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TVR 2022 Nr. 11

Gestaltungsplan zum Schutz des angrenzenden Ortsbilds


Art. 9 Abs. 1 RPG , § 10 Abs. 1 TG NHG , § 23 PBG , § 24 PBG


  1. Ein Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinde liegt nicht vor, wenn eine planerische Lösung der Gemeinde verworfen wird, die sich aufgrund überkommunaler öffentlicher Interessen als unzweckmässig erweist oder die den wegleitenden Grund­sätzen und Zielen der Raumplanung nicht entspricht oder unzureichend Rechnung trägt (E. 3).

  2. Der Schutz des angrenzenden, unter Schutz gestellten Ortsbildes mittels kommunaler Planung ergibt sich direkt aus dem KRP. Entsprechende Vorschriften sind in einen Gestaltungsplan und die dazugehörenden Sonderbauvorschriften aufzunehmen, wenn sich der Schutz nicht bereits aus den übrigen Planungsinstrumenten ergibt.Es ist nicht zulässig, die konkrete Ausbildung des Ortsbildschutzes ins Baubewilligungsverfahren zu verweisen (E. 4).


Das Gestaltungsplangebiet "Rathlenbuck" in der Politischen Gemeinde Basadingen-Schlattingen befindet sich - abgesehen von den Strassenliegenschaften - in der Wohnzone 1. Nachdem die Politische Gemeinde Basadingen-Schlattingen den Gestaltungsplan "Rathlenbuck" der Vorinstanz zur Vorprüfung unterbreitet und in der Folge Anpassungen vorgenommen hatte, reichte sie den Gestaltungsplan zur Genehmigung beim DBU ein. Dieses genehmigte zwar eine beschlossene geringfügige Zonenplanänderung, nicht aber den Gestaltungsplan "Rathlenbuck". Eine hiergegen erhobene Beschwerde der Politischen Gemeinde Basadingen-Schlattingen weist das Verwaltungsgericht ab.

Aus den Erwägungen:

 

2. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz den vom Gemeinderat der Beschwerdeführerin erlassenen Gestaltungsplan "Rathlenbuck" und den dazugehörenden Sonderbauvorschriften (SBV) zu Recht die Genehmigung verweigert hat.

 

2.1 und 2.2 (…)

 

3.

3.1 Gestaltungspläne nach § 23 PBG sind Sondernutzungspläne und Teil der Nutzungsplanung. Dementsprechend hat sich die Behörde an die Ziele und Planungsgrundsätze nach Art. 75 BV sowie Art. 1 und 3 RPG zu halten (vgl. dazu auch Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen [Hrsg.], Praxiskommentar RPG: Nutzungs­planung, 2016, Vorbemerkungen zur Nutzungsplanung, Rz. 59 ff.). Dabei unterscheidet die Praxis zwischen projektbezogenen Sondernutzungsplänen, für die schon ein relativ konkret ausgearbeitetes Bauprojekt vorliegt, und nicht projektbezogene Pläne, für die ein konkretes Bauvorhaben erst noch ausgearbeitet werde muss (Hettich/Mathis, in: Griffel/Liniger/Rausch/Thurnherr [Hrsg.], Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, 2016, Rz. 1.81). Nach § 23 PBG dient der Gestaltungsplan je nach Zielsetzung der architektonisch guten, auf die bauliche und landschaftliche Umgebung und die besonderen Nutzungsbedürfnisse abgestimmten Überbauung, Verdichtung oder Erneuerung sowie der angemessenen Ausstattung mit Anlagen zur Erschliessung oder im Nichtbaugebiet der Landschaftsgestaltung. § 24 PBG bestimmt sodann, dass in solchen Plänen, soweit erforderlich, inhaltlich die Erschliessung, die Lage, die Grösse und die Gestaltung der Bauten und Anlagen und die Reihenfolge der Verwirklichung, die Bauweise, der Standort, Art und Grösse von Gemeinschaftsanlagen samt Grünflächen, Bepflanzung etc. sowie technische und funktionelle Anforderungen festgelegt werden (Abs. 1). Es darf von der Regelbauweise abgewichen werden, wenn dadurch gesamthaft ein besseres architektonisches und ortsbauliches Ergebnis erzielt wird und dieses im öffentlichen Interesse liegt (Abs. 2).

