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RBOG 2000 Nr. 17

Wird über die Ansprüche des Opfers nur dem Grundsatz nach entschieden, muss die Haftungsquote im Urteilsdispositiv angegeben werden


Art. 9 Abs. 3 aOHG


1. Im Verlauf eines Meisterschaftsspiels der 5. Fussball-Liga wies der Schiedsrichter X zwei Spieler vom Platz, worauf die Spieler dieser Mannschaft den Schiedsrichter wie eine Traube umgaben und Aufschluss verlangten. Dabei ging Y unvermittelt auf den Schiedsrichter zu und schlug ihm mit der Hand oder der Faust derart gegen die linke Kopf-, Hals- und Schulterpartie, dass dieser zu Boden ging, dabei auf die rechte Schulter stürzte und einige Minuten k.o. liegen blieb. Er erlitt eine laterale, nicht dislozierte Schlüsselbeinfraktur rechts sowie eine Schädelkontusion. Die Bezirksgerichtliche Kommission sprach Y wegen einfacher Körperverletzung schuldig, stellte die grundsätzliche Haftbarkeit von Y gegenüber X fest und verpflichtete Y, dem Opfer Schadenersatz von Fr. 1'206.25 zu bezahlen sowie ihn mit Fr. 500.-- inkl. Mehrwertsteuer zu entschädigen; im Mehrbetrag wurde die Geschädigtenforderung auf den Zivilweg verwiesen. X erklärte Berufung und beantragte, es sei festzustellen, dass Y gegenüber dem Opfer mit einer Quote zu 100% hafte.

2. Gemäss Art. 8 Abs. 1 OHG kann das Opfer einer Straftat seine Zivilansprüche im Strafverfahren geltend machen. Das Strafgericht entscheidet nach Art. 9 Abs. 1 OHG über die Zivilansprüche des Opfers, solange der Täter nicht freigesprochen oder das Verfahren nicht eingestellt ist. Das Strafgericht kann vorerst nur im Strafpunkt urteilen und die Zivilansprüche später behandeln (Art. 9 Abs. 2 OHG). Erfordert die vollständige Beurteilung der Zivilansprüche einen unverhältnismässigen Aufwand, so kann das Gericht die Ansprüche nur dem Grundsatz nach entscheiden und das Opfer im Übrigen an das Zivilgericht verweisen (Art. 9 Abs. 3 OHG). Diesfalls spricht das Strafgericht nicht eine betragsmässig umschriebene Leistung zu, sondern stellt fest, ob und in welchem Umfang der Straftäter haftet. Bei diesem Entscheid handelt es sich um ein Feststellungsurteil über die Haftung, welches zumindest den Entscheid über den Bestand der Zivilansprüche umfasst. Urteilt das Gericht über Zivilansprüche eines Opfers lediglich dem Grundsatz nach, muss es sich mit der Frage nach dem Bestand der Zivilansprüche befassen und im Urteilsdispositiv klar angeben, was bereits beurteilt ist, und was dem Zivilgericht noch zur Entscheidung unterbreitet werden kann (BGE 125 IV 157 mit Hinweisen). Stehen sich bezüglich der Haftungsfrage lediglich Beschuldigter und Opfer gegenüber, ist unabhängig davon, welcher Art die Haftung ist, nicht nur die Tatsache, dass der Beschuldigte haftet, sondern auch die Haftungsquote zu bestimmen. Alsdann ist das gegenseitige Verschulden zu bemessen; es sind allfällige Milderungsgründe beim Ersatzpflichtigen oder auch tatfremde Faktoren anzurechnen oder vorhandene Betriebsgefahren einzurechnen (Gomm/Stein/Zehntner, Kommentar zum Opferhilfegesetz, Bern 1995, Art. 9 N 12).

Obergericht, 10. August 1999, SBR.1999.18


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