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TVR 2023 Nr. 14

Besuch einer ausserkantonalen, schulisch organisierten beruflichen Grundbil-dungseinrichtung/Ausbildungsstätte und Kostentragung.


§ 1 SchulgeldVO, § 42 GBM, Art. 4 BFSV


Gemäss § 1 Ziff. 1 SchulgeldVO leistet der Kanton Thurgau insbesondere unter der Voraussetzung, dass der Kanton unter Vorbehalt von § 3 SchulgeldVO keine gleichartige Ausbildung anbietet, einen Beitrag an die Schulgeldkosten für den Besuch einer ausserkantonalen Ausbildungsstätte im Anschluss an die obligatorische Schulpflicht. Aus § 1 SchulgeldVO ergibt sich allerdings kein Anspruch auf einen Beitrag an die Schulkosten für den Besuch einer ausserkantonalen Ausbildungsstätte, wenn es sich um eine rein schulische Ausbildung (an einer Berufsfachschule) handelt, jedoch der im Ergebnis gleichwertige duale Ausbildungsweg grundsätzlich auch zur Verfügung stehen würde. Vorbehalten bleiben abweichende, spezifische Regelungen in einer interkantonalen Vereinbarung.


Am 13. Dezember 2022 stellten die Eltern der Beschwerdeführerin beim Amt für Berufsbildung und Berufsberatung (verfahrensbeteiligtes Amt) Antrag auf Übernahme der Ausbildungskosten für ihre Tochter von Fr. 15'700.-- pro Jahr für eine dreijährige Lehre zur Bekleidungsgestalterin EFZ an der Fachschule A im Kanton Zürich. Dieser Betrag werde von der Fachschule A von Auszubildenden gefordert, deren Eltern nicht im Kanton Zürich wohnten. Mit Entscheid vom 19. Dezember 2022 wies das verfahrensbeteiligte Amt das Gesuch um Kostenübernahme ab. Der Kanton Thurgau könne dann die Schulkosten übernehmen, wenn im Kanton keine gleichartige Ausbildung angeboten werde. Das Atelier B in C, Kanton Thurgau, biete neu jährlich zwei Ausbildungsplätze an. Da damit ein gleichartiges Angebot im Kanton Thurgau bestehe, sei diese Bedingung nicht erfüllt. Den dagegen von der Beschwerdeführerin erhobenen Rekurs wies das DFS ab. Die Beschwerdeführerin erhob gegen diesen Rekursentscheid Beschwerde, die das Verwaltungsgericht abweist.

Aus den Erwägungen:

2.

2.1 Die Schweizerische Rechtsordnung geht vom Grundsatz aus, dass der Einzelne die Aufwendungen, die ihm durch seine Ausbildung erwachsen, selber zu tragen hat, soweit sich nicht das Gemeinwesen durch Unentgeltlichkeit des Unterrichts und Massnahmen zur Verbilligung von Reise und Unterhalt an den Kosten beteiligt. Da das Kind dazu nur in den wenigsten Fällen in der Lage ist, haben die Eltern nach Art. 276 Abs. 1 ZGB auch die Aufwendungen für die Ausbildung zu übernehmen. Das Gemeinwesen steht dem Einzelnen bei, der weder aus eigenen Mitteln noch, soweit die Eltern zum Unterhalt verpflichtet sind, durch ihre Unterstützung in der Lage ist, seine Schulung alleine zu finanzieren. Die Stipendiengesetze setzen daher regelmässig Eigenleistungen nach Massgabe der wirtschaftlichen Verhältnisse und der persönlichen Umstände voraus und bestimmen danach die Berechtigung zu Beihilfen und deren Höhe (Plotke, Schweizerisches Schulrecht, 2. Aufl. 2003, S. 242).

2.2 bis 2.5 (Feststellung, dass sich weder aus Art. 27 BV [Wirtschaftsfreiheit] noch aus Art. 62 f. BV [Schulwesen und Berufsbildung] oder Art. 11 BV bzw. Art. 3 UN-KRK [Kindeswohl] ein Anspruch der Beschwerdeführerin gegenüber dem Kanton Thurgau auf Übernahme des Schulgeldes für den Besuch der ausserkantonalen Ausbildungsstätte in Form der Fachschule A im Kanton Zürich ergibt)

3.