 

3.2 Die Gemeindebehörde erlässt Richt-, Sondernutzungs- und Landumlegungspläne und trifft die zur Erschliessung notwendigen Massnahmen (§ 4 Abs. 3 PBG). Regionale Richtpläne, Richtpläne der Gemeinden, Rahmen- und Sondernutzungspläne gemäss den §§ 13 bis 25 PBG samt den zugehörigen Vorschriften, Beitrags- und Gebührenreglemente sowie Abgabereglemente für Spielplätze, Freizeitflächen und Parkfelder der Gemeinden bedürfen der Genehmigung des Departements. Genehmigungsbedürftige Erlasse, Pläne und Vorschriften werden auf Einhaltung des übergeordneten Rechts und der übergeordneten Pläne überprüft. Die Genehmigung hat rechtsbegründende Wirkung. Das Departement kann im Genehmigungsentscheid von Nutzungsplänen offensichtlich gesetzeswidrige Pläne und Vorschriften ändern, sofern die Gemeindebehörde zustimmt und keine grundlegende Überarbeitung erforderlich ist. Die betroffenen Privaten sind anzuhören. Verweigert das Departement die Genehmigung von Nutzungsplänen ganz oder teilweise, ist der Entscheid im Amtsblatt zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung enthält den Namen der Gemeinde und das Gebiet, das vom Nichtgenehmigungsentscheid betroffen ist, sowie Hinweise auf die Beschwerdemöglichkeit und die Rechtsmittelfrist (§ 5 Abs. 2 bis 5 PBG).

 

3.3 Das Bundesrecht verlangt in Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG vom kantonalen Recht, dass die volle Überprüfung der angefochtenen Verfügungen und Nutzungspläne durch wenigstens eine Beschwerdebehörde gewährleistet ist. Eine solche volle Überprüfung bedeutet nach langjähriger Rechtsprechung die Prüfung, ob Rechtsverletzungen einschliesslich Überschreitung, Unterschreitung oder Missbrauch des Ermessens vorliegen, die Prüfung, ob der rechtserhebliche Sachverhalt unrichtig oder unvollständig festgestellt wurde, und die Prüfung, ob eine Massnahme unangemessen ist. Mit der Pflicht zur vollen Überprüfung wird aber nicht ausgeschlossen, dass sich die Rechtsmittelinstanz eine gewisse Zurückhaltung auferlegt, wenn der unteren Instanz im Zusammenhang mit der Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe oder bei der Handhabung des Planungsermessens ein Beurteilungsspielraum oder Ermessensbereich zusteht. Vielmehr wird dies in Art. 2 Abs. 3 RPG von übergeordneten gegenüber nachgeordneten Behörden sogar ausdrücklich verlangt. Die Rechtsmittelinstanzen sollen insbesondere bei Planüberprüfungen nicht ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens des Planungsträgers setzen (Urteil des Bundesgerichts 1C_372/2010 vom 11. Februar 2011 E. 8.1). Daraus folgt, dass eine Planung genehmigt werden muss, sofern sie den einschlägigen Normen entspricht. Sind mithin mehrere zweckmässige Lösungen denkbar, obliegt es nicht dem Departement, der Gemeinde eine davon vorzuschreiben. Die kantonale Überprüfung einer kommunalen Ortsplanung muss sachlich vor allem dort zurückhaltend erfolgen, wo es um lokale Angelegenheiten geht; hingegen hat die Überprüfung so weit auszugreifen, dass die übergeordneten, vom Kanton zu sichernden Interessen einen angemessenen Platz erhalten (BGE 127 II 238 E. 3b/aa mit Hinweisen). Eine Ver­letzung der Gemeindeautonomie liegt somit nicht vor, wenn eine planerische Lösung der Gemeinde verworfen wird, die sich aufgrund überkommunaler öffentlicher Interessen als unzweckmässig erweist oder die den wegleitenden Grundsätzen und Zielen der Raumplanung nicht entspricht oder unzureichend Rechnung trägt (Urteil des Bundesgerichts 1C_663/2020 vom 2. November 2021 E. 3.2).

