TVR 2022 Nr. 2
Beschlagnahmung von Hunden; Tierhalteverbot; Eingriff in die persönliche Freiheit; Verhältnismässigkeit
Art. 10 Abs. 2 BV , Art. 26 BV , Art. 36 Abs. 3 BV , Art. 23 Abs. 1 TSchG , Art. 24 Abs. 1 TSchG
Die Beschlagnahmung von vier Hunden, welche als Haustiere gehalten werden, und das damit verbundene Hundehalteverbot stellen einen Eingriff in die persönliche Freiheit dar, wenn zum Haustier eine enge emotionale Beziehung besteht (E. 4.2).
Die Beschlagnahmung mehrerer als Haustiere gehaltener Hunde stellt einen schweren Eingriff in die Grundrechte dar und bedarf daher einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage (E. 4.3).
Ist die Hundehalterin mit der Haltung von vier Hunden überfordert, so bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass dies auch für die Haltung von nur einem oder zwei Hunden gilt. Es ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen (E. 4.5).
Das Veterinäramt führte am 12. Oktober 2020 bei R eine Kontrolle durch. Bei dieser Kontrolle wurden die vier im Eigentum von R stehenden Hunde A, B, C und D angetroffen. Die Vertreterin des Veterinäramtes stellte diverse Mängel in der Hundehaltung fest und ordnete deshalb entsprechende Massnahmen an. R hätte demgemäss die Mängel innerhalb der gesetzten Fristen selbstständig zu beheben und die Mängelbehebung zu melden gehabt. In der Folge stellte sich jedoch heraus, dass R gegenüber dem Veterinäramt zum Teil falsche oder unwahre Angaben gemacht hatte, sodass das Veterinäramt am 17. November 2020 eine Nachkontrolle durchführte. Es wurden wiederum diverse Massnahmen angeordnet und erneut hielt R in der Folge die Vorgaben des Veterinäramtes nur teilweise ein, weshalb das Veterinäramt entschied, es werde eine vorsorgliche Hundehaltebeschränkung in dem Sinne ausgesprochen, dass es R bis auf weiteres nur noch gestattet sei, maximal zwei Hunde zu halten. Zudem wurden weitere Auflagen verfügt. Erneut hielt sich R nicht an die Vorgaben des Veterinäramtes, weshalb am 19. Januar 2021 eine weitere Kontrolle bei ihr durchgeführt wurde. Das Veterinäramt stellte fest, dass die Tierhaltung nach wie vor ungenügend sei. Daher ordnete die Vertreterin des Veterinäramtes die sofortige Beschlagnahmung der vier Hunde an, was in einem formellen Entscheid bestätigt wurde. Gleichzeitig verfügte das Veterinäramt eine vorsorgliche Tierhaltebeschränkung. Die Beschlagnahmung der Hunde und die Tierhaltebeschränkung bestätigte das Veterinäramt mit Verfügung vom 4. März 2021. Dagegen erhob R beim DIV Rekurs, welcher abgewiesen wurde. R gelangte an das Verwaltungsgericht und beantragte, es seien ihr die Hunde A und B zurückzugeben (auf die Hunde C und D hatte R zuvor verzichtet). Das Verwaltungsgericht heisst die Beschwerde teilweise gut.
Aus den Erwägungen:
4.2
4.2.1 Das Eigentum ist gewährleistet (Art. 26 BV). Als Bestandesgarantie schützt die Eigentumsgarantie die konkreten, individuellen Eigentumsrechte vor staatlichen Eingriffen (Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 10. Aufl., 2020, S. 189).
4.2.2 Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit (Art. 10 Abs. 2 BV). Das Bundesgericht hat sich mehrfach zur Frage geäussert, ob das Recht, einen Hund zu halten, unter den Schutz von Art. 10 Abs. 2 BV fällt. In seinem Urteil 2P. 24/2006 vom 27. April 2007 führte das Bundesgericht in E. 3.2 aus, die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Verbot, einen Hund zu halten, eine elementare Möglichkeit menschlicher Entfaltung betreffen könne, welche in den Schutzbereich der Garantie der persönlichen Freiheit falle, sei bis anhin offen gelassen worden. Das Halten von Hunden einer bestimmten Rasse falle grundsätzlich nicht in den Schutzbereich der persönlichen Freiheit. Ein Eingriff in dieses Grundrecht könne allenfalls dann vorliegen, wenn ein Hundehalter gezwungen werde, sich von einem bestimmten Tier, zu dem er eine enge emotionale Bindung habe, zu trennen, oder wenn einer Person die Haltung eines Hundes generell untersagt werde (vgl. auch BGE 133 I 249 E. 2 = Pra 97 [2008] Nr. 22). Auch in BGE 134 I 293 E. 5 hielt das Bundesgericht fest, dass die Beschlagnahmung eines Hundes, zu dem der Halter eine enge emotionale Beziehung habe, einen Eingriff in das Grundrecht der persönlichen Freiheit darstellen könne. Die affektive Beziehung zu Heimtieren gelte unter heutiger Anschauung als schützenswertes Rechtsgut (E. 5.2.1).
