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TVR 2024 Nr. 22

Voraussetzungen für die Änderung eines Gestaltungsplans aufgrund veränderter Verhältnisse.


§ 4 Abs. 1 PBG, § 23 PBG, § 24 PBG, Art. 1 RPG, Art. 3 RPG, Art. 21 Abs. 2 RPG


Haben sich die Verhältnisse erheblich geändert, so werden die Nutzungspläne überprüft und nötigenfalls angepasst (Art. 21 Abs. 2 RPG). Als Verhältnisse, deren Änderung eine Plananpassung rechtfertigen, kommen sowohl tatsächliche (z. B. Bevölkerungswachstum, neue Erschliessungsbedingungen, neue Auswirkungen der übergeordneten Planung) als auch rechtliche Umstände (z. B. Änderung des Planungsrechts, Revision des Richtplans) in Betracht. Im Hinblick auf eine allfällige Anpassung eines Nutzungs- bzw. Sondernutzungsplans ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob sich die Verhältnisse so erheblich geändert haben, dass die Nutzungsplanung überprüft werden muss. In einem zweiten Schritt erfolgt nötigenfalls die Planan­passung. Ob eine Plananpassung (zweite Stufe) aufgrund veränderter Verhältnisse gerechtfertigt ist, beurteilt sich nach ständiger Rechtsprechung aufgrund einer Interessenabwägung. Dabei ist auf der einen Seite die Notwendigkeit einer gewissen Stabilität nutzungsplanerischer Festlegungen zu beachten, auf der anderen Seite das Interesse, die Pläne an eingetretene Veränderungen anzupassen.


Die Verfahrensbeteiligte 8 ist Eigentümerin der Liegenschaft Nr. XX, Grundbuch Uttwil. Die Liegenschaft ist gemäss dem geltenden Zonenplan der Politischen Gemeinde Uttwil (Beschwerdeführerin) der Wohnzone W2b und der Seeuferschutzzone zugewiesen. Zudem liegt sie im Perimeter des im Jahr 2015 genehmigten Gestaltungsplans "Seewiigarte". Nachdem sich die Absichten der Verfahrensbeteiligten 8 betreffend die Nutzung der Liegenschaft Nr. XX verändert hatten (Verzicht auf das ursprünglich vorgesehene Projekt mit einer grossen Villa, statt dessen Erstellung eines Mehrfamilienhauses), wurde eine Änderung des Gestaltungsplans "Seewiigarte" in die Wege geleitet. Die während der öffentlichen Auflage dieser Änderung erhobenen Einsprachen wies die Beschwerdeführerin am 9. November 2021 ab und ersuchte am 8. Februar 2022 das DBU (Vor­instanz) um Genehmigung der Änderung des Gestaltungsplans "Seewiigarte". Dagegen wurden mehrere Rekurse erhoben.

Mit Entscheiden vom 14. Juni 2023 hiess die Vorinstanz die Rekurse gut, hob die angefochtenen Entscheide der Beschwerdeführerin auf und verweigerte die Genehmigung der Änderung des Gestaltungsplans "Seewiigarte". Dagegen erhoben die Beschwerdeführerin und die Verfahrensbeteiligte 8 je Beschwerde beim Verwaltungsgericht. Dieses heisst die Beschwerden gut, hebt den Nichtgenehmigungsentscheid sowie den Rekursentscheid der Vorinstanz auf und genehmigt die von der Beschwerdeführerin erlassene Änderung des Gestaltungsplans "Seewiigarte".

 

Aus den Erwägungen:

 

2.