 

3.4        

3.4.1 Auf Bundesebene regelt das NHG den Schutz von Bau- und Kulturdenkmälern. Der "Kirchbezirk Schlattingen", zu dem auch der Ortsteil "Chlooster" gehört, ist im Anhang A 3 zum KRP als "wertvoll" erfasst. Hingegen figuriert er nicht im ISOS. Ein ISOS "regional", auf welches sowohl das Amt für Raumentwicklung (ARE) in seiner Stellungnahme als auch das Amt für Denkmalpflege (ADP) in seiner Stellungnahme an die Vorinstanz hinweisen, existiert nicht, worauf die Beschwerdeführerin zu Recht hinwies. Da der Erlass des Zonenplans und des Baureglements, aber auch eines Gestaltungsplans, keine Bundesaufgaben sind, sondern Aufgabe der Kantone und Gemeinden, und das Ortsbild der Beschwerdeführerin zudem kein Objekt von nationaler Bedeutung darstellt, greifen die Vorschriften des NHG, wonach solche Objekte ungeschmälert zu erhalten sind und grösstmögliche Schonung verdienen, hier nicht direkt (vgl. hierzu TVR 2020 Nr. 17 E. 3.2.1).

 

3.4.2 Im Kanton Thurgau finden sich die Regelungen betreffend den Schutz von schützenswerten Objekten auf Gesetzesstufe im TG NHG. Gemäss § 1 Abs. 1 TG NHG sind Natur und Landschaft sowie das kulturgeschichtliche Erbe, insbesondere erhaltenswerte Objekte, zu schützen und zu pflegen. Erhaltenswerte Objekte können unter anderem sein: Siedlungen, Siedlungsteile, Baugruppen, Bauten, Bauteile oder Anlagen samt Ausstattung und Umgebung von kulturgeschichtlicher Bedeutung, die sich zum Beispiel durch architektonisch-formale oder handwerkliche Qualitäten auszeichnen (§ 2 Abs. 1 Ziff. 4 TG NHG). Hinweise auf erhaltenswerte Objekte ergeben sich vor allem aus Inventaren, Sach- und Richtplänen des Bundes, des Kantons und der Gemeinden (§ 2 Abs. 2 TG NHG). Den Schutz und die Pflege erhaltenswerter Objekte sichern in erster Linie die Gemeinden durch Reglemente oder Nutzungspläne nach Baugesetz. Zum gleichen Zweck können die Gemeindebehörden durch Entscheide Anordnungen über erhaltenswerte Einzelobjekte treffen (§ 10 Abs. 1 TG NHG). Die Anordnungen der Gemeinden können in Eingliederungs- oder Gestaltungsvorschriften, Abbruchverboten, Nutzungsbeschränkungen, umfassenden Eingriffsverboten oder Bewirtschaftungsvorschriften bestehen. Sie haben den Grundsatz der Verhältnismässigkeit in sachlicher und örtlicher Hinsicht zu wahren (§ 10 Abs. 2 TG NHG). Zu beachten gilt es aber, dass Richtpläne auch für die Gemeindebehörden verbindlich sind (Art. 9 Abs. 1 RPG).

 

3.5 Zusammengefasst ergibt sich somit, dass Gestaltungspläne Teile der kommunalen Nutzungsplanung sind. Im Bereich der Nutzungsplanung besitzt eine Gemeinde grundsätzlich Planungsautonomie, in die die übergeordnete Instanz nur zurückhaltend eingreifen darf. Ein Eingriff in die Planungshoheit der Gemeinde liegt jedoch nicht vor, wenn eine planerische Lösung der Gemeinde verworfen wird, die sich aufgrund überkommunaler öffentlicher Interessen als unzweckmässig erweist oder die den wegleitenden Grundsätzen und Zielen der Raumplanung nicht entspricht oder unzureichend Rechnung trägt. Zu diesen überkommunalen öffentlichen Interessen gehört der Schutz von schützenswerten Ortsbildern, welche im KRP als solche bezeichnet werden. Den Schutz dieser Ortsbilder haben die Gemeinden in erster Linie durch Reglemente oder Nutzungspläne nach Baugesetz zu gewährleisten. Es ist daher nachfolgend zu prüfen, ob mit dem Erlass des Gestaltungsplans "Rathlenbuck" dem Schutzbedürfnis des Ortsteils "Chlooster" der Beschwerdeführerin genügend Rechnung getragen wurde.

 

4.