4.2.3 Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Hunde A und B. Ihre Beschlagnahmung stellt einen Eingriff in die Eigentumsgarantie dar. Die Beschwerdeführerin besass den Hund A seit Oktober 2017 und die Hündin B offenbar zufolge eines ungeplanten Wurfs der Hündin D seit Herbst 2019. Die Beschwerdeführerin hielt die beiden Hunde als Haushunde. Dass die Beschwerdeführerin zu diesen Hunden eine enge emotionale Beziehung hat, ist glaubhaft. Im Lichte der in E. 4.2.2 dargelegten bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist daher davon auszugehen, dass die Beschlagnahmung der Hunde A und B auch einen Eingriff in die persönliche Freiheit der Beschwerdeführerin darstellt, ebenso wie das Verbot, Hunde zu erwerben, aufzunehmen oder auf andere Weise anzuschaffen, soweit es dabei um die Anschaffung eines Haustiers geht. Alle Einschränkungen von Grundrechten bedürfen einer gesetzlichen Grundlage. Schwerwiegende Einschränkungen müssen im Gesetz selbst vorgesehen sein. Ausgenommen sind Fälle ernster, unmittelbarer und nicht anders abwendbarer Gefahr (Art. 36 Abs. 1 BV). Die Einschränkungen von Grundrechten müssen zudem durch ein öffentliches Interesse oder durch den Schutz von Grundrechten Dritter gerechtfertigt sein (Art. 36 Abs. 2 BV). Weiter müssen die Einschränkungen von Grundrechten verhältnismässig sein (Art. 36 Abs. 2 BV). Zu prüfen ist daher, ob die vom verfahrensbeteiligten Amt in der Verfügung vom 4. März 2021 angeordneten Massnahmen (Beschlagnahmung der Hunde A und B; Verbot, Hunde zu erwerben, aufzunehmen oder auf andere Weise anzuschaffen) auf einer genügenden gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse und auch verhältnismässig sind.
4.3
4.3.1 Ein Eingriff in die Eigentumsgarantie, wie sie die Beschlagnahmung mehrerer Tiere darstellt, ebenso wie ein Eingriff in die persönliche Freiheit durch ein Hundehalteverbot sind schwere Eingriffe in die Grundrechte und bedürfen daher einer hinreichenden gesetzlichen Grundlage. Notwendig ist eine klare, unzweideutige Grundlage in einem Gesetz und nicht bloss in einer Verordnung (BGE 130 I E. 14.2; vgl. auch Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, a.a.O., S. 115, 190).
4.3.2 Laut Art. 23 Abs. 1 TSchG kann die zuständige Behörde das Halten oder die Zucht von Tieren, den Handel oder die berufsmässige Beschäftigung mit Tieren auf bestimmte oder unbestimmte Zeit den Personen verbieten, die wegen wiederholter oder schwerer Zuwiderhandlung gegen Vorschriften dieses Gesetzes und seiner Ausführungserlasse oder gegen Verfügungen bestraft worden sind (lit. a) oder die aus anderen Gründen unfähig sind, Tiere zu halten oder zu züchten (lit. b). Nach Art. 24 Abs. 1 TSchG schreitet die zuständige Behörde unverzüglich ein, wenn festgestellt wird, dass Tiere vernachlässigt oder unter völlig ungeeigneten Bedingungen gehalten werden. Sie kann die Tiere vorsorglich beschlagnahmen und auf Kosten der Halterin oder des Halters an einem geeigneten Ort unterbringen; wenn nötig lässt sie die Tiere verkaufen oder töten. Sie kann dafür die Hilfe der Polizeiorgane in Anspruch nehmen. Die Tierhaltebeschränkungen, welche das verfahrensbeteiligte Amt am 4. März 2021 gegen die Beschwerdeführerin aussprach, sowie die Beschlagnahmung der vier Hunde beruhen demnach auf einem Gesetz im formellen Sinn. Eine genügende gesetzliche Grundlage für die Grundrechtseingriffe war demnach vorhanden.
