TVR 2014 Nr. 26
Einstellung von Sozialhilfeleistungen, Anrechnung von Leistungen Dritter
§ 8 SHG, § 25 Abs. 3 SHG, § 25 Abs. 1 SHG, § 2 a Abs. 1 SHV
1. Die Leistungen der Sozialhilfe dürfen bei Nichtbeachtung von Auflagen oder Verweigerung der Mitwirkungspflicht nur nach vorangegangener, schriftlicher Verwarnung eingestellt oder gekürzt werden (E. 2.2).
2. Zahlungen einer Hausratversicherung oder Schuldübernahmen von Dritten sind voll an das Einkommen anzurechnen (E. 2.6).
A und B bezogen seit anfangs Januar 2013 Sozialhilfe bei der Politischen Gemeinde G. In der Folge stellte die Gemeinde fest, dass A und B verschiedene Konti nicht angegeben bzw. darüber nicht die notwendigen Auskünfte erteilt hatten. Die Gemeinde verlangte daher entsprechende Unterlagen, die jedoch nach ihrer Auffassung nur in ungenügendem Umfang eingereicht wurden. Die Gemeinde verfügte daher, es würden wegen fehlender essentieller Unterlagen ab Mai 2013 rückwirkend keine Sozialhilfeleistungen mehr ausgerichtet. Ein von A und B erhobener Rekurs wurde durch das DFS teilweise gutgeheissen. Dagegen wiederum erhob die Politische Gemeinde G beim Verwaltungsgericht Beschwerde, das diese gutheisst.
Aus den Erwägungen:
2.
2.1 Laut § 8 SHG sorgt die Gemeinde für die notwendige Unterstützung, wenn jemand nicht über hinreichende Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich und seine Angehörigen mit gleichem Wohnsitz verfügt, sofern vom Hilfsbedürftigen nicht verlangt werden kann, sich die Mittel durch eigene Arbeit zu beschaffen und keine andere Hilfe möglich ist. Nach § 2 Abs. 1 SHV finden für die Bemessung der Unterstützung gemäss § 8 SHG in der Regel die Richtlinien der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (SKOS) Anwendung. Die materielle Grundsicherung besteht im Grundbedarf für den Lebensunterhalt, die Wohnkosten und die Kosten für die medizinische Grundversorgung und bemisst sich nach den SKOS-Richtlinien. Der Anspruch auf Unterstützung entfällt, wenn die eigenen Mittel zur Deckung der materiellen Grundsicherung ausreichen. Eigenes Vermögen wird voll angerechnet (§ 2 b SHV).
Laut § 25 Abs. 1 SHG hat der Hilfsbedürftige über seine Verhältnisse wahrheitsgetreu Auskunft zu geben und die erforderliche Akteneinsicht zu gestatten. Hilfsbedürftigen, die Anordnungen der Behörden nicht befolgen oder deren Hilfe missbrauchen, wird die Unterstützung nach Verwarnung gekürzt oder eingestellt (§ 25 Abs. 1 und 3 SHG). Vor Einstellung der Unterstützung ist demnach die unterstützungsbedürftige Person in der Regel schriftlich zu verwarnen. Sinn und Zweck einer derartigen Verwarnung ist es, der fehlbaren Person die Möglichkeit einzuräumen, sich entsprechend den Auflagen und Weisungen der Fürsorgebehörde zu verhalten (TVR 2008 Nr. 30, E. 4b).
2.2 Es ist zu unterscheiden, ob die Einstellung der Unterstützungsleistungen aufgrund nicht eingehaltener Auflagen oder wegen mangelnder Unterstützungsbedürftigkeit erfolgte. Soweit es um die Einstellung zufolge nicht eingehaltener Auflagen bzw. Verstoss gegen die Mitwirkungspflicht geht, kennt das Verwaltungsgericht eine eindeutige Praxis. Ohne vorangehende schriftliche Verwarnung ist eine Einstellung der Unterstützungsleistungen nicht zulässig. Wie den Akten entnommen werden kann, hat die Gemeinde offenbar im Nachhinein festgestellt, dass die Verfahrensbeteiligten bisher zwei Konti nicht angegeben hatten und zudem noch im Besitz von zwei Autos und einem Motorrad waren. Daher wurde ihnen am 3. und am 8. Mai 2013 mitgeteilt, man erwarte die Einreichung der entsprechenden Unterlagen. In der Folge stellte sich dann auch heraus, dass eines der Konti während der Unterstützungsdauer saldiert werden konnte und zudem auf einem weiteren Konto Zahlungen in der Höhe von Fr. 733.-- eingegangen waren. Bei letzterer Zahlung handelte es sich um die Zahlung der Zürich Versicherung wegen eines durch Sturmschäden beschädigten Pavillons. Auch wenn die Verfahrensbeteiligten ihre Vermögensverhältnisse nicht von Anfang an vollständig offen legten, darf ohne vorgängige schriftliche Ermahnung mit klarer Androhung der Konsequenzen - nämlich der Einstellung der Unterstützungsleistungen - die Unterstützung nicht eingestellt werden. Ein solches Vorgehen genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht und ist nicht zulässig. Diesbezüglich irrt sich die Gemeinde in der Tat und die Beschwerde wäre, würde man diese Frage isoliert betrachten, in diesem Punkt abzuweisen.
