen. Die Vorinstanz hat deshalb die dem Beschwerdeführer für das Rekursverfahren zuzusprechende Parteientschädigung basierend auf dem üblichen Stundensatz von Fr. 250.-- zu vergüten.
5.
5.1 Umstritten ist weiter der für eine sachgerechte Vertretung des Beschwerdeführers im Rekursverfahren notwendige Zeitaufwand, wobei auch die Bedeutung und Schwierigkeit der Sache zu berücksichtigen sind. Die Vorinstanz erachtete einen Aufwand von 6,5 Stunden als angemessen, wohingegen der Beschwerdeführer gemäss seiner Kostennote vom 26. März 2020 einen Aufwand von 29,7 Stunden geltend macht.
5.2
5.2.1 Gemäss Art. 29 Abs. 2 BV haben die Parteien Anspruch auf rechtliches Gehör. Wesentlicher Bestandteil des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist die Begründungspflicht. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 134 I 83 E. 4.1 mit Hinweisen).
5.2.2 Die Vorinstanz hat sich mit der vom beschwerdeführerischen Rechtsvertreter eingereichten Kostennote und dem darin geltend gemachten Arbeitsaufwand (Abklärungen, Besprechungen, Aktenstudium, Arbeit an Rekursschrift usw.) nicht auseinandergesetzt und nicht nachvollziehbar begründet, warum sie diesen Aufwand als übersetzt bzw. nicht notwendig erachtet. Insbesondere ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen die Vorinstanz zur im angefochtenen Entscheid wiedergegebenen Auffassung gelangt ist, "angesichts der Aktenlage" seien die diversen Abklärungen und Vorarbeiten des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers "als zeitlich sehr extensiv veranschlagt" zu qualifizieren. Dies schon deshalb, weil die Vorinstanz über die umfangreichen Akten der verfahrensbeteiligten Gemeinde offenbar gar nicht verfügte. Weil die Vorinstanz damit ihrer Begründungspflicht nicht nachgekommen ist, ist Ziff. 3 des Dispositivs ihres Entscheids vom 22. April 2020 aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zur Neufestsetzung der Parteientschädigung zurückzuweisen. (…)
Entscheid des Verwaltungsgericht VG.2020.66/E vom 10. Februar 2021