4.4 Jedes öffentliche Interesse, das nicht gegen andere Verfassungsnormen verstösst und nicht rein fiskalisch ist, kann grundsätzlich einen Eingriff in die Eigentumsgarantie rechtfertigen (Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, a.a.O., S. 190). Zur Beschränkung der persönlichen Freiheit kommen in erster Linie polizeiliche Interessen in Betracht (Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, a.a.O., S. 116). Der Tierschutz, gehört zweifellos zu denjenigen öffentlichen Interessen (Art. 80 BV), die sowohl einen Eingriff in die Eigentumsfreiheit als auch in die persönliche Freiheit zu rechtfertigen vermögen, insbesondere dann, wenn es um die Beseitigung von Zuständen geht, in denen Tiere unsachgemäss gehalten werden.
4.5 Eine staatliche Massnahme muss geeignet sein, um den im öffentlichen Interesse verfolgten Zweck herbeizuführen. Die Massnahme muss im Hinblick auf den angestrebten Zweck auch erforderlich sein, das heisst, sie hat zu unterbleiben, wenn eine gleich geeignete, aber mildere Massnahme für den angestrebten Erfolg ausreichen würde. Der Eingriff darf in sachlicher, räumlicher, zeitlicher und personeller Beziehung nicht über das Notwendige hinausgehen. Anders ausgedrückt: eine Massnahme ist unverhältnismässig, wenn das Ziel auch mit einem weniger schweren Grundrechtseingriff erreicht werden könnte. Schliesslich sind immer auch die öffentlichen und die betroffenen privaten Interessen gegeneinander abzuwägen. Eine Anordnung ist unverhältnismässig, wenn deren negative Wirkungen im konkreten Fall schwerer ins Gewicht fallen als das öffentliche Interesse daran, dass die Anordnung getroffen wird (Häfelin/Haller/Keller/Thurnherr, a.a.O., S. 96 f.). Daher stellt sich die Frage, ob die vom verfahrensbeteiligten Amt gegenüber der Beschwerdeführerin gestützt auf das TSchG angeordneten Massnahmen einer Verhältnismässigkeitsprüfung standhalten.
4.5.1 Das Tierschutzgesetz bezweckt, die Würde und das Wohlergehen des Tieres zu schützen (Art. 1 TSchG). Das Wohlergehen der Tiere ist nach Art. 3 lit. b TSchG namentlich gegeben, wenn Haltung und Ernährung so sind, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört sind und sie in ihrer Anpassungsfähigkeit nicht überfordert sind (Ziff. 1), das artgemässe Verhalten innerhalb der biologischen Anpassungsfähigkeit gewährleistet ist (Ziff. 2), sie klinisch gesund sind (Ziff. 3) und Schmerzen, Leiden, Schäden und Angst vermieden werden (Ziff. 4). Nach Art. 4 Abs. 1 TSchG hat, wer mit Tieren umgeht, ihren Bedürfnissen in bestmöglicher Weise Rechnung zu tragen (lit. a) und soweit es der Verwendungszweck zulässt, für ihr Wohlergehen zu sorgen (lit. b). Niemand darf ungerechtfertigt einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen, es in Angst versetzen oder in anderer Weise seine Würde missachten. Das Misshandeln, Vernachlässigen oder unnötige Überanstrengen von Tieren ist verboten (Art. 4 Abs. 2 TSchG). Gemäss Art. 6 Abs. 1 TSchG muss, wer Tiere hält oder betreut, sie angemessen ernähren, pflegen, ihnen die für ihr Wohlergehen notwendige Beschäftigung und Bewegungsfreiheit sowie soweit nötig Unterkunft gewähren. In Art. 3 TSchV wird umschrieben, was unter tiergerechter Haltung zu verstehen ist. Tiere sind so zu halten und mit ihnen ist so umzugehen, dass ihre Körperfunktionen und ihr Verhalten nicht gestört werden und ihre Anpassungsfähigkeit nicht überfordert wird (Abs. 1). Unterkünfte und Gehege müssen mit geeigneten