4.1 Im KRP sind die Ortsbildschutzgebiete des Kantons im Anhang A 3 aufgezählt. Das Gestaltungsplangebiet "Rathlenbuck" grenzt im Westen direkt an den Ortsteil "Chlooster". Dieser ist - wie erwähnt - als Teil des "Kirchbezirk Schlattingen" im Anhang A 3 KRP als "wertvoll" erfasst. Der KRP enthält in Ziffer 1.10 „Kulturdenkmäler“ den Planungsgrundsatz 1.10 A, der wie folgt lautet: „Die erhaltenswerten Ortsbilder sind in Erscheinung, Substanz und Struktur zu schützen, zu pflegen und zu gestalten. In den Ortsbildschutzgebieten - auf der Richtplankarte mit Symbolen eingezeichnet - sind Eingriffe in die bestehende Bausubstanz mit strengem Massstab zu beurteilen.“ Ziff. 1.10 KRP enthält sodann den Planungsauftrag, dass die Ortsbildschutzgebiete, deren Schutz noch nicht durch rechtsgültige Pläne und Vorschriften grundeigentümerverbindlich gesichert ist, im Rahmen der Ortsplanungen zu schützen sind. Die Erläuterungen zu Ziff. 1.10 KRP enthalten zudem den Hinweis, dass die Ortsbilder von regionaler Bedeutung als wertvolle Ortsbilder in den KRP überführt wurden. Weitere, insbesondere konkrete Vorschriften zur Umsetzung des Ortsbildschutzes für das Objekt "Kirchbezirk Schlattingen" finden sich im KRP nicht.

 

4.2        

4.2.1 Der Planungsgrundsatz 1.10 KRP hält ausdrücklich fest, dass die erhaltenswerten Ortsbilder nach KRP auch in ihrer Erscheinung zu schützen sind. Gemäss dem Planungsauftrag von Ziff. 1.10 KRP müssen die Ortsbildschutzgebiete, deren Schutz noch nicht durch rechtsgültige Pläne und Vorschriften grundeigentümerverbindlich gesichert sind, im Rahmen der Ortsplanungen geschützt werden. Der Ortsteil "Chlooster" mit der Evangelischen Kirche St. Georg, welche im Hinweisinventar Bauten (HWI) als besonders wertvoll bezeichnet wird, sowie mit fünf weiteren, im HWI als "wertvoll" klassifizierten Bauten, grenzt im Osten unmittelbar an das Gestaltungsplangebiet "Rathlenbuck". Der Ortsteil "Chlooster" zeichnet sich durch eine ursprünglich erhaltene, geschlossene Baugruppe aus. Sichtfachwerkbauten prägen das Fassadenbild. Hofplätze sowie Ziergärten liegen in den Zwischenbereichen. Anlässlich des Augenscheins wurde auch die relevante Dachlandschaft sichtbar. Das Gestaltungsplangebiet "Rathlenbuck" wiederum liegt an einer nach Norden ausgerichteten, gut sichtbaren Hanglage und ist weder bebaut noch erschlossen. Wenn daher die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid von einem sensiblen Ort, bzw. einem landschaftlich und ortsbaulich sensiblen Ort und das ARE in seiner Eingabe vom 5. Oktober 2021 von einer ortsbaulich sensitiven Lage sprechen, trifft dies zu. Dementsprechend war und ist die Beschwerdeführerin verpflichtet, durch Reglemente oder Nutzungspläne die notwendigen Schutzmassnahmen für die Erscheinung des Ortsteils "Chlooster" zu treffen.

 

4.2.2 Das Gestaltungsplangebiet "Rathlenbuck" befindet sich gemäss dem gültigen Zonenplan in der Wohnzone 1. Das BauR der Beschwerdeführerin enthält für die Wohnzone 1 erkennbar keine besonderen Vorschriften zum Schutz des Ortsteils "Chlooster". Hingegen gilt für dieses Gebiet eine Gestaltungsplanpflicht. Da das BauR der Beschwerdeführerin keine besonderen Vorschriften zum Schutz des Ortesteils "Chlooster" enthält, müssen demnach die hierzu notwendigen Vorschriften detailliert im Gestaltungsplan vorgegeben werden. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass der Gestaltungsplan "Rathlenbuck" diese Anforderungen erfüllt.