2.1 Gestaltungspläne nach § 23 PBG sind Sondernutzungspläne und Teil der Nutzungsplanung. Dementsprechend hat sich die Behörde an die Ziele und Planungsgrundsätze nach Art. 75 BV sowie Art. 1 und 3 RPG zu halten (vgl. dazu auch Aemisegger/Kissling, in: Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen [Hrsg.], Praxiskommentar RPG: Nutzungsplanung, 2016, Vorbemerkungen zur Nutzungsplanung Rz. 59 ff.). Dabei unterscheidet die Praxis zwischen projektbezogenen Sondernutzungsplänen, für die schon ein relativ konkret ausgearbeitetes Bauprojekt vorliegt, und nicht projektbezogenen Plänen, für die ein konkretes Bauvorhaben erst noch ausgearbeitet werde muss (Hettich/Mathis in: Griffel/Liniger/Rausch/Thurnherr [Hrsg.], Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, 2016, Rz. 1.81). Nach § 23 PBG dient der Gestaltungsplan je nach Zielsetzung der architektonisch guten, auf die bauliche und landschaftliche Umgebung und die besonderen Nutzungsbedürfnisse abgestimmten Überbauung, Verdichtung oder Erneuerung sowie der angemessenen Ausstattung mit Anlagen zur Erschliessung oder im Nichtbaugebiet der Landschaftsgestaltung. § 24 PBG bestimmt sodann, dass in solchen Plänen, soweit erforderlich, insbesondere die Erschliessung, die Lage, die Grösse und die Gestaltung der Bauten und Anlagen und die Reihenfolge der Verwirklichung, die Bauweise, der Standort, die Art und Grösse von Gemeinschaftsanlagen, die Grünflächen, die Bepflanzungen, die technische und funktionelle Anforderungen festgelegt werden (Abs. 1). Von der Regelbauweise kann abgewichen werden, wenn dadurch gesamthaft eine bessere Siedlungsgestaltung erzielt wird und diese im öffentlichen Interesse liegt (Abs. 2).

 

2.2 Die Gemeindebehörde erlässt Richt-, Sondernutzungs- und Landumle­gungspläne und trifft die zur Erschliessung notwendigen Massnahmen (§ 4 Abs. 3 PBG). Regionale Richtpläne, Richtpläne der Gemeinden, Rahmen- und Sondernutzungspläne gemäss den §§ 13 bis 25 PBG samt den zugehörigen Vorschriften, Beitrags- und Gebührenreglemente sowie Abgabereglemente für Spielplätze, Freizeitflächen und Parkfelder der Gemeinden bedürfen der Genehmigung des Departements. Genehmigungsbedürftige Erlasse, Pläne und Vorschriften werden auf Einhaltung des übergeordneten Rechts und der übergeordneten Pläne überprüft. Die Genehmigung hat rechtsbegründende Wirkung. Das Departement kann im Genehmigungsentscheid von Nutzungsplänen offensichtlich gesetzeswidrige Pläne und Vorschriften ändern, sofern die Gemeindebehörde zustimmt und keine grundlegende Überarbeitung erforderlich ist. Die betroffenen Privaten sind anzuhören. Verweigert das Departement die Genehmigung von Nutzungsplänen ganz oder teilweise, ist der Entscheid im Amtsblatt zu veröffentlichen. Die Veröffentlichung enthält den Namen der Gemeinde und das Gebiet, das vom Nichtgenehmigungsentscheid betroffen ist, sowie Hinweise auf die Beschwerdemöglichkeit und die Rechtsmittelfrist (§ 5 Abs. 2 bis 5 PBG).

 