Futter-, Tränke-, Kot- und Harnplätzen, Ruhe- und Rückzugsorten mit Deckung, Beschäftigungsmöglichkeiten, Körperpflegeeinrichtungen und Klimabereichen versehen sein (Abs. 2). Fütterung und Pflege sind angemessen, wenn sie nach dem Stand der Erfahrung und den Erkenntnissen der Physiologie, Verhaltenskunde und Hygiene den Bedürfnissen der Tiere entsprechen (Abs. 3). Nach Art. 5 Abs. 1 TSchV muss die Tierhalterin oder der Tierhalter das Befinden der Tiere und den Zustand der Einrichtungen so oft wie nötig überprüfen. Sie oder er muss Mängel an den Einrichtungen, die das Befinden der Tiere beeinträchtigen, unverzüglich beheben oder geeignete Massnahmen zum Schutz der Tiere treffen. Die Pflege soll Krankheiten und Verletzungen vorbeugen. Die Tierhalterin oder der Tierhalter ist dafür verantwortlich, dass kranke oder verletzte Tiere unverzüglich ihrem Zustand entsprechend untergebracht, gepflegt und behandelt oder getötet werden. Die dafür notwendigen Einrichtungen müssen im Bedarfsfall innert nützlicher Frist zur Verfügung stehen. Die Tiere müssen für tierärztliche oder sonstige Behandlungen sicher fixiert werden können (Art. 5 Abs. 2 TSchV). Hunde müssen täglich ausreichend Kontakt mit Menschen und, soweit möglich, mit anderen Hunden haben (Art. 70 Abs. 1 TSchV). Hunde müssen täglich im Freien und entsprechend ihrem Bedürfnis ausgeführt werden. Soweit möglich sollen sie sich dabei auch unangeleint bewegen können. Können sie nicht ausgeführt werden, so müssen sie täglich Auslauf haben. Der Aufenthalt im Zwinger oder an der Laufkette gilt nicht als Auslauf (Art. 71 Abs. 1 und 2 TSchV). Aufzucht und Erziehung der Hunde sowie der Umgang mit ihnen müssen die Sozialisierung gegenüber Artgenossen und Menschen sowie die Gewöhnung an die Umwelt gewährleisten (Art. 73 Abs. 1 TSchV).
4.5.2 Verstösst ein Tierhalter gegen die genannten Verhaltensregeln (E. 4.5.1 hiervor), so kann die zuständige Behörde Massnahmen nach Art. 23 Abs. 1 und 24 Abs. 1 TSchG ergreifen. Für ein Tierhalteverbot gemäss Art. 23 Abs. 1 TSchG ist zu beachten, dass Unfähigkeit im Sinne von Art. 23 Abs. 1 lit. b TSchG dann vorliegt, wenn die betreffende Person die grundsätzlichen Verhaltensgebote und -verbote des Tierschutzgesetzes nicht zu befolgen vermag. Das Verbot der Tierhaltung nach Art. 23 Abs. 1 lit. b TSchG als solches hat die Wahrung oder die Wiederherstellung des Tierwohls zum Ziel. Es kommt nicht auf ein Verschulden des Pflichtigen an, sondern lediglich auf das Bestehen eines rechtswidrigen Zustands; es ist eine restitutorische Massnahme, die nicht auf die Bestrafung des Halters, sondern auf den Schutz und die Wiederherstellung der tierschutzrechtlich korrekten Haltebedingungen ausgerichtet ist (Urteil des Bundesgerichts 2C_958/2014 vom 31.März 2015 E. 2.1). Das Bundesgericht spricht - wie soeben erwähnt - davon, dass der Tierhalter die grundsätzlichen Verhaltensgebote und -verbote des Tierschutzgesetzes nicht zu befolgen vermag. Etwas anders formuliert kann gesagt werden, die Persönlichkeit des Tierhalters muss es ihm verunmöglichen, dass er in der Lage ist, die Vorschriften der Tierschutzgesetzgebung einzuhalten. Dass dem so ist, muss aufgrund von Indizien feststehen. Sind solche Indizien in genügender Anzahl oder Ausprägung vorhanden, kann es zum Schutz der Tiere zu einem präventiven Tierhalteverbot kommen, ohne dass es je zu einer Sanktionierung wegen Verstoss gegen die Tierhaltevorschriften gekommen wäre.
