TVR 2023 Nr. 8
Verteilung der Kosten für den Beizug von Hilfspersonen; Umfang der gemäss § 5 Abs. 2 VGV zulässigen Überschreitung des in § 9 Abs. 1 Ziff. 2 VGV normierten Rahmens der Verfahrensgebühr.
Anfallende Kosten für den Beizug von Hilfspersonen, welche die Aufgaben eines Amtes übernehmen, stellen interne Kosten dar und gelten nicht als Barauslagen im Sinne von § 76 Abs. 1 VRG.
Gemäss § 5 Abs. 2 VGV kann der in § 9 Abs. 1 Ziff. 2 VGV normierte Rahmen der Verfahrensgebühr bei besonders grossem Aufwand überschritten werden. Bei mehr als einer Verdoppelung der Ansätze werden diese von § 9 Abs. 1 VGV jedoch nicht mehr getragen und sind nicht mehr gesetzmässig. Dies entspricht auch der Regelung von § 3 Abs. 2 VGG, wonach die Gerichtsbehörden die Verfahrensgebühr (mit Ausnahme des Strafverfahrens, wo eine Erhöhung bis auf das Vierfache möglich ist) bis auf höchstens das Doppelte erhöhen können.
Im Rahmen eines gegen Dr. med. X (Beschwerdeführer) und die Y AG eröffneten Abklärungsverfahrens zog das Amt für Gesundheit (AfG) die A AG als juristische Unterstützung bei. Mit Entscheid vom 2. Dezember 2022 entzog das DFS (Vorinstanz) dem Beschwerdeführer die Berufsausübungsbewilligung zur Tätigkeit als Arzt unter fachlicher Aufsicht und auferlegte ihm eine Verfahrensgebühr in der Höhe von Fr. 20'000.--. Gegen diesen Entscheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde beim Verwaltungsgericht, welches die Beschwerde insofern teilweise gutheisst, als es die Verfahrensgebühr der Vorinstanz auf Fr. 5'000.-- herabsetzt.
Aus den Erwägungen:
9.
9.1 Für Amtshandlungen der Behörden sind die vorgeschriebenen Gebühren zu entrichten und die anfallenden Barauslagen zu ersetzen. Die Kostenregelung wird von der in der Hauptsache zuständigen Behörde getroffen. Die Kostenregelung kann selbständig oder mit der Hauptsache angefochten werden (§ 76 VRG).
9.2 Die Vorinstanz auferlegte dem Beschwerdeführer Verfahrenskosten in Höhe von Fr. 20'000.--. Diese beanstandet er in der Höhe zwar nicht explizit. Indem mit Beschwerdeschrift vom 27. Januar 2023 der Antrag gestellt wurde, der Entscheid sei (integral) aufzuheben, sind jedoch auch die Kostenfolgen implizit mitangefochten. Dass mit Verfahrenskosten von Fr. 20'000.-- vorliegend das Kostendeckungsprinzip verletzt wäre, ist nicht ersichtlich. Das Äquivalenzprinzip besagt demgegenüber, dass eine Gebühr nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zum objektiven Wert der Leistung stehen darf und sich in vernünftigen Grenzen halten muss (Fedi/Meyer/Müller, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau, 2014, § 76 N. 3). Nachdem die widerrufene Bewilligung nur noch bis 31. März 2023 gültig gewesen wäre, stellt sich hier die Frage, ob das Äquivalenzprinzip mit Kosten in Höhe von Fr. 20'000.-- nicht verletzt worden wäre.
9.3 Gemäss § 9 Abs. 1 Ziff. 2 VGV erheben die Departemente Gebühren zwischen Fr. 50.-- und Fr. 2'500.-- (vgl. dazu auch TVR 2018 Nr. 16). Sind Gebühren innerhalb eines Rahmens festzulegen, bemessen sie sich nach dem Aufwand und der Bedeutung der Sache. Bei besonders grossem Aufwand kann der Rahmen überschritten werden. Der Ansatz ist in diesem Fall zu begründen (§ 5 Abs. 1 und 2 VGV).
9.4 Ebenfalls zu ersetzen sind gemäss § 76 Abs. 1 VRG anfallende Barauslagen. Davon erfasst werden die in einem Verfahren entstandenen Kosten für Zeugenentschädigungen, Gutachten, Übersetzungen und andere besondere Ausgaben (vgl. dazu auch § 2 Abs. 3 VGV). Hingegen werden Personal-, Raum und Materialkosten bereits mit den Gebühren abgegolten (Fedi/Meyer/Müller, a.a.O., § 76 N. 6). Interne Kosten fallen daher grundsätzlich ausser Betracht, dies gilt auch für die Kosten der A. AG, da diese als Hilfsperson des zuständigen Amtes beigezogen wurde und (genuine) Aufgaben des Amtes übernommen hat. Folglich könnten dem Beschwerdeführer nur allfällige Kosten für externe Gutachten oder Zeugenentschädigungen auferlegt werden. Dass Letzteres ausgerichtet worden wäre, wird von der Vorinstanz nicht behauptet. Zudem weist die Vorinstanz auch nicht aus, welche exakten Kosten für das Gutachten (…) angefallen sind, und sie begründete nicht, warum und in welchem Umfang diese dem Beschwerdeführer als Barauslagen aufzuerlegen wären, nachdem der Beschwerdeführer zu den Gutachtern nicht Stellung nehmen, keine Ausstandsgründe vorbringen und auch keine Zusatzfragen stellen konnte, das Gutachten von Prof. em. Dr. R. vorwiegend zur Weiterbildung in der Y AG Stellung nimmt und das Gutachten von Prof. Dr. S. (…) die Y AG als Ganzes betrifft, sich jedoch nicht explizit zum Beschwerdeführer selber äussert.
9.5 Somit bleibt es bei der Verfahrensgebühr gemäss § 9 Abs. 1 Ziff. 2 VGV, wobei der Rahmen gemäss § 5 Abs. 2 VGV bei besonders grossem Aufwand überschritten werden kann. Von einem solchen grossen Aufwand ist vorliegend sicherlich auszugehen. Eine Erhöhung um das Achtfache von Fr. 2'500.-- auf Fr. 20'000.-- hält jedoch in Anbetracht des im VGV festgelegten Rahmens nicht stand und widerspricht dem Vertrauen der Bevölkerung, in welchem Ausmass Verfahrensgebühren anfallen können. Bei mehr als einer Verdoppelung der Ansätze, werden diese von § 9 Abs. 1 VGV nicht mehr getragen und sind nicht mehr gesetzmässig. Dies entspricht denn auch der Regelung von § 3 Abs. 2 VGG, wonach die Gerichtsbehörden die Verfahrensgebühr (mit Ausnahme des Strafverfahrens, wo eine Erhöhung bis auf das Vierfache möglich ist) bis auf höchstens das Doppelte erhöhen können. Somit hätten im vorliegenden Verfahren dem Beschwerdeführer maximale Verfahrenskosten von Fr. 5'000.-- auferlegt werden dürfen. Bei Verfahrenskosten in dieser Höhe wird vorliegend auch das Äquivalenzprinzip nicht verletzt.
10. Im Ergebnis ist der Entscheid der Vorinstanz vom 2. Dezember 2022 bezüglich des Entzugs der Berufsausübungsbewilligung daher zu schützen. Aufzuheben ist hingegen Ziff. 2 des angefochtenen Entscheids und die Verfahrensgebühr ist auf Fr. 5'000.-- festzulegen. In diesem Sinne ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen.
Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2023.12/E vom 30. August 2023