3.1 Die Beschwerdeführerin macht einen entsprechenden Anspruch aus der SchulgeldVO geltend. Im Zusammenhang mit der Frage nach einer Übernahme von bzw. nach Beiträgen an die Kosten einer (insbesondere ausserkantonalen) Ausbildungsstätte finden sich, wie nachfolgend dargestellt, weitere Rechtsgrundlagen, die bei der sich vorliegend stellenden Streitfrage ebenfalls zu berücksichtigen sind.

3.2 Gemäss Art. 16 Abs. 1 BBG besteht die berufliche Grundbildung aus der Bildung in beruflicher Praxis (lit. a); aus allgemeiner und berufskundlicher schulischer Bildung (lit. b) und aus Ergänzung der Bildung in beruflicher Praxis und schulischer Bildung, wo die zu erlernende Berufstätigkeit dies erfordert (lit. c). Die Vermittlung der beruflichen Grundbildung findet laut Art. 16 Abs. 2 BBG in der Regel an folgenden Lernorten statt: im Lehrbetrieb, im Lehrbetriebsverbund, in Lehrwerkstätten, in Handelsmittelschulen oder in anderen zu diesem Zweck anerkannten Institutionen für die Bildung in beruflicher Praxis (lit. a), in Berufsfachschulen für die allgemeine und die berufskundliche Bildung (lit. b); in überbetrieblichen Kursen und vergleichbaren dritten Lernorten für Ergänzungen der beruflichen Praxis und der schulischen Bildung (lit. c). Art. 22 Abs. 1 BBG verpflichtet die Kantone, in denen die Bildung in beruflicher Praxis erfolgt, für ein bedarfsgerechtes Angebot an Berufsfachschulen zu sorgen. Der obligatorische Unterricht ist gemäss Art. 22 Abs. 2 BBG unentgeltlich.

3.3 Der Kanton Thurgau ist der Berufsfachschulvereinbarung (BFSV, RB 412.613) beigetreten. Laut Art. 4 Abs. 1 BFSV ist für den beruflichen Unterricht an Berufs-fachschulen der Lehrortskanton zahlungspflichtig und dieser entscheidet im Ein-vernehmen mit dem Schulortskanton über eine Zuweisung zu einer ausserkantona-len Berufsfachschule. Gemäss Art. 4 Abs. 2 BFSV ist bei Lernenden von Vollzeit-schulen der Wohnsitzkanton zum Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns zahlungs-pflichtig, sofern er den Besuch einer ausserkantonalen Ausbildungsstätte bewilligt.

3.4 Das kantonale GBM bestimmt in § 39, dass der Regierungsrat mit anderen Kantonen, Staaten oder Angebotsträgern Vereinbarungen über die Zusammenarbeit, über Schulbeiträge oder über die Beteiligung an Schulen und anderen Angeboten abschliessen kann (Abs. 1); er kann Beteiligungen an Institutionen der Aus- oder Weiterbildung einrichten, an diese Beiträge leisten oder sich am Schulgeld beteiligen (Abs. 2). Laut § 40 GBM kann der Regierungsrat für die berufliche und schulische Bildung in Randregionen besondere Anordnungen treffen und Verträge mit ausserkantonalen oder privaten Schulträgern abschliessen (Abs. 1). Er sorgt für einen angemessenen Zugang zu Ausbildungen in seltenen Berufen (Abs. 2). Laut § 42 Abs. 1 GBM trägt der Kanton die Kosten der kantonalen Schulen und Angebote, nach Abzug von Beiträgen Dritter. Er zahlt die Kosten für Kurse, Schulen oder Angebote gemäss den eingegangenen Vereinbarungen (Abs. 2). Gemäss Abs. 3 von § 42 GBM leistet der Kanton Beiträge an:

1. überbetriebliche Kurse
2. Kurse für Berufsbildner und -bildnerinnen
3. Weiter- und Nachholbildung
4. das Schulgeld für die berufliche Grundbildung in Lehrwerkstätten

Nach § 42 Abs. 4 GBM kann der Kanton Beiträge an weitere Bildungsangebote, die er nicht selber anbietet und deren Besuch für Thurgauer Interessenten und Interessentinnen unentbehrlich ist, leisten.