4.5.3 Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, zumindest gegen einen Teil der soeben genannten Tierschutzvorschriften (vgl. E. 4.5.1 hiervor) verstossen zu haben. Diese Verstösse sind auch ausgewiesen. Dass die Haltebedingungen bezüglich Hygiene und Klima nicht den tierschutzrechtlichen Vorschriften entsprachen, ist auf den Fotos, welche auf dem vom verfahrensbeteiligten Amt eingereichten Datenträger gespeichert sind, eindrücklich dokumentiert. Unbestritten ist auch, dass beim Hund C ein ungenügender Nährzustand festgestellt wurde und er viel Wasser trank, als eine der Kontrollpersonen ihm dieses anbot. Das tierärztliche Attest vom 21. Januar 2021 bestätigt denn auch, dass C einen reduzierten Ernährungszustand gezeigt hatte. Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass sie die an der zweiten Kontrolle vom 17. November 2020 angeordnete tierärztliche Untersuchung bei C nicht hat durchführen lassen. Es wurde vermutet, dass C an Parasiten litt und deshalb so mager war. Das verfahrensbeteiligte Amt stellte an den Kontrollen vom 12. Oktober 2020, 17. November 2020 und 19. Januar 2021 weiter fest, dass sich die Hunde der Beschwerdeführerin ungestüm verhielten und an den Kontrollpersonen hochsprangen. Bei den von den Kontrollpersonen angeordneten Versuchen der Beschwerdeführerin, mit den Hunden spazieren zu gehen, verhielten sich die Hunde sehr aufgeregt und konnten von der Beschwerdeführerin kaum unter Kontrolle gehalten werden. Dieses Verhalten beim Spazierengehen mit zwei Hunden ist für die Kontrolle vom 17. November 2020 mit Filmaufnahmen dokumentiert. Tatsächlich ist auf dieser Videoaufnahme gut zu sehen, dass die Beschwerdeführerin kaum in der Lage ist, beim gleichzeitigen Spazieren mit zwei Hunden diese unter Kontrolle zu halten. Die Beschwerdeführerin gab denn in ihrer Beschwerdeschrift auch implizit zu, die Hunde ungenügend ausgeführt zu haben, indem sie darlegte, vor September 2020 habe sie ihre Hunde regelmässig und immer ausgeführt. Auch die Ausführungen der Vorinstanz, nach Einschätzung des verfahrensbeteiligten Amtes hätten die Hunde eine deutliche physische sowie mentale Unterbeschäftigung gezeigt, bestreitet die Beschwerdeführerin nicht. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ersetzt die Tatsache, dass sich Hunde im Haus und im Garten frei bewegen können, den täglichen Auslauf der Hunde nicht, denn sowohl die Vorinstanz als auch das verfahrensbeteiligte Amt weisen zu Recht darauf hin, dass unter die Ausnahmebestimmung von Art. 71 Abs. 2 TSchV z.B. Hunde aus Versuchstierhaltungen, Schlittenhunde oder Ferienhunde im Tierheim, die aus Sicherheitsgründen nicht ausgeführt werden können, fallen, nicht aber normal als Haustier gehaltene Hunde (Erläuterung der einzelnen Bestimmungen der neuen Tierschutzverordnung des BLV zu Art. 71 Abs. 2 TSchV, abrufbar unter https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/tiere/rechts--und-vollzugsgrundlagen/gesetzgebung.html ). Schliesslich bestreitet die Beschwerdeführerin auch nicht, dass sie letztlich mehrfach versuchte, das verfahrensbeteiligte Amt hinzuhalten oder sogar mit falschen Angaben über Hundekurse, an denen sie angeblich teilgenommen hatte, über Termine beim Tierarzt zur Durchführung der angeordneten Untersuchungen und über die Abgabe von Hunden im Tierheim zu täuschen. Dass das verfahrensbeteiligte Amt unter diesen Umständen zum Schluss kam, die Beschwerdeführerin sei unfähig, die vier Hunde zu halten oder Hunde zu züchten, ist nachvollziehbar.