2.3 Das Bundesrecht verlangt in Art. 33 Abs. 3 lit. b RPG vom kantonalen Recht, dass die volle Überprüfung der angefochtenen Verfügungen und Nutzungspläne durch wenigstens eine Beschwerdebehörde gewährleistet ist. Eine solche volle Überprüfung bedeutet nach langjähriger Rechtsprechung die Prüfung, ob Rechtsverletzungen einschliesslich Überschreitung, Unterschreitung oder Missbrauch des Ermessens vorliegen, die Prüfung, ob der rechtserhebliche Sachverhalt unrichtig oder unvollständig festgestellt wurde, und die Prüfung, ob eine Massnahme unangemessen ist. Mit der Pflicht zur vollen Überprüfung wird aber nicht ausgeschlossen, dass sich die Rechtsmittelinstanz eine gewisse Zurückhaltung auferlegt, wenn der unteren Instanz im Zusammenhang mit der Anwendung unbestimmter Gesetzesbegriffe oder bei der Handhabung des Planungsermessens ein Beurteilungsspielraum oder Ermessensbereich zusteht. Vielmehr wird dies in Art. 2 Abs. 3 RPG von übergeordneten gegenüber nachgeordneten Behörden sogar ausdrücklich verlangt. Die Rechtsmittelinstanzen sollen insbesondere bei Planüberprüfungen nicht ihr Ermessen an die Stelle des Ermessens des Planungsträgers setzen (Urteil des Bundesgerichts 1C_372/2010 vom 11. Februar 2011 E. 8.1). Daraus folgt, dass eine Planung genehmigt werden muss, sofern sie den einschlägigen Normen entspricht. Sind mithin mehrere zweckmässige Lösungen denkbar, obliegt es nicht dem Departement, der Gemeinde eine davon vorzuschreiben. Die kantonale Überprüfung einer kommunalen Ortsplanung muss sachlich vor allem dort zurückhaltend erfolgen, wo es um lokale Angelegenheiten geht; hingegen hat die Überprüfung so weit auszugreifen, dass die übergeordneten, vom Kanton zu sichernden Interessen einen angemessenen Platz erhalten (BGE 127 II 238 E. 3b/aa mit Hinweisen). Eine Verletzung der Gemeindeautonomie liegt somit nicht vor, wenn eine planerische Lösung der Gemeinde verworfen wird, die sich aufgrund überkommunaler öffentlicher Interessen als unzweckmässig erweist oder die den wegleitenden Grundsätzen und Zielen der Raumplanung nicht entspricht oder unzureichend Rechnung trägt (Urteil des Bundesgerichts 1C_663/2020 vom 2. November 2021 E. 3.2).

 

3.

3.1 Nach Art. 21 Abs. 1 RPG sind Nutzungspläne für jedermann verbindlich. Haben sich die Verhältnisse erheblich geändert, so werden die Nutzungspläne überprüft und nötigenfalls angepasst (Art. 21 Abs. 2 RPG). § 8 Abs. 3 PBG hält auf kantonaler Ebene fest, dass die Kommunalplanung periodisch zu überprüfen und bei erheblich veränderten Verhältnissen nötigenfalls anzupassen ist. Die Bestimmung enthält die sich aus Art. 21 Abs. 2 RPG ergebende Prüfungspflicht von Nutzungsplänen, wenn der Planungshorizont für Bauzonen von 15 Jahren abgelaufen ist oder sich die Verhältnisse erheblich geändert haben (vgl. BGE 145 II 83 E. 5.4). Als Verhältnisse, deren Änderung eine Plananpassung rechtfertigen, kommen sowohl tatsächliche (z. B. Bevölkerungswachstum, neue Erschliessungsbedingungen, neue Auswirkungen der übergeordneten Planung) als auch rechtliche Umstände (z. B. Änderung des Planungsrechts, Revision des Richtplans) in Betracht (vgl. Tanquerel, in: Aemisegger/Moor/Ruch/Tschannen [Hrsg.], Praxiskommentar RPG: Nutzungsplanung, 2016, Art. 21 N. 45). Erheblich verändert haben sich die Verhältnisse, wenn die der Planfestsetzung zugrundeliegenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände zu wesentlichen Teilen dahingefallen oder seither neue Bedürfnisse entstanden sind. Die Verhältnisse müssen sich in einer Weise geändert haben, dass kein öffentliches Interesse mehr an der Beibehaltung der bisherigen Ordnung besteht (Janser, Wegweiser durch das Thurgauer Planungs- und Baugesetz, 2. Aufl. 2021, S. 30 f.). Es gelten in Bezug auf die Beständigkeit nicht die gleichen Anforderungen wie beim Rechtssatz oder der Verfügung. Vielmehr sucht die Norm einen Kompromiss zwischen zwei gegenläufigen Forderungen. Einerseits besteht das Bedürfnis, den Nutzungsplan jederzeit an die aktuellen Verhältnisse anzupassen. Andererseits ist es ein Anliegen, auf die Planbeständigkeit vertrauen zu können (Pletscher, Der Gestaltungsplan i.e.S., 2021, Rz. 139).

