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TVR 2019 Nr. 7

Jagdpachtzins, Klageverfahren


§ 12 Abs. 1 JG, § 64 Ziff. 2 VRG, § 64 Abs. 1 Ziff. 1a VRG


Die Gemeinde kann einer Jagdgesellschaft eine Rechnung für den im Pachtvertrag rechtskräftig vereinbarten Jagdpachtzins stellen. Über die Rechtmässigkeit der Forderung für die einzelnen, jährlichen Pachtzinsbetreffnisse kann sie aber ebenso wenig autoritativ entscheiden wie das Departement. Vielmehr ist diese Streitigkeit im Klageverfahren vor Verwaltungsgericht zu beurteilen.


Der Gemeinderat T entschied am 25. Januar 2018, die Jagdrevierpacht für die Pachtperiode von 2018 - 2025 an die Jagdgesellschaft T zu vergeben. Im Entscheid wurde darüber informiert, dass der Pachtzins Fr. 12‘319.-- pro Jahr betrage. In der Folge stellte die Politische Gemeinde T der Jagdgesellschaft den Jagdpachtvertrag zu, der in Ziff. 1 die Vereinbarung enthielt, dass das Jagdrevier T „den genannten Pächtern" „zu einem jährlichen Pachtzins von Fr. 12‘319.--" verpachtet werde. Daraufhin teilte die Jagdgesellschaft der Politischen Gemeinde mit, das neue Jagdgesetz sehe den Wechsel zum Kalenderjahr vor, sei aber noch nicht in Kraft gesetzt worden. Man gehe aber davon aus, dass der jährliche Pachtzins von Fr.? 2'319.-- im verkürzten Jahr 2018 pro rata temporis, das heisse für neun Monate, berechnet werde und sich für die Jagdgesellschaft auf rund Fr. 9‘340.-- belaufe. Sodann reichte die Jagdgesellschaft den unterzeichneten Vertrag ein. Auch die Politische Gemeinde unterzeichnete anschliessend den Pachtvertrag und das DJS genehmigte diesen schliesslich. Die Gemeinde stellte der Jagdgesellschaft in der Folge Rechnung für die Jagdpacht 2018 über den Betrag von Fr. 12‘319.--. Dagegen erhob die Jagdgesellschaft zunächst erfolglos Einsprache bei der Politischen Gemeinde T und reichte hernach Rekurs beim DJS ein, der abgewiesen wurde. Auf Beschwerde der Jagdgesellschaft hin hebt das Verwaltungsgericht den Rekursentscheid und den Einspracheentscheid der Politischen Gemeinde T auf.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Streitig zwischen den Parteien ist die Frage, ob die Beschwerdeführerin für die Pachtzeit vom 1. April 2018 bis 31. Dezember 2018 den gesamten Betrag von Fr. 12‘319.-- als Jagdpachtzins zu bezahlen hat, wie dies die verfahrensbeteiligte Gemeinde gemäss Einspracheentscheid vom 22. Oktober 2018 beschloss und was die Vorinstanz mit Rekursentscheid vom 7. Februar 2019 bestätigte, oder ob lediglich der pro-rata-Betrag zu bezahlen ist. Die Beschwerdeführerin hat der verfahrensbeteiligten Gemeinde den unbestritten gebliebenen Betrag von Fr. ?9‘240.-- denn auch bereits überwiesen.

2.2 Laut § 84 Abs. 1 Ziff. 1 KV steht die wirtschaftliche Nutzung der Jagd ausschliesslich dem Kanton zu. Er kann die Nutzung aber übertragen (§ 84 Abs. 2 KV). Das Jagdregal ist eine Monopolkonzession (vgl. hierzu Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 7. Aufl., Zürich/St. Gallen 2016, N. 2733 f.). Mit der Übertragung des Jagdrechts wird demnach eine Monopolkonzession verliehen.