 

4.3

4.3.1 Im Planungsbericht der Beschwerdeführerin (nachfolgend: Planungsbericht) wurde mit Bezug auf den ortsbaulichen Ansatz in Ziffer 3.1.3 ausgeführt, das historische Kirchengebiet und das Neubaugebiet Rathlenbuck seien ortsbaulich klar voneinander getrennte Gebiete. Das Kirchengebiet bilde eine in sich abgeschlossene Einheit. Das Neubaugebiet werde ungeachtet der räumlichen Nähe als eigenständiger Siedlungsteil wahrgenommen. Im Schnittpunkt der beiden Gebiete, dem nördlichen Spitz des Geltungsplanperimeters, lehne sich ein stattlicher Neubau an die Ausrichtung und Dimension der geschützten Altbauten an und übernehme die Gestaltungsmerkmale der Dorfkernzone. Die neuen Wohnbauten am Hang seien ortstypisch hangparallel angeordnet und übernähmen die Ausrichtung der bestehenden Einfamilienhäuser. Demgegenüber wiesen die historischen Altbauten eine Nord-Süd-Ausrichtung auf. In Kombination mit dem Höhenunterschied der beiden Gebiete werde eine ortsbaulich klare Trennung zwischen Alt-und Neubaugebiet erzielt.

 

4.3.2 Der Auffassung der Beschwerdeführerin, das historische Kirchengebiet und das Neubaugebiet Rathlenbuck seien ortsbaulich klar voneinander getrennte Gebiete, kann nicht gefolgt werden. Zwar besteht insbesondere im südlichen Teil der Grenze zwischen dem Ortsteil "Chlooster" und dem Gestaltungsplangebiet ein Niveauunterschied. Dieser gleicht sich jedoch gegen Norden hin an. Die Kirche St. Georg befindet sich zudem erhöht und in unmittelbarer Nähe, wenn auch nicht direkt angrenzend. Die bestehenden Gebäude des Ortsteils "Chlooster" östlich der Strasse "Im Chloster" sind teilweise von einer beachtlichen Höhe und überragen das Böschungsniveau bei Weitem. Nachdem das Gestaltungsplangebiet in der Zone W1 liegt, also im Wesentlichen nur einstöckig gebaut werden kann, wird hier zweifelsfrei eine Niveauangleichung der Dachlandschaft stattfinden, welche die optische Trennung der Gebiete weitgehend aufheben wird. Es kann daher nicht gesagt werden, eine künftige Überbauung würde als eigenständiger Siedlungsteil wahrgenommen. Dies gilt umso mehr, als sich das Gestaltungsplangebiet "Rathlenbuck" an einer weit herum gut sichtbaren Hanglage befindet. Der Ortsteil "Chlooster" weist eine ganz eigene Charakteristik auf, sowohl mit Bezug auf die Anordnung der Gebäude und der Fassadengestaltung, als auch mit Bezug auf die weitherum gut sichtbare Dachlandschaft. Aus dem Planungsbericht müsste daher erkennbar sein, wie der Gestaltungsplan mit diesen Vorgaben umgeht und wie er darauf Bezug nimmt. Um eine gute Einpassung zu gewährleisten, müsste ein Gestaltungsplan klare Vorgaben zur Gestaltung von Dachformen, Fassadengestaltung, Firstrichtungen, Gebäudeanordnung etc. beinhalten. Weder setzt sich der Planungsbericht näher mit dieser Problematik auseinander, noch sind im Gestaltungsplan "Rathlenbuck" klare Vorschriften, welche die notwendigen Regelungen enthalten, erkennbar. Zu beachten ist auch, dass südseitig an das Gestaltungsplanperimeter "Rathlenbuck" ein bereits mit Einfamilienhäusern überbautes Gebiet grenzt. Dieses befindet sich auf einem Plateau oberhalb des Gestaltungsplangebiets und nicht in Hanglage. Optisch kommt dieses Wohngebiet heute gegenüber dem Ortsteil "Chlooster" nur minim zur Geltung und hat mit ihm kaum Berührungspunkte. Wird aber das Gestaltungsplangebiet nicht mit der notwendigen Umsicht überbaut, so verbindet sich das bisherige Wohngebiet südlich des Gestaltungsplanperimeters mit dem darauf neu entstehenden Wohngebiet zu einem einzigen und würde dadurch den Ortsteil "Chlooster" optisch dominieren. Wenn das ARE diesbezüglich in der Stellungnahme vom 5. Oktober 2021 zur Beschwerde festhielt, aus denkmalpflegerischer Sicht wäre zu begrüssen, wenn das ganze Gestaltungsplangebiet von jeglicher Bebauung freigehalten würde, ist dies im Zusammenhang mit der unmittelbaren Nähe zum Ortsteil "Chlooster", der von weitem her gut sichtbaren Hanglage sowie der Gefahr, dass ein mit dem bereits bestehenden Wohnbaugebiet verschmelzendes Wohngebiet optisch dominieren könnte, nachvollziehbar. Beim Gestaltungsplangebiet "Rathlenbuck" handelt es sich um eine sehr sensible Lage, für welche, soll sie zur Baureife gebracht werden, im Gestaltungsplan die entsprechend konkreten Vorschriften mit Bezug auf die Anordnung und Gestaltung der Bauten, die zu verwendenden Materialien sowie die Erschliessung und Umgebungsgestaltung vorzugeben sind. Soweit die Beschwerdeführerin argumentiert, der zentrale Aspekt des Gestaltungsplans sei sicherlich nicht der Schutz des äusseren Ortsbildes des Ortsteils "Chlooster", zumal es hierfür keine Grundlage gebe, so trifft dies gerade nicht zu. Die Pflicht zum planerischen und eigentümerverbindlichen Umgebungsschutz zur Erhaltung der Erscheinung des Ortsteils "Chlooster" ergibt sich ohne weiteres aus dem kantonalen Planungs- und Baurecht, dem TG NHG sowie dem behördenverbindlichen KRP. Der Schutz des äusseren Ortsbilds des Ortsteils „Chlooster" hätte ein zentrales Anliegen des Gestaltungsplans "Rathlenbuck" und der dazugehörenden SBV sein müssen.