 

3.2 Dementsprechend ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob sich die Verhältnisse so erheblich geändert haben, dass die Nutzungsplanung überprüft werden muss; in einem zweiten Schritt erfolgt nötigenfalls die Plananpassung (Urteil des Bundesgerichts 1C_555/2020 vom 16. August 2021 E. 6.1 mit Verweis auf BGE 144 II 41 E. 5.1; 140 II 25 E. 3 mit Hinweisen, Pletscher, a.a.O., Rz. 141). Ob eine Plananpassung (zweite Stufe) aufgrund veränderter Verhältnisse gerechtfertigt ist, beurteilt sich nach ständiger Rechtsprechung aufgrund einer Interessenabwägung. Dabei ist auf der einen Seite die Notwendigkeit einer gewissen Stabilität nutzungsplanerischer Festlegungen zu beachten, auf der anderen Seite das Interesse, die Pläne an eingetretene Veränderungen anzupassen. Zu berücksichtigen sind insbesondere die bisherige Geltungsdauer des Nutzungsplans, das Ausmass seiner Realisierung und Konkretisierung, das Gewicht des Änderungsgrunds, der Umfang der beabsichtigten Planänderung und das öffentliche Interesse daran (BGE 140 II 25 E. 3.1 mit Hinweisen; Urteil des Bundesgerichts 1C_60/2020 vom 25. November 2020 E. 3.1). Je neuer ein Zonenplan ist, umso mehr darf mit seiner Beständigkeit gerechnet werden, und je einschneidender sich die beabsichtigte Änderung auswirkt, umso gewichtiger müssen die Gründe sein, die für die Planänderung sprechen (Urteile des Bundesgerichts 1C_300/2020 vom 1. Dezember 2020 E. 2.1 und 1C_555/2020 vom 16. August 2021 E. 6.1; vgl. auch Tanquerel, a.a.O., Art. 21 N. 33 ff.).

 

4.

4.1 In einem ersten Schritt ist somit vorliegend zu prüfen, ob sich die Verhältnisse bezüglich des ursprünglichen Gestaltungsplans "Seewiigarte" seit dessen Erlass im Jahr 2015 im Sinne von Art. 21 Abs. 2 RPG bzw. § 8 Abs. 3 PBG erheblich geändert haben. Der gültige Gestaltungsplan "Seewiigarte" wurde von der Vorinstanz am 23. April 2015, das heisst vor weniger als 15 Jahren, genehmigt. Wie die Vorinstanz zu Recht festhält, fällt eine Planänderung aufgrund der kurzen Geltungsdauer aber nicht per se ausser Betracht. Der Planbeständigkeit kommt keine absolute Bedeutung zu (vgl. BGE 124 II 391 E. 4b).

 

4.2 Grundsätzlich ist die Annahme veränderter Verhältnisse nicht gerechtfertigt, wenn die aktuelle Sach- oder Rechtslage derjenigen entspricht, die im Zeitpunkt der letztmaligen Planung vorgeherrscht hat (Pletscher, a.a.O., Rz. 140). Davon ist vorliegend jedoch nicht auszugehen. Die Ortsplanung der Beschwerdeführerin wurde seit dem Erlass des ursprünglichen Gestaltungsplans "Seewiigarte" vollständig revidiert. Der neue Richtplan, Zonenplan sowie das BauR wurden am 1. Februar 2021 in Kraft gesetzt (Die Bestandteile des Rahmennutzungsplans sind im Internet abrufbar: https://www.uttwil.ch/themen-a-z/richtplan.html/167). Die strittige Liegenschaft Nr. XX befindet sich neu in der Zone W2b, was eine grosszügigere Bebauung zulässt. So wurden namentlich die Masse für die Gebäudehöhen gegenüber den früheren Maximalmassen erhöht (…). Vor der Änderung der Rahmennutzungsplanung befand sich die Liegenschaft Nr. XX in der Wohnzone W2, in welcher z. B. eine Gebäudehöhe von maximal 6.50 m zulässig war (…). Gemäss neuem BauR der Beschwerdeführerin beträgt die maximal zulässige Fassadenhöhe in der Zone W2b 8.50 m und die maximal zulässige Gebäudehöhe 12.00 m. Bereits unter diesem Gesichtspunkt ist aufgrund der Ortsplanungsrevision von erheblich veränderten Verhältnissen seit Erlass des ursprünglichen Gestaltungsplans "Seewiigarte" im Jahr 2015 auszugehen.