3.5 Strittig ist, ob sich aus der SchulgeldVO ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Übernahme des Schulgeldes für den Besuch der Fachschule A ergibt. Gemäss § 1 SchulgeldVO leistet der Kanton unter folgenden Voraussetzungen einen Beitrag an die Schulgeldkosten für den Besuch einer ausserkantonalen Ausbildungsstätte im Anschluss an die obligatorische Schulpflicht:

1. der Kanton bietet unter Vorbehalt von § 3 keine gleichartige Ausbildung an;
2. die Ausbildungsstätte erfüllt die Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 des Stipendiengesetzes (Gesetz über Ausbildungsbeiträge [StipG, RB 416.1]);
3. die Ausbildungsstätte fällt nicht unter den Geltungsbereich einer interkantonalen Vereinbarung.

4.
4.1 Angesichts des in § 1 Ziff. 3 SchulgeldVO angebrachten Vorbehalts, wonach Beiträge des Kantons gestützt auf diese Verordnung nur geleistet werden, wenn die Ausbildungsstätte nicht unter den Geltungsbereich einer interkantonalen Vereinbarung fällt, stellt sich vorweg die Frage, ob auf die Fachschule A die BFSV (vgl. E. 3.3 vorstehend) Anwendung findet. Mit Ausnahme der Kantone St. Gallen und Zürich sind alle Kantone dieser interkantonalen Vereinbarung beigetreten (vgl. https://www.edk.ch/de/themen/bildungsfinanzierung/berufsfachschulen). Die im Kanton Zürich ansässige Fachschule A fällt als Ausbildungsstätte daher nicht in den Geltungsbereich der BFSV. Dass eine andere interkantonale Vereinbarung im Sinne von § 1 Ziff. 3 SchulgeldVO vorliegend anwendbar wäre, ist nicht ersichtlich.

4.2 Umstritten ist die Auslegung von § 1 SchulgeldVO bzw. die Frage, ob sich gestützt auf die SchulgeldVO ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Übernahme des Schulgeldes der Fachschule A ergibt. Bei der SchulgeldVO handelt es sich um eine regierungsrätliche Verordnung. Das Verwaltungsgericht ist gestützt auf die BV und § 51 Abs. 1 KV verpflichtet, die anwendbaren Rechtssätze auf ihre Übereinstimmung mit höherstufigem Recht zu überprüfen, wenn sich diese Frage in Verbindung mit einem konkreten Entscheid stellt (konkrete respektive akzessorische Normenkontrolle). Auf Verfassungs- oder Gesetzwidrigkeit ist jedoch nur zu erkennen, wenn eine Bestimmung keiner verfassungs- oder gesetzeskonformen Auslegung zugänglich ist. Im Übrigen hat das Gericht die Gewaltenteilung zu achten und den Gestaltungsspielraum des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers zu respektieren. Das Gericht darf grundsätzlich nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Gesetz- bzw. Verordnungsgebers setzen. So hat es bei Verordnungen einzig zu kontrollieren, ob diese den Rahmen der delegierten Kompetenzen sprengen oder aus anderen Gründen gesetzes- oder verfassungswidrig sind. Nicht Aufgabe des Gerichts ist es indessen, sich zur wirtschaftlichen oder politischen Sachgerechtigkeit der Norm zu äussern (Fedi/Meyer/Müller, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau, 2014, § 56 N. 7). Eine Vorschrift bedarf der Auslegung, wenn ihr Wortlaut nicht klar ist oder wenn bei klarem Wortlaut Zweifel bestehen, ob er den wahren Sinn der Norm wiedergebe. Ziel der Auslegung ist es, den Sinn eines Rechtssatzes zu ergründen. Die Auslegung stützt sich auf ver-schiedene Auslegungselemente, wobei Lehre und Rechtsprechung das grammatische, historische, systematische und teleologische Element unterscheiden. Ausgangspunkt jeder Auslegung ist der Wortlaut der Bestimmung, wobei deren Sinn und Zweck anhand sämtlicher anerkannter Auslegungselemente festzustellen ist (BGE 140 II 415 E. 5.4; 118 IB 187 E. 4).

