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RBOG 1996 Nr. 1

Weist eine Partei mit ausserkantonalem Wohnsitz die Steuerbelastung nicht nach, nimmt der Richter bei den vorsorglichen Massnahmen eine Schätzung vor


Art. 137 Abs. 2 (Art. 145 aZGB) ZGB


Grundsätzlich sind die Steuern von Amtes wegen in die Notbedarfsberechnung einzubeziehen (RBOG 1995 Nr. 1). Fehlt es seitens der Parteien an den notwendigen Berechnungsunterlagen, wären diese eigentlich vom Richter zu erheben. Dessen Aufgabe kann es insbesondere im summarischen Verfahren aber nicht sein, die oftmals komplexen steuerrechtlichen Verhältnisse anstelle der Parteien aufzudecken. Vielmehr kann er sich darauf beschränken, beim massgebenden Einkommen die gemäss kantonaler Steuergesetzgebung zulässigen und allgemein üblichen Abzüge vorzunehmen. Aus dem so ermittelten steuerbaren Einkommen lassen sich aufgrund der einschlägigen Tabellen einerseits und des Steuerfusses in der betreffenden Wohnsitzgemeinde andererseits die jährlichen Staats- und Gemeindesteuern einer im Kanton Thurgau wohnhaften Partei relativ genau berechnen. Zu weit führen würde es demgegenüber, von Amtes wegen die entsprechenden Erhebungen bei einer Partei zu tätigen, welche ihren steuerrechtlichen Wohnsitz in einem andern Kanton oder gar im Ausland hat. Sofern dem Richter in diesem Fall die notwendigen Berechnungsgrundlagen nicht von den Parteien beigebracht werden, rechtfertigt sich die Fiktion, die betreffende Partei unterliege etwa derselben Steuerbelastung wie im Kanton Thurgau. Ebenfalls zu weit führen würde es, bei der direkten Bundessteuer, welche teilweise auf anderen Berechnungsgrundlagen fusst, von Amtes wegen eine separate Erhebung vorzunehmen. In Anbetracht auch des Umstands, dass die Belastung durch die direkte Bundessteuer im Vergleich zu den Abgaben an den Kanton bzw. die Gemeinde mindestens bei tieferen und mittleren Einkommen in aller Regel eher von untergeordneter Bedeutung ist, rechtfertigt es sich, hier von demselben steuerbaren Einkommen wie bei den kantonalen Steuern auszugehen.

In jedem Fall kann es sich dabei nicht um eine exakte Berechnung der Steuerbelastung handeln. Vielmehr hat sich der Richter allein schon aufgrund der Tatsache, dass ihm im Gegensatz zu den Steuerbehörden im Regelfall kein genaues Zahlenmaterial zur Verfügung steht, auf eine mehr oder weniger genaue Schätzung zu beschränken. Von diesbezüglichen Erhebungen kann er vollständig absehen, wenn die von den Parteien behaupteten Steuerbetreffnisse einerseits nicht bestritten und andererseits auch nicht offensichtlich in einer Weise falsch sind, dass dies einen massgebenden Einfluss auf die in Frage stehenden Unterhaltsbeiträge hätte.

Rekurskommission, 2. September 1996, ZR 96 102


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