 

4.3 Inwiefern zudem aufgrund des Wegfalls des Interesses der Verfahrensbeteiligten 8 an einer Realisierung der ursprünglich im Baubereich C geplanten Villa auch in tatsächlicher Hinsicht eine erhebliche Änderung der Verhältnisse gegeben ist, kann damit offenbleiben. Jedenfalls ist im Rahmen des ersten Prüfungsschritts festzustellen, dass infolge der Ortplanungsrevision von erheblich veränderten Verhältnissen im Sinne von Art. 21 Abs. 2 RPG bzw. § 8 Abs. 3 PBG auszugehen ist, welche eine Überprüfung des Gestaltungsplans zulassen.

 

5.

5.1 In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob die Notwendigkeit bzw. ein rechtsgenüglicher Bedarf besteht, den Gestaltungsplan effektiv anzupassen. Diese Entscheidung ist im Rahmen einer Interessenabwägung zu treffen (Pletscher, a.a.O., Rz. 141 f., Tanquerel, a.a.O., Art. 21 N. 33).

 

5.2 Vorliegend hat die Verfahrensbeteiligte 8 als Eigentümerin der Liegenschaft Nr. XX bestätigt, dass kein Interesse mehr am Bau der ursprünglich geplanten Villa im Baubereich C besteht. Die Villa wird daher nicht gebaut werden. Solange der Gestaltungsplan nicht geändert wird, besteht somit keine Möglichkeit, die Liegenschaft Nr. XX zu überbauen. Dies liegt weder im privaten Interesse der Eigentümerschaft, noch im öffentlichen Interesse an einer haushälterischen Bodennutzung. Dieses öffentliche Interesse gilt grundsätzlich auch dann, wenn sich die betroffene Liegenschaft (…) ausserhalb eines eigentlichen Entwicklungsgebietes für die Innenentwicklung befindet. Zudem ist nicht ersichtlich, weshalb hier nicht verdichtet werden dürfte, wenn dies - wie vorliegend - sinnvoll erscheint und der städtebaulichen Planung der Beschwerdeführerin entspricht. Im strittigen revidierten Gestaltungsplan wird eine Überbauung des Baubereichs C mit einem Mehrfamilienhaus vorgesehen. Durch ein Mehrfamilienhaus wird das bis anhin noch nicht überbaute Land, das auf zwei Seiten bereits überbaut ist und südlich an eine Quartierstrasse und nördlich an einen Fussweg grenzt, besser genutzt als durch eine grosse, als Einfamilienhaus genutzte Villa. Die geplante Überbauung des Baubereichs C entspricht derjenigen der Bereiche A und B, das Mehrfamilienhaus ist identisch mit den bereits realisierten beiden Häusern und soll durch den gleichen Architekten realisiert werden. Dass dies nicht einer sinnvollen und durchdachten Planung entsprechen sollte, ist nicht erkennbar.

 

5.3 Vergleicht man die Ausmasse bzw. Dimensionen der ursprünglich vorgesehenen Villa mit dem neu geplanten Mehrfamilienhaus wird ersichtlich, dass das Mehrfamilienhaus nur leicht grösser ausfällt als die Villa. Beide Projekte sind zudem gegenüber dem bereits bestehenden Gebäude im Baubereich A (…) etwas weiter Richtung See verschoben. Wenn die Verfahrensbeteiligten 4 bis 7 (ursprüngliche Einsprecher) sowie die Vorinstanz somit von einem "Riegel" Richtung See sprechen, so unterscheiden sich die beiden Projekte insofern kaum (...). Sofern somit tatsächlich von einer Riegelwirkung auszugehen wäre, wäre diese auch durch den Bau der Villa, welche als Richtprojekt dem von der Vor­instanz bewilligten ursprünglichen Gestaltungsplan zugrundelag, eingetreten. Die Fassaden- und Gebäudehöhen des geplanten Mehrfamilienhaus entsprechen denjenigen der bestehenden Gebäude in den Baubereichen A und B; das vorgesehene Gebäude würde nur leicht höher ausfallen als die Villa gemäss dem gültigen Gestaltungsplan (maximale Gesamthöhe von 10,60 m anstelle von 9,50 m; Fassadenhöhe von 8,50 m anstelle von 7,50 m […]). Die angrenzenden Liegenschaften werden daher durch das geänderte Projekt in dieser Hinsicht höchstens leicht stärker betroffen, als dies mit dem ursprünglichen und aktuell gültigen Gestaltungsplan der Fall war bzw. ist. Es handelt sich zudem nach wie vor um eine reine Wohnnutzung und das Gebäude weicht von der Regelbauweise gemäss dem aktuellen Rahmennutzungsplan nicht ab (…).