4.5.4 Dass die Beschwerdeführerin mit der Haltung von vier Schäferhunden/Schäferhundemischlingen überfordert war, lässt sich den Akten ohne weiteres entnehmen und die Beschwerdeführerin gibt dies auch zu. Dies allein lässt jedoch nicht ohne weiteres den Schluss zu, dass die Beschwerdeführerin mit der Haltung eines einzelnen Hundes oder allenfalls zwei Hunden überfordert und daher unfähig wäre, nur einen Hund oder zwei Hunde zu halten. Laut Art. 23 Abs. 1 TSchG kann die zuständige Behörde ein Halteverbot aussprechen für Personen, die unfähig sind, Tiere zu halten. Diese Formulierung lässt ebenso Raum für eine Ermessensbetätigung wie Art. 24 Abs. 1 TSchG, wonach Tiere beschlagnahmt werden können, wenn sie vernachlässigt sind und die Tiere dann zu verkaufen sind, wenn das nötig ist. Sowohl Art. 23 Abs. 1 TSchG als auch Art. 24 Abs. 1 TSchG sind Kann-Bestimmungen. Den Behörden steht also ein entsprechendes Ermessen zu, das sie bei einem Grundrechtseingriff - wie hier - im Rahmen einer umfassenden Interessenabwägung auszuüben haben. Eine umfassende Interessenabwägung fehlt sowohl im angefochtenen Entscheid als auch im Entscheid des verfahrensbeteiligten Amtes vom 4. März 2021.
4.5.5 Tatsächlich besteht ein erheblicher Unterschied, ob sich ein Halter nur um einen Hund kümmern muss und sich ausschliesslich ihm widmen kann oder ob ein Halter sich um mehrere Hunde gleichzeitig zu kümmern hat. Bei vier im Haus gehaltenen Hunden muss faktisch von einem Rudel gesprochen werden, welches auch entsprechendes, viel schwerer zu kontrollierendes Rudelverhalten zeigt. Ein einzelner Hund ist leichter zu beherrschen. Die Beschwerdeführerin beantragte primär, ihr den Hund A zurückzugeben. Den am 24. März 2017 geborenen Schäferhundrüden A besass die Beschwerdeführerin seit Oktober 2017. A kam als Ersatz für den verstorbenen Hund Y zur Beschwerdeführerin. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin zum Hund A eine enge emotionale Bindung hat. Auch wenn die Beschwerdeführerin zeitweilig versuchte, das verfahrensbeteiligte Amt durch unwahre Angaben zu täuschen und hinzuhalten, so steht aufgrund der Akten nicht zweifelsfrei fest, dass sie nicht in der Lage wäre, einen einzigen Hund tierschutzkonform zu halten. Vielmehr gibt es in den Akten hierfür durchaus Indizien. So ist zum Beispiel ausgewiesen, dass die Beschwerdeführerin mit dem Hund A einen Kurs von zehn Lektionen über Leinenführigkeit, allgemeinen Gehorsam und Verhalten in der Umwelt absolvierte. Die Beschwerdeführerin hat auch zumindest einen Teil der von ihr vom verfahrensbeteiligten Amt verlangten Auflagen umgesetzt, was auch die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid anerkennt. Die Beschwerdeführerin hat etwa die Gesundheits- und Verletzungsgefahren entfernt, Rückzugsmöglichkeiten geschaffen und Aufräumarbeiten vorgenommen. Der Aussage der Beschwerdeführerin, sie habe bereits seit mehreren Jahren Hunde gehalten und es seien in dieser Zeit keine Vorfälle rapportiert worden, widersprechen weder die Vorinstanz noch das verfahrensbeteiligte Amt. In den Akten finden sich auch keine entsprechenden Hinweise. Aus der im Recht liegenden Anzeige der Stadt S lassen sich ebenfalls keine entsprechenden Vorfälle entnehmen. Den Videoaufnahmen der Nachkontrolle vom 19. Januar 2021, als die Beschwerdeführerin mit nur einem Hund spazieren ging, lässt sich einerseits entnehmen, dass die Beschwerdeführerin diesen Hund gut beherrschen konnte und andererseits, dass eine gewisse Grund-Gehorsamkeit beim Hund vorhanden war, gehorchte er doch auf das Kommando "Sitz" der Beschwerdeführerin ohne Schwierigkeiten. Die gleichen Erkenntnisse ergeben sich aus den Videoaufnahmen, welche die Beschwerdeführerin auf einem elektronischen Datenträger (Stick) am 21. November 2021 einreichte. Der Hund A war seit Oktober 2017 bei der Beschwerdeführerin und befand sich damit im Zeitpunkt der Beschlagnahmung schon über drei Jahre bei ihr. Er hatte sich an die Beschwerdeführerin gewöhnt. Sie konnte zudem glaubhaft darlegen, dass die Situation im Herbst/Winter 2020 aus verschiedenen Gründen für sie schwierig war. Auch wenn die hygienischen Verhältnisse im Haus der Beschwerdeführerin anlässlich der Kontrollen vom 12. Oktober 2020, vom 11. November 2020 und vom 19. Januar 2021 sehr bedenklich waren, ist dennoch aus den Akten eine eigentliche Misshandlung oder grobe Vernachlässigung der Hunde nicht erkennbar. Tatsächlich hätte die Beschwerdeführerin zwar schon viel früher die notwendigen Schritte unternehmen oder sich dann zumindest strikte an die Anweisungen des verfahrensbeteiligten Amtes halten und insbesondere den Hund C früher zum Tierarzt bringen sollen. Die Beschwerdeführerin hat aber in Ansätzen gezeigt, dass sie einsichtig ist und hat nach der Verfügung des verfahrensbeteiligten Amtes vom 4. März 2021 die Verzichtserklärung für zwei Hunde (Hunde C und D) schliesslich doch noch von sich aus unterschrieben. Aus den Akten geht nicht einwandfrei hervor, dass die Beschwerdeführerin nicht in der Lage ist, einen einzelnen Hund tierschutzkonform zu halten.
