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RBOG 2007 Nr. 9

Kein Wahlrecht des Gebüssten zwischen der Betreibung und dem Vollzug der Ersatzfreiheitsstrafe


Art. 80 SchKG, Art. 35 Abs. 3 StGB, Art. 36 Abs. 1 StGB, Art. 106 Abs. 5 StGB


1. Gestützt auf eine Bussenverfügung hob das Stadtrichteramt die Betreibung an und verlangte definitive Rechtsöffnung.

2. a) Die mit einer Rechtskraftbescheinigung versehene Verfügung des Stadtrichteramts ist ein Titel für die definitive Rechtsöffnung mit Bezug auf die Busse, die Spruchgebühr sowie die Schreib- und Zustellgebühren.

b) Der Rekurrent wendet ein, Ziff. 2 der Bussenverfügung halte fest, falls der Gebüsste die Busse schuldhaft nicht bezahle, trete an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag, deren Vollzug nicht aufgeschoben werde. Der Rekurrent beruft sich auf diese Bestimmung. Er bezahle die Busse schuldhaft nicht, weshalb kein Grund für eine Betreibung bestehe. Vielmehr müsse nun die Ersatzfreiheitsstrafe von einem Tag vollzogen werden.

Entgegen der Auffassung des Rekurrenten steht dem Gebüssten kein Wahlrecht zur Verfügung. Vielmehr hat die Vollzugsbehörde gemäss Art. 106 Abs. 5 i.V.m. Art. 35 Abs. 3 StGB die Betreibung einzuleiten, wenn die Busse nicht bezahlt wird, und wenn von der Betreibung ein Ergebnis zu erwarten ist. Die Vollzugsbehörde ist somit schon von Gesetzes wegen verpflichtet, Bussen zunächst auf dem Betreibungsweg zu vollstrecken, sofern davon ein Ergebnis zu erwarten ist. Erst nach durchgeführtem erfolglosem Betreibungsverfahren wird auf Anordnung der Vollzugsbehörde eine Ersatzfreiheitsstrafe ausgesprochen. Das stimmt mit dem Grundsatz überein, dass die Freiheitsstrafe anstelle der Geldstrafe "ultima ratio" sein soll[1]. Ob die Vollzugsbehörde zu Recht die Betreibung einleitete, ob mithin auf dem Betreibungsweg ein Ergebnis zu erwarten ist, hat nicht der Rechtsöffnungsrichter zu entscheiden. Abgesehen davon dürfte die Bezahlung der Busse von Fr. 80.00 für den Rekurrenten keine Probleme bieten, tätigte er doch nach eigenen Angaben während seines unerlaubten Parkierens einen Umsatz von über Fr. 10'000.00.

Der Rekurrent kann mithin nicht im Rechtsöffnungsverfahren die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe statt der Bezahlung der Busse und der Kosten verlangen. Er hat sich vielmehr der eingeleiteten Betreibung zu unterziehen, weil er die rechtskräftig festgesetzte Busse samt Kosten nicht freiwillig bezahlte. Die Verhängung einer Ersatzfreiheitsstrafe kommt erst in einem zweiten Schritt in Betracht, wenn die Betreibung erfolglos bleiben sollte. Entgegen der Auffassung des Rekurrenten handelt es sich bei der fraglichen Bussenverfügung somit nicht um einen "bedingten" definitiven Rechtsöffnungstitel.

Obergericht, 29. Oktober 2007, BR.2007.80


[1] Vgl. Stratenwerth/Wohlers, Schweizerisches Strafgesetzbuch, Handkommentar, Bern 2007, Art. 36 StGB N 3

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