 

5.4 Die Vorinstanz begründete die Rekursabweisung und Nichtgenehmigung des geänderten Gestaltungsplans im Wesentlichen damit, dass der mit dem geltenden Gestaltungsplan gesicherte harmonische Übergang zum See und zur angrenzenden, klein strukturierten Bebauung östlich der Liegenschaft Nr. XX mit der Gestaltungsplanänderung nicht mehr gewährleistet sei (…).

 

5.4.1 Bezüglich des Übergangs zum See ist jedoch nicht ersichtlich, inwiefern eine Überbauung des Baubereichs C mit einem Mehrfamilienhaus diesbezüglich etwas ändern würde, nachdem der Baubereich A bereits mit einem Mehrfamilienhaus bebaut ist und das neu vorgesehen Projekt (wie auch die ursprünglich vorgesehene Villa) etwas versetzt daneben situiert werden soll. Insofern ist der Übergang zum See nicht oder nur sehr beschränkt tangiert. Wie das ARE (…) ausführte, befinden sich die Mehrfamilienhäuser (das bereits bestehende und das geplante) zudem in einem "relativ grosszügigem Abstand zum See". Nebst der vorgelagerten Wiese verläuft dazwischen ausserdem der öffentliche Fussweg entlang des Seeufers. Des Weiteren ist nicht ersichtlich, inwiefern der geänderte Gestaltungsplan gegenüber dem gültigen eine Verschärfung bzw. Änderungen bezüglich des Gewässerraums und allfälligen Widersprüchen zur GschV mit sich bringen sollte (…); die Vorinstanz leitet daraus auch nichts Konkretes für den vorliegenden Fall ab. In diesem Zusammenhang bestätigte auch das kantonale Amt für Umwelt (…), dass die wesentlichen Baubereiche im (geänderten) Gestaltungsplan "Seewiigarte" ausserhalb des behördenverbindlichen Raumbedarfs für den Bodensee lägen und dass der geänderte Gestaltungsplan in dieser Hinsicht bewilligungsfähig sei.

 

5.4.2 Gemäss der neuen Ortsplanung befinden sich die östlich der Liegenschaft Nr. XX (teilweise) mit Einfamilienhäusern überbauten Liegenschaften in der Wohnzone W2a und können gemäss gültigem BauR mit Gebäuden mit bis zu 30,00 m Länge und 11,50 m Gesamthöhe überbaut werden. Eine dichtere Überbauung (mit Ein-, Zwei- und Doppeleinfamilienhäusern; vgl. Art. 6 Abs. 2 BauR) wäre deshalb - auch bei einer leicht tieferen Dichte als in der Zone W2b (vgl. Art. 5 BauR) - ebenfalls möglich und zonenplanmässig zulässig. Es kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass in diesem Bereich östlich der Liegenschaft Nr. XX auch in Zukunft weiterhin nur eine "lockere Bebauung" mit Einfamilienhäusern und relativ grossem Umschwung, wie sie heute besteht, beibehalten wird. Insofern ist die Forderung der Vor­instanz bzw. des ARE nach einem gestuften Übergang zu diesem in der Zone W2a liegenden Bereich nicht schlüssig. Des Weiteren ist auch nicht erkennbar, weshalb sich das Mehrfamilienhaus im Baubereich C nur ungenügend bzw. nicht gut ins Landschafts- und Quartierbild einordnen sollte (…), nachdem es bezüglich Gestaltung und Dimensionierung den bewilligten und bestehenden Mehrfamilienhäusern in den benachbarten Baubereichen A und B entspricht. Diese bestehenden Gebäude sind gleich ausgerichtet wie das geplante Mehrfamilienhaus, welches im Vergleich zum Gebäude auf der Liegenschaft Nr. YY nur leicht versetzt Richtung See situiert werden soll. Das Einfamilienhausquartier östlich und südlich der Liegenschaft Nr. XX ist zudem für sich betrachtet nicht als einheitlich zu qualifizieren, was auch anlässlich des verwaltungsgerichtlichen Augenscheins vom 8. Mai 2024 festgestellt werden konnte (…). Die Argumentation der fehlenden Einpassung ins Ortsbild (…) ist auch in dieser Hinsicht nicht nachvollziehbar.