4.5.6 Das verfahrensbeteiligte Amt beantragte mit Eingabe vom 2. November 2021, es sei bei der Beschwerdeführerin ein Augenschein durchzuführen. Ob die Beschwerdeführerin nachhaltig in der Lage ist, einen Hund über längere Zeit gesetzeskonform zu halten, lässt sich im Rahmen eines vom Gericht anzukündigenden Augenscheins kaum rechtsgenüglich erstellen, denn es ist zu erwarten, dass die Beschwerdeführerin - sollte dies nicht ohnehin der Fall sein - sowohl den von ihr seit Ende Oktober 2021 wieder gehaltenen Hund A als auch ihre Wohnung für einen solchen angekündigten Augenscheintermin in einen "präsentablen" Zustand versetzen würde. Die Aussagekraft eines solchen Augenscheins wäre daher sehr beschränkt. Dies gilt grundsätzlich auch für die von der Beschwerdeführerin mit der Eingabe vom 21. November 2021 neu eingereichten Fotografien und Videoaufnahmen. Da von einem Augenschein kaum neue Erkenntnisse zu erwarten sind, wird darauf in antizipierter Beweiswürdigung verzichtet und der Antrag des verfahrensbeteiligten Amtes abgewiesen. Hingegen steht es dem verfahrensbeteiligten Amt frei, in einem späteren Zeitpunkt - insbesondere beim Vorhandensein von Anzeichen einer nicht tiergerechten Haltung von A"- in Anwendung von § 10c der Verordnung des Regierungsrates zur Bundesgesetzgebung über den Tierschutz (TG TSchV, RB 450.41) angemeldet oder unangemeldet eine Kontrolle durchzuführen.
4.5.7 Aufgrund der Akten und mit Blick auf eine umfassende Interessenabwägung erscheint es nicht genügend erstellt, dass die Beschlagnahmung aller vier Hunde erforderlich war, und ist es zumindest vertretbar, der Beschwerdeführerin weiterhin die Haltung des Hundes A zu gestatten. Die Beschlagnahmung des Hundes A und das Halteverbot für den Hund A werden daher aufgehoben.