4.3 Auch wenn sich die SchulgeldVO im kantonalen Rechtsbuch unter der Rubrik "Förderung der Ausbildung. Stipendien" (RB 416) findet, ist davon auszugehen, dass die SchulgeldVO dem Vollzug der §§ 39 Abs. 2 und 42 Abs. 3 Ziff. 4 GBM (vgl. E. 3.4 vorstehend) dient. Nach § 42 Abs. 3 Ziff. 4 GBM leistet der Kanton Beiträge an das "Schulgeld für die berufliche Grundbildung in Lehrwerkstätten". Dabei stellt sich die Frage, ob unter Lehrwerkstätten im Sinne dieser Bestimmung nur solche zu verstehen sind, die sich im Kanton Thurgau befinden, oder ob mit diesen auch aus-serkantonale Lehrwerkstätten (wie die Fachschule A) gemeint sind. Dabei ist zum einen § 42 Abs. 2 GBM zu berücksichtigen, gemäss welchem der Kanton die Kosten für Kurse, Schulen oder Angebote "gemäss den eingegangenen Vereinbarungen" zahlt. Hat sich der Kanton im Rahmen einer interkantonalen Vereinbarung zur Bezahlung entsprechender Kosten für ausserkantonale Angebote verpflichtet, hat er diese entsprechend zu bezahlen, was eine Selbstverständlichkeit darstellt. Zum andern "kann" der Kanton gemäss § 42 Abs. 4 GBM Beiträge an weitere Bildungsangebote, die der Kanton nicht selber anbietet und deren Besuch für Thurgauer Interessenten und Interessentinnen unentbehrlich ist, leisten. In der Botschaft des Regierungsrates vom 3. Oktober 2006 zum GBM wurde zur Regelung von § 42 GBM (in der Botschaft noch § 41) festgehalten, dass sich der Kanton wie bisher an den Kosten der überbetrieblichen Kurse, an Kursen für Berufsbildnerinnen und -bildner, an Angeboten der Weiter- und Nachholbildung beteiligen und "einen Teil der Schulkosten im Falle von Ausbildungen in Lehrwerkstätten" tragen werde. Diese Erläuterungen beziehen sich auf die heutige Regelung von § 42 Abs. 3 GBM. Weiter wird in der Botschaft ausgeführt, dass Angebote, die der Kanton nicht selber unterhält, an deren Durchführung aber ein öffentliches Interesse besteht und die nicht selbsttragend zu organisieren sind, unterstützt werden "können". Diese Ausführungen beziehen sich auf die "Kann-Bestimmung" gemäss Abs. 4 von § 42 GBM. Dar-aus ist abzuleiten, dass sich § 42 Abs. 3 Ziff. 4 GBM auf Angebote in Form von Lehrwerkstätten des Kantons Thurgau bezieht, währenddem der Kanton die Finan-zierung von ausserkantonalen Angeboten im Sinne von § 42 Abs. 4 GBM mit der gewählten "Kann-Bestimmung" in sein Ermessen stellt. Damit kann nicht davon ausgegangen werden, dass mit § 42 Abs. 3 Ziff. 4 GBM ein gesetzlicher Anspruch auf Beiträge an das Schulgeld für den Besuch von jeglichen ausserkantonalen Lehrwerkstätten statuiert werden sollte, ohne dass vom Kanton hierfür eine inter-kantonale Vereinbarung geschlossen worden wäre (§ 42 Abs. 2 GBM), ohne dass der Besuch eines entsprechenden ausserkantonalen Angebots im Einzelfall ausdrücklich bewilligt worden wäre und ohne dass die Voraussetzungen in Form des Fehlens eines entsprechenden Angebots im Kanton und der Unentbehrlichkeit für Thurgauer Interessenten (§ 42 Abs. 4 GBM) erfüllt wären.