 

4.3.3 Beim Gestaltungsplan "Rathlenbuck" hat die Beschwerdeführerin bewusst einen "offenen" Ansatz mit wenig konkreten Vorschriften gewählt. Dies belässt der künftigen Gestaltung von konkreten Bauprojekten zwar enorm grosse gestalterische Freiheit, verträgt sich aber aus den gezeigten Gründen nicht mit der sehr sensiblen Lage des Gestaltungsplangebiets "Rathlenbuck". Darauf wurde die Beschwerdeführerin frühzeitig im Rahmen der Vorprüfung des ARE hingewiesen. In den Stellungnahmen des ADP sowie des kantonalen Hochbauamtes wird zu Recht ausgeführt, dass ein Gestaltungsplan unter den gegebenen Umständen hohe Qualität aufweisen sowie Bezug auf die historische Bebauung des Kirchbezirks nehmen oder diese zumindest berücksichtigen muss. Es fehlt eine "Verwebung" zwischen dem alten Ortsteil und dem neuen Baugebiet. Schon das kantonale Hochbauamt machte in seiner Fachstellungnahme auf die heikle topografische Lage und die unmittelbare Nachbarschaft zum historisch bedeutenden Ortsteil "Chlooster" aufmerksam und wies insbesondere auch auf das noch weitgehend intakte Orts- und Landschaftsbild hin. Das ADP wies in seinem Bericht zur Vorprüfung ebenfalls darauf hin, das lokale Orts- und Landschaftsbild sei noch weitgehend intakt und bilde eine in sich stimmige Einheit. Eine Überbauung erfordere daher einen ortsspezifisch massgeschneiderten Lösungsansatz, der die historische Häusergruppe samt Umschwung gebührend respektiere. Das Fazit des ARE in seinem Vorprüfungsbericht, im Gestaltungsplan fehlten weitgehend griffige Regelungen, welche eine architektonisch gute, auf die bauliche landschaftliche Umgebung und die besonderen Nutzungsbedürfnisse abgestimmte Bebauung sicherten und mit welchen gesamthaft eine bessere Siedlungsgestaltung erzielt werden, ist daher zutreffend. Der Gestaltungsplan muss somit eine qualitative Bebauung der Umgebung des wertvollen Ortsbildes ermöglichen bzw. garantieren. Dies könnte auch im Interesse der grössten Landbesitzerin im Perimeter des Gestaltungsplans "Rathlenbuck" (…) liegen. Abweichungen von der Regelbauweise wären zudem nur dann zulässig, wenn dadurch eine gesamthaft bessere Siedlungsgestaltung ermöglich würde. Dass dies vorliegend der Fall wäre, ist aus dem Gestaltungsplan und den SBV nicht ersichtlich. Insbesondere fehlen eine präzise räumliche Strukturierung und eine bauliche Gestaltung zum Schutz des sensiblen Ortsbildes. Ist der Gestaltungsplan zu schematisch und zu wenig strukturiert, lässt sich nicht beurteilen und zu wenig beeinflussen, was baulich realisiert werden darf. Die konkrete Ausbildung des Ortsbildschutzes ins Baubewilligungsverfahren zu verweisen, ist nicht zulässig und widerspricht dem Planungsauftrag Ziff. 1.10 KRP. Der Einwand des Vertreters des Hochbauamtes am Augenschein, das Problem des Gestaltungsplans liege darin, dass nicht nachvollziehbar sei, was grundsätzlich möglich sei, trifft zu. Das