2.3 - 2.4 (…)
2.5 Die Behauptung der Verfahrensbeteiligten, man habe ihnen zu Unrecht Leistungen verweigert, ist unter diesen Umständen offensichtlich verfehlt. Über die von Januar 2013 bis April 2013 zu viel ausbezahlten Beträge schweigen sie sich beharrlich aus. Im Rechtssinne gibt es keine Bevorschussung von Leistungen der Invalidenversicherung, zumal am Anfang und häufig auch für längere Zeit gar nicht feststeht, ob solche Leistungen überhaupt fliessen werden. Die Hilfe kann einzig in der Ausrichtung von Sozialhilfe geleistet werden, wofür die entsprechenden gesetzlichen Regeln zu beachten sind.
Es stellt sich somit einzig noch die Frage, wie es sich mit den beiden Zahlungen einerseits zur Saldierung des Kontos, andererseits als Ersatz für den beschädigten Pavillon verhält. Gemäss den Richtlinien für die Ausgestaltung und Bemessung der Sozialhilfe der SKOS, die hier per Verordnungsbestimmung von § 2a Abs. 1 SHV ausdrücklich anwendbar sind, sind freiwillige Leistungen Dritter klarerweise vor den Sozialhilfeleistungen in Abzug zu bringen, ob hierfür eine rechtliche Verpflichtung besteht oder nicht. Dem Bezug von Sozialhilfe gehen auch alle privat- und öffentlich-rechtlichen Ansprüche, wie zum Beispiel Schadenersatzleistungen aus Versicherungen, vor (vgl. hierzu Ziff. A.4 der SKOS-Richtlinien). Wenn die Vorinstanz hierzu ausführte, diese Gelder stünden nicht mit hinreichender Sicherheit fest und hielten sich im Übrigen in einem bescheidenen Umfang, so kann das Gericht dem nicht zustimmen. Der Ersatz eines Pavillons, notabene im Winter, gehört ganz sicher nicht zu den notwendigen Ausgaben. Wenn die Verfahrensbeteiligten hierfür von der Versicherung Ersatz erhalten, so haben sie diesen Ersatz zunächst einmal für den eigenen Lebensaufwand zu verwenden. Dasselbe gilt auch mit Bezug auf Geld, das Verwandte zur Saldierung eines Kontos übernehmen. Zwar behaupten die Verfahrensbeteiligten, bei dem Betrag von Fr. 1‘919.17 handle es sich um ein Darlehen, legen aber einen entsprechenden Darlehensvertrag nicht ins Recht. Die Behauptung, es handle sich um ein Darlehen, wird denn auch erst im Beschwerdeverfahren geltend gemacht, nachdem zuvor noch ausgeführt wurde, es sei eine Schuldübernahme bzw. ein entsprechender Betrag von Seiten der Kinder schenkungsweise zur Saldierung des Kontos geflossen. Es sind sowohl der Betrag von Fr. 733.-- für die Ersatzzahlung für den Sommerpavillon als auch der Unterstützungsbeitrag von Fr. 1‘919.17 voll anzurechnen. Dass die Verfügung vom 17. Juni 2013 falsch begründet wurde, ändert daran nichts. Dem DFS war es unbenommen, mit einer substituierten Begründung festzustellen, dass für die Monate Mai 2013 und Juni 2013 keinerlei Ansprüche auf Sozialhilfeleistungen mehr bestanden.
2.6 Weil auf dem Klientenkonto für die Monate Mai 2013 und Juni 2013 bereits genügend Guthaben vorhanden war bzw. die Gemeinde diesbezüglich die Beträge bereits ausbezahlt hatte, hat die Beschwerdeführerin die Zahlungen ab Mai 2013 zu Recht sistiert.
Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2013.177/E vom 26. Februar 2014