2.3
2.3.1 Über die Rechtsnatur des Rechtsaktes, der das Rechtsverhältnis zwischen Verleihungsbehörde und Jagdpächter begründet, besteht in Lehre und Rechtsprechung keine Einigkeit. Nach der aargauischen Praxis wird die Jagdpacht als verwaltungsrechtlicher Vertrag betrachtet (AGVE 1975 S. 563; Entscheid des Aargauer Regierungsrates vom 21. Januar 1975, publiziert in ZBl 77/1976 S. 165). Derselben Auffassung ist auch das Obergericht des Kantons Schaffhausen (Entscheid des Obergerichts vom 12. August 1994, publiziert im Amtsbericht 1994 S. 128). Demgegenüber sind Tschannen/Zimmerli/Müller (Allgemeines Verwaltungsrecht, 4. Aufl., Bern 2014, S. 444, N. 24) der Auffassung, dass das Konzessionsverhältnis in der Rechtsform einer mitwirkungsbedürftigen Verfügung und damit durch einseitigen Hoheitsakt begründet wird. Dies gilt ihrer Meinung nach auch dann, wenn sich der Inhalt der Konzession nicht unmittelbar aus der Anwendung der massgeblichen Rechtsvorschriften ergibt, sondern von den Beteiligten ausgehandelt werden kann und die Konzession damit auch „vertragliche" Elemente enthält. Tschannen/Zimmerli/Müller (a.a.O., N. 25) weisen auch darauf hin, dass teilweise auch von einer Art dualistischen Theorie ausgegangen wird, das heisst von einer eigentümlichen Kombination von Verfügung und verwaltungsrechtlichem Vertrag, ohne dass eine eindeutige Zuordnung zu einer verwaltungsrechtlichen Handlungsform erfolgen würde. Das Bundesgericht führte in BGE 127 II 69 E. 5a aus, im Falle der Konzession werde ein Rechtsverhältnis mit gegenseitigen Rechten und Pflichten der Verleihungsbehörde und des Konzessionärs begründet, einem durch Vertrag begründeten Rechtsverhältnis vergleichbar. In BGE 130 II 18 E. 3.1 führte es aus, „la concession est un acte mixte, composé de clauses bilatérales et de clauses unilatérales ou décisionnelles."

2.3.2 Die Übertragung des Jagdrechts ist im Kanton Thurgau im JG geregelt. Laut § 2 Abs. 2 JG verleihen die Gemeinden das Jagdrecht nach den Grundsätzen der Revierpacht. Die Politischen Gemeinden verpachten die Jagdreviere für die Dauer von acht Jahren an eine Jagdgesellschaft. Das Departement erstellt den Normalpachtvertrag (§ 7 Abs. 1 JG). Bewirbt sich für ein Revier nur eine Jagdgesellschaft, wird es dieser Gesellschaft durch die Gemeinde nach dem Wert gemäss § 6 JG verpachtet (§ 7 Abs. 1 JG). Der nach § 6 JG bestimmte Pachtzins ist jährlich im Voraus an die Gemeinde zu entrichten. Ein Drittel des Pachtzinses steht der Gemeinde und zwei Drittel stehen dem Kanton zu (§ 12 JG). Wie im Kanton Thurgau der Rechtsakt, mit welchem die Jagdpacht verliehen wird, dogmatisch einzuordnen ist, kann für die hier zu beurteilende Frage letztlich offenbleiben, denn für den Ausgang dieses Beschwerdeverfahrens ist dies unerheblich.

2.4 Lehre und Rechtsprechung sind sich darin einig, dass die Verleihung einer Konzession und das Verhältnis zwischen Staat und Privatem den Normen des öffentlichen Rechts unterstehen (Bauer, Kommentar zum zürcherischen Gesetz über Jagd und Vogelschutz, Zürich 1967, § 6 N. 2; GVP 1999 N. 96 E. 3b). Für die Thurgauer Jagdrevierverpachtung kann nicht von einem rein vertraglichen Verhältnis ausgegangen werden, auch wenn das Gesetz von der Verpachtung und vom „Normpachtvertrag" spricht. Der Inhalt des Pachtvertrages, insbesondere auch der Pachtzins, wird zu weiten Teilen einseitig und zum voraus durch das Gesetz bzw. die vollziehende Behörde festgelegt. Ein untergeordnetes Ermessen besteht mit Blick auf § 11 Abs. 3 JG allenfalls bei mehreren Bewerbern mit Bezug auf die Frage, wem das Revier zu vergeben ist. Dazu kommt, dass nach § 13 JG die Pacht unter bestimmten Voraussetzungen von Gesetzes wegen erlischt. Die Annahme einer Vergabe (bzw. eines Zuschlags) durch (mitwirkungsbedürftige) Verfügung liegt unter diesen Umständen nahe (vgl. hierzu SOG 1990 Nr. 49). Unbestritten ist sodann, dass der eigentliche Verleihungsakt, also der Zuschlag der Jagdpacht, wem und zu welchen Bedingungen die Jagdkonzession verliehen wird, den Rechtsmitteln der Verwaltungsrechtspflege unterliegt (vgl. hierzu das Urteil des Verwaltungsgerichts den Kantons Zürich VB.2009.00271 vom 21. Oktober 2009; TVR 2007 Nr. 10 E. 3b, welcher ausführt, dass Entscheide über die Verweigerung von Konzessionen auf dem Rekurs- und Beschwerdeweg weiterziehbar sind). Um eine Streitigkeit über die Vergabe der Jagdpacht geht es vorliegend aber nicht. Mit Entscheid der verfahrensbeteiligten Gemeinde vom 25. Januar 2018 wurde der Zuschlag für das Revier T für den Pachtzins von Fr. 12‘391.-- pro Jahr der Beschwerdeführerin erteilt. Das wurde ihr am 29. Januar 2018 mitgeteilt. Mit der Unterzeichnung des Jagdpachtvertrags stimmte die Beschwerdeführerin (bzw. ihre Mitglieder) dem Beschluss vom 25. Januar 2018 und den darin enthaltenen Bestimmungen (Vergabe der Jagdrechte im Revier T an die Beschwerdeführerin, Höhe des Pachtzinses von Fr. 12‘319.-- pro Jahr etc.) ausdrücklich zu. Darum ist davon auszugehen, dass der Entscheid der verfahrensbeteiligten Gemeinde in Rechtskraft erwachsen ist. Dies hat zur Folge, dass es hier um eine Streitigkeit aus einer rechtskräftig erteilten Konzession geht.