4.4 Dies entspricht denn auch der Regelung von § 39 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung des Regierungsrates über die berufliche Grundbildung (BbG, RB 412.212), welche - unter dem Titel "Ausbildungen mit ausserkantonalem Bezug" - festlegt, dass der Kanton die Kosten "für die bewilligten oder angeordneten Besuche ausserkantonaler Schulen und Angebote nach Massgabe interkantonaler Vereinbarungen" zahlt. In dieser Verordnung (BbG), die am 25. November 2014 und damit erheblich nach der SchulgeldVO vom 8. Januar 2001 erlassen wurde, hat der Regierungsrat die Übernahme der Kosten für entsprechende ausserkantonale Ausbildungsangebote auf solche beschränkt, deren Besuch von der zuständigen kantonalen Behörde bewilligt oder angeordnet wurde, wobei für die Übernahme der Kosten die jeweilige interkantonale Vereinbarung massgebend ist.

4.5 In diesem Sinne legt auch Art. 4 Abs. 2 BFSV fest, dass bei Lernenden von Vollzeitschulen der Wohnsitzkanton zum Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns zahlungspflichtig ist, sofern er "den Besuch einer ausserkantonalen Ausbildungsstätte bewilligt". Zwar ist der Kanton Zürich, wie dargestellt, der BFSV nicht beigetreten, womit die BFSV nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar ist. Im Sinne einer gesetzessystematischen Auslegung der SchulgeldVO ist jedoch auch die BFSV zu beachten. Besteht auch das Angebot einer dualen Ausbildung mit einem Lehrbe-trieb in einem Kanton und der entsprechenden Berufsfachschule in einem anderen Kanton, so wird die Tragung der Kosten für den Besuch der (ausserkantonalen) Berufsfachschule in Art. 4 Art. 1 BFSV geregelt; in diesem Fall ist der Lehrortkanton für die Kosten des beruflichen Unterrichts an Berufsfachschulen zahlungspflichtig (Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BFSV). Bei Lernenden von Vollzeitschulen, das heisst bei einer nicht-dualen Ausbildung, wie sie die Beschwerdeführerin in der Fachschule A zu absolvieren beabsichtigt bzw. bereits absolviert, wird der Wohnsitzkanton (zum Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns) nur dann zahlungspflichtig, wenn er den Besuch der ausserkantonalen Ausbildungsstätte bewilligt hat, wobei die Bewilligung mit der Anmeldung vorzuliegen hat (Art. 4 Abs. 2 BFSV). Zwar regelt die SchulgeldVO mit § 1 Ziff. 3 die Fälle, in welchen interkantonale Vereinbarungen (wie die BFSV) nicht anwendbar sind. Aus gesetzessystematischer Sicht wäre es aber nicht nachvollziehbar, wenn die Beschwerdeführerin mangels Anwendbarkeit der BFSV besser gestellt wäre (indem das Schulgeld für die von ihr im Kanton Zürich besuchte Ausbildungsstätte ohne vorgängige Bewilligung/Genehmigung des Schulbesuchs durch den Kanton Thurgau zu übernehmen wäre) als Dritte, bei welchen diese interkantonale Vereinbarung zur Anwendung gelangt (und bei denen das Schulgeld nur übernommen würde, wenn der Besuch der ausserkantonalen Bildungsstätte vorgängig bewilligt worden wäre).

4.6 Aufgrund der gesetzlichen Stufenfolge vermag eine vom Regierungsrat gestützt auf ein Gesetz im formellen Sinn erlassene Verordnung keinen weitergehenden Rechtsanspruch als denjenigen zu vermitteln, der vom Gesetz vorgegeben wird. Unter Berücksichtigung der oben dargestellten Rechtsgrundlagen ist § 1 Ziff. 1 SchulgeldVO vor dem Hintergrund von § 42 Abs. 4 GBM zu verstehen. Diese gesetzliche Bestimmung von § 42 Abs. 4 GBM regelt - auf Gesetzesstufe - die Möglichkeit der Leistung von Beiträgen an Bildungsangebote, die der Kanton selber nicht anbietet. § 42 Abs. 4 GBM ist als "Kann-Bestimmung" formuliert. Dem Regie-rungsrat steht es nicht zu, mittels Verordnungsbestimmung einen zwingenden Rechtsanspruch auf entsprechende Beiträge zu statuieren, wenn der Gesetzgeber auf der übergeordneten Gesetzesstufe keinen derartigen zwingenden Rechtsanspruch begründen wollte, sondern der zuständigen Behörde mittels "Kann-Bestimmung" ein gewisses - selbstverständlich rechtskonform auszuübendes - Ermessen eingeräumt hat.