 

5.5 Durch eine Verdichtung bzw. eine bessere haushälterische Nutzung des  Bodens im Baubereich C würden keine wesentlichen (insbesondere Qualitäts-)Kriterien der bisherigen Planung in Frage gestellt (…), nachdem bereits durch den ursprünglichen Gestaltungsplan, aber auch durch den geltenden Rahmennutzungsplan, im Gestaltungsplanperimeter eine Bebauung mit Mehrfamilienhäusern ermöglicht wurde bzw. wird und auch die Einordnung in die bestehende bauliche Umgebung nicht zu beanstanden ist. Damit lässt sich auch aus dem von der Vorinstanz im angefochtenen Rekursentscheid zitierten (…) Entscheid des Verwaltungsgerichts Luzern LGVE 1999 II Nr. 10 vom 15. Juli 1999 nichts ableiten. Im Übrigen ging es dort um eine Liegenschaft, die in einem früheren Gestaltungsplan als nicht überbaubar bezeichnet gewesen war, dies im Unterschied zur vorliegend zur Diskussion stehenden Liegenschaft Nr. XX, auf welcher gemäss dem ursprünglichen Gestaltungsplan "Seewiigarte" eine grosse Villa vorgesehen war. Das nunmehr im geänderten Gestaltungsplan vorgesehene Mehrfamilienhaus steht auch nicht dem im ursprünglichen Gestaltungsplan festgelegten Grundsatz entgegen, wonach das Areal nach Stilllegung der ehemaligen Bootswerft (…) den wohnlichen Charakter des Viertels zurückholen soll (…).

 

5.6 Mit dem geänderten Gestaltungplan wird von der Regelbauweise gemäss dem geltenden Rahmennutzungsplan nicht abgewichen (…), womit auch die erhöhten Anforderungen gemäss § 24 Abs. 2 PBG (mit der Voraussetzung einer gesamthaft besseren Siedlungsgestaltung) nicht erfüllt sein müssen. Die in § 23 PBG gestellten Anforderungen sind mit dem geänderten Gestaltungsplan als erfüllt zu betrachten. Der Bedarf bzw. die Notwendigkeit einer Änderung des Gestaltungsplans ist gegeben. Nachdem eine Planung genehmigt werden muss, sofern sie - wie vorliegend - den einschlägigen Normen entspricht (TVR 2017 Nr. 18 E. 2.3), besteht bzw. bestand seitens der Vorinstanz kein Grund, in das Planungsermessen der Beschwerdeführerin einzugreifen und eine von ihr abweichende Interessenabwägung vorzunehmen.

 

6. Insgesamt erweist sich der geänderte Gestaltungsplan "Seewiigarte" aus den dargestellten Gründen entgegen der Auffassung der Vorinstanz als genehmigungsfähig. Die von der Beschwerdeführerin erlassene Änderung des Gestaltungsplans kann nicht als unzweckmässig qualifiziert werden. Sie entspricht auch den wegleitenden Grundsätzen und Zielen der Raumplanung und trägt diesen ausreichend Rechnung (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1C_663/2020 vom 2. November 2021 E. 3.2). Die Voraussetzungen und Anforderungen von § 23 PBG sind erfüllt. Die Beschwerdeführerin hat mit dem Erlass des geänderten Gestaltungsplans "Seewiigarte" ihr Ermessen korrekt ausgeübt. Mit der Nichtgenehmigung dieses geänderten Gestaltungsplans hat die Vorinstanz in unzulässiger Weise in das der Beschwerdeführerin aufgrund der Gemeindeautonomie zustehende Planungsermessen eingegriffen. Die Beschwerden vom 13. Juli 2023 und vom 15. August 2023 sind daher gutzuheissen. (…)

 

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2023.79/E, VG.2023.94/E vom 14. August 2024

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