im Planungsbericht abgebildete 3-D-Modell zeigt ein mögliches Szenario von vielen auf, aber nicht ein Worst-Case-Szenario. Mit dem Gestaltungsplan und den SBV der Beschwerdeführerin lässt sich weder die präzise räumliche Strukturierung noch die bauliche Gestaltung zum Schutz des äusseren Ortsbildes sachgerecht festlegen. Die Gestaltungsplanung möglichst offen zu halten und dann im Baubewilligungsverfahren die Details zu regeln, ist aufgrund der sensiblen Lage des Gestaltungsplangebiets "Rathlenbuck" nicht sachgerecht und auch nicht zulässig. Die Baubewilligung ist eine Polizeibewilligung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, wenn die gesetzlichen Vorgaben eingehalten sind. Den Baubewilligungsbehörden steht im Baubewilligungsverfahren in ortsbildschützerischen Angelegenheiten ein grosses Ermessen zu. Der notwendige Schutz, der dem Ortsteil "Chlooster" anzugedeihen ist, wird so planerisch nicht garantiert, wofür jedoch laut Ziff. 1.10 KRP ein klarer Planungsauftrag besteht. Den künftigen Bauprojekten möglichst freie Hand bezüglich architektonischer Gestaltung, Umgebungsgestaltung usw. zu lassen, wird angesichts der sensiblen Lage des Gestaltungsplangebietes den Anliegen des Ortsbildschutzes nicht gerecht. So vorzugehen kann durchaus zu einer schlechten Überbauung führen, wie sich auch am Beispiel des Gebietes "Heerenberg" in der gleichen Gemeinde zeigt. Eine Verpflichtung zur Erstellung eines Richtprojektes wie auch zur Annahme der Hilfe der kantonalen Ämter besteht zwar zweifelsfrei nicht. Ohne diese oder andere fachlich besonders qualifizierte Hilfe dürfte es aber schwierig sein, einen Gestaltungsplan zu erlassen, der den besonderen Umständen der örtlichen Gegebenheiten genügend Rechnung trägt und das Gestaltungsplangebiet "Rathlenbuck" zur Baureife zu bringen.

 

4.3.4 Wenn die Vorinstanz den Gestaltungsplan "Rathlenbuck" daher als nicht genehmigungsfähig erachtete und ihn daher auch nicht genehmigte, verletzte sie die Gemeindeautonomie der Beschwerdeführerin nicht, sondern kam ihrer Aufgabe nach, den Gestaltungsplan auf Einhaltung des übergeordneten Rechts (vgl. dazu auch BGE 135 II 209), der übergeordneten Pläne, insbesondere auch des kantonalen Richtplanes, sowie hinsichtlich der wegleitenden Grundsätze und Ziele der Raumplanung zu überprüfen und wo nötig einzuschreiten, weil ansonsten die übergeordneten, vom Kanton zu sichernden Interessen keinen angemessenen Platz erhalten. Den in Anhang 3 KRP festgehaltenen öffentlichen Interessen des Ortsbildschutzes für den "Klosterbezirk Schlattingen" wird mit dem Gestaltungsplan "Rathlenbuck" nur unzureichend Rechnung getragen. Das Einschreiten der Vorinstanz war hier daher geboten. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.

 

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2021.158/E vom 8. Juni 2022


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