4.7 Vor diesem Hintergrund ergibt die Auslegung, dass in einer Konstellation wie der vorliegenden, in welcher der Kanton gestützt auf die gesetzlichen Möglichkeiten nicht beabsichtigt, ein ausserkantonales Angebot (z. B. durch den Abschluss einer Leistungsvereinbarung) zu unterstützen (§ 42 Abs. 4 GBM), § 1 Abs. 1 SchulgeldVO keinen Anspruch auf die Übernahme eines Schulgeldes begründet. Diese Auslegung steht auch im Einklang mit § 3 SchulgeldVO, wonach ein Selbstbehalt anfällt, wenn jemand - mit Zustimmung des zuständigen Amtes - eine ausserkantonale Berufsfachschule besucht, welche der Kanton Thurgau selber anbietet (und die hier für den Schüler kostenlos wäre). Mit dieser Auslegung wird auch den berechtigten Bedenken der Vorinstanz Rechnung getragen, dass es zu einer kaum abschätzbaren Vielzahl von Ansprüchen auf Kostenübernahme von ausserkantonalen Ausbildungen führen würde, wenn der Kanton in sämtlichen Grundbildungen nebst dem dualen Weg (mit Berufsfachschule) auch noch rein schulisch organisierte Angebote anbieten oder andernfalls die Kosten von entsprechenden ausserkantonalen Bildungsangeboten übernehmen müsste. Dass der Kanton Thurgau früher selber eine kantonale Lehrwerkstatt mit Ausbildung zur Bekleidungsgestalter/in EFZ führte, vermag daran nichts zu ändern (…).

4.8 Dieser Auslegung von § 1 ff. SchulgeldVO steht auch die KV nicht entgegen. So führt der Kanton Kindergärten, Volksschulen, Berufsschulen und Mittelschulen und sorgt für den Zugang zu Universitäten, Fachhochschulen, weiteren Hochschulen, höheren Fachschulen und Fachschulen. Er kann solche Schulen führen oder unterstützen (§§ 71 Abs. 1 und 72 KV). Da es der Beschwerdeführerin durch den Kanton (unbestrittenermassen) ermöglicht wird, bei Vorliegen einer Lehrstelle in einem Lehrbetrieb im Kanton Thurgau (kostenlos) eine ausserkantonale Berufs-schule zu besuchen, wird die KV nicht verletzt. Eine entsprechende Lehrstelle zu finden - innerhalb oder auch ausserhalb des Kantons (dann allenfalls mit entsprechender Übernahme der Kosten für die Berufsfachschule durch den jeweiligen Lehrortskanton, vgl. Art. 4 Abs. 1 BFSV) - ist hingegen Sache der Beschwerdeführerin selber. Es besteht weder ein Rechtsanspruch auf eine entsprechende Lehrstelle, noch darauf, die gewünschte Lehre in jedem Fall absolvieren zu können. (…)

4.9 Der Beschwerdeführerin steht es frei, ihre Ausbildung an der Fachschule A zu absolvieren, sofern ihre Eltern für die Kosten aufkommen. Sollten die finanziellen Verhältnisse dies nicht zulassen, könnte allenfalls ein entsprechendes Gesuch um Ausbildungsbeiträge nach StipG gestellt werden, wobei vorliegend nicht zu beurteilen ist, inwiefern die Voraussetzungen für derartige Ausbildungsbeiträge gegeben wären.

5. Zusammenfassend ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin gestützt auf § 1 SchulgeldVO kein Rechtsanspruch gegenüber dem Kanton Thurgau auf Übernahme der bzw. Beteiligung an den Schulgeldkosten für den Besuch der als Vollzeitschule ausgestalteten Fachschule A zusteht. Auch eine andere Anspruchsgrundlage besteht nicht. Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, weshalb sie abzuweisen ist.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2023.40/E vom 6. Dezember 2023

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