2.5
2.5.1 Laut § 64 Ziff. 1a VRG beurteilt das Verwaltungsgericht Streitigkeiten aus verwaltungsrechtlichen Verträgen als einzige Instanz im Klageverfahren. Ebenso im Klageverfahren beurteilt das Verwaltungsgericht als einzige Instanz Streitigkeiten zwischen Verleihungsbehörde und Konzessionär, zwischen Konzessionären untereinander sowie zwischen Konzessionären und anderen Nutzungsberechtigten (§ 64 Ziff. 2 VRG). Soweit das Gesetz von Streitigkeiten zwischen Verleihungsbehörden und Konzessionär spricht, kann es nur um solche Fälle gehen, bei denen die Konzession bereits erteilt ist. Unter Streitigkeiten im Sinne von § 64 Ziff. 2 VRG sind nicht nur solche vermögensrechtlicher Natur gemeint, es fallen darunter auch solche über den Inhalt (TVR 2007 Nr. 10 E. 3b).

2.5.2 Je nachdem, welcher der in E. 2.3 dargelegten Auffassungen über die dogmatische Einordnung des Rechtsaktes zur Verleihung des Jagdregals gefolgt wird, ist die Frage, ob die Beschwerdeführerin für die Zeit vom 1. April 2018 bis 31. Dezember 2018 den Betrag von Fr. 12‘319.-- oder von Fr. 9'239.25 als Jagdpachtzins zu bezahlen hat, eine Streitigkeit aus einem verwaltungsrechtlichen Vertrag oder eine Streitigkeit über den Inhalt einer rechtskräftig erteilten Konzession. In beiden Fällen aber beurteilt das Verwaltungsgericht die Streitigkeit als einzige Instanz (§ 64 Ziff. 1a oder 2 VRG). Weder die verfahrensbeteiligte Gemeinde noch die Vorinstanz konnten somit über die vorliegend zwischen der verfahrensbeteiligten Gemeinde als Verleihungsbehörde und der Beschwerdeführerin als Konzessionärin bestehende Streitigkeit autoritativ entscheiden. Daran ändert auch Ziff. 10 des Jagdpachtvertrags, wonach Streitigkeiten zwischen der Gemeinde und den Pächtern das Departement endgültig entscheidet, nichts. Zum einen ist die Zuständigkeitsordnung im VRG zwingend, zum anderen ist die Anwendbarkeit von Ziff. 10 des Pachtvertrags mit Blick auf die Rechtsweggarantie von Art. 29a BV ohnehin fragwürdig. Dies hat zur Folge, dass die verfahrensbeteiligte Gemeinde zwar in Anwendung von § 12 Abs. 1 JG, wonach der Pachtzins der Gemeinde jeweils im Voraus zu entrichten ist, der Beschwerdeführerin eine Rechnung für den zu leistenden Jagdpachtzins stellen durfte. Hingegen konnte sie in ihrem Einspracheentscheid vom 22. Oktober 2018/5. November 2018 über die Rechtmässigkeit der Forderung ebenso wenig entscheiden wie die Vorinstanz mit Rekursentscheid vom 7. Februar 2019. Vielmehr ist über diese Streitigkeit im Klageverfahren vor Verwaltungsgericht zu entscheiden. Die Beschwerde ist daher in dem Sinne gutzuheissen, als der vorinstanzliche Entscheid sowie der Einspracheentscheid der verfahrensbeteiligten Gemeinde aufgehoben werden. Will die verfahrensbeteiligte Gemeinde den restlichen Betrag von Fr. 3‘079.-- auf dem Rechtsweg durchsetzen, so wird sie hierfür beim Verwaltungsgericht Klage erheben müssen.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2019.28/E vom 7. August 2019

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