4.5.8 Die Beschwerdeführerin beantragt, ihr sei gegebenenfalls auch die Hündin B zurückzugeben. Gemäss den Angaben im Entscheid des verfahrensbeteiligten Amtes vom 4. März 2021 handelt es sich bei der Hündin B um eine Schäferhund-Collie-Hündin, welche am 30. Oktober 2019 geboren wurde. Schäferhunde sind anspruchsvolle Tiere, welche eine ausreichende Beschäftigung und auch eine entsprechende Führung benötigen. Aufgrund der gezeigten Überforderung der Beschwerdeführerin mit mehreren Hunden ist sehr fraglich, ob sie in der Lage ist, zwei Hunde zu führen, welche beide zumindest teilweise die Eigenschaften eines Schäferhundes aufweisen. Die Videoaufnahme, welche anlässlich der Nachkontrolle am 17. November 2020 vom verfahrensbeteiligten Amt erstellt wurde, zeigt die Beschwerdeführerin beim Spaziergang mit zwei Hunden. Auf der Videoaufnahme ist deutlich zu erkennen, dass die Beschwerdeführerin erhebliche Schwierigkeiten hatte, die Kontrolle über beide Hunde zu behalten. Als beide Hunde gegen Ende der Aufnahme resolut nach links zogen, war die Beschwerdeführerin kaum in der Lage, beide Hunde zurückzuhalten. Die Möglichkeit, den Hunden im Garten Auslauf zu bieten, besteht für die Beschwerdeführerin nicht mehr, da sie eine Wohnung ohne Garten bewohnt. Folglich müsste die Beschwerdeführerin beide Hunde getrennt ausführen und somit beiden Hunden täglich den für Schäferhunde notwendigen Auslauf je einzeln gewähren und den damit verbundenen, nicht unerheblichen Zeitaufwand aufbringen. Dass die Beschwerdeführerin die notwendige Disziplin aufbringen kann, zwei Hunden täglich je separat den für Schäferhunde notwendigen Auslauf zu gewähren, ist aufgrund der in den Akten vorhandenen Indizien stark zu bezweifeln. Es ist deshalb mit der Vorinstanz und mit dem verfahrensbeteiligten Amt davon auszugehen, dass es bei der Beschwerdeführerin bei einer solchen zeitliche Belastung schnell wieder zu einer Überforderung kommen kann. Bei B handelt es sich zudem noch um ein relativ junges Tier. Im Gegensatz zu A würde es ihr leichter fallen, einen neuen Menschen als "Leittier" zu akzeptieren. Der angefochtene Entscheid und mit ihm der Entscheid des verfahrensbeteiligten Amtes ist daher mit Bezug auf die Hündin B zu schützen und die definitive Beschlagnahmung dieser Hündin wird bestätigt.
5. Zusammengefasst ergibt sich somit, dass die Vorinstanz mit Bezug auf den Eingriff in die Grundrechte keine ausreichende Interessenabwägung vorgenommen hat, denn sie hat nicht geprüft, ob gegebenenfalls eine mildere Massnahme, wie etwa die Beschlagnahmung von lediglich drei oder zwei Hunden, zur Wahrung des Tierwohls ausreichend gewesen wäre. Aus den Akten sind zwar einige Indizien ersichtlich, welche an der charakterlichen Eignung der Beschwerdeführerin als Hundehalterin Zweifel aufkommen lassen. Es ergeben sich aus den Akten aber dennoch zu wenig konkrete Hinweise, dass die Beschwerdeführerin im Sinne von Art. 23 Abs. 1 lit. b TSchG nicht in der Lage ist, wenigstens einen Hund zu halten. Es rechtfertigt sich daher, der Beschwerdeführerin die Haltung ihres Hundes A, zu welchem die Beschwerdeführerin eine enge emotionale Beziehung hat, weiterhin zu gestatten. Hingegen muss sich die Beschwerdeführerin im Klaren sein, dass bei ihr - nachdem das verfahrensbeteiligte Amt bei ihr bereits im Herbst/Winter 2020/2021 wegen ungenügender Haltung eingreifen musste - bei einem weiteren Vorfall künftig ein strengerer Massstab angelegt würde mit Bezug auf die Frage, ob sie generell charakterliche Defizite aufweist, welche es gebieten, gegen sie ein umfassendes Hunde- oder gar Tierhalteverbot auszusprechen. Aufgrund der gezeigten Überforderung mit mehreren Hunden sowie insbesondere der Tatsache, dass die Rasse Schäferhunde/Schäferhund-Mischling anspruchsvoll ist, ist bei der Beschwerdeführerin auf jeden Fall davon auszugehen, dass sie nicht über die notwendigen Fähigkeiten verfügt, auch noch die Hündin B zu halten. Der angefochtene Entscheid ist daher insofern aufzuheben, als damit der Hund A definitiv beschlagnahmt wurde. Der Beschwerdeführerin ist es weiterhin erlaubt, den Hund A zu halten und, sollte dieser Hund versterben oder sollte die Beschwerdeführerin ihn aus anderen Gründen weggeben müssen, danach weiterhin maximal einen Hund zu halten. Die definitive Beschlagnahmung der Hündin B ist hingegen zu bestätigen und sie ist auf Kosten der Beschwerdeführerin geeignet unterzubringen bzw. neu zu platzieren. Im Ergebnis ist die Beschwerde somit teilweise gutzuheissen.
Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2021.128/E vom 15. Dezember 2021
Eine gegen diesen Entscheid beim Bundesgericht erhobene Beschwerde wurde mit Urteil 2C_902/2021 vom 27. April 2022 abgewiesen.