TVR 2024 Nr. 14
Opferhilferechtliche Genugtuung für Angehörige (Sohn und Enkel) eines getöteten Opfers, wobei Täter schuldunfähig und ebenfalls Angehöriger ist.
Art. 1 Abs. 2 OHG, Art. 22 Abs. 1 OHG, Art. 23 Abs. 1 und 2 OHG
Enkel gelten grundsätzlich nicht als Angehörige im Sinne des OHG (E. 4).
Der mündige Sohn des getöteten Opfers hat grundsätzlich Anspruch auf eine Genugtuung. Aufgrund der speziellen Konstellation (Täter ist ebenfalls Angehöriger, sowohl des Opfers als auch der Beschwerdeführer; Tat wurde in schuldunfähigem Zustand begangen) besteht jedoch kein Anspruch auf eine Genugtuung, da davon auszugehen ist, dass diese beim Täter nicht eingefordert würde (E. 5).
Mit einem Urteil aus dem Jahr 2020 wurde B (nachfolgend Täter) vom Bezirksgericht A der Widerhandlung gegen das Waffengesetz sowie der Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig gesprochen. Betreffend die Tötung gemäss Art. 111 StGB, die Störung des Totenfriedens gemäss Art. 262 Ziff. 2 StGB, die Freiheitsberaubung gemäss Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sprach es ihn infolge Schuldunfähigkeit frei. Es ordnete für ihn eine stationäre Massnahme zur Behandlung von psychischen Störungen im Sinne von Art. 59 StGB an. Sodann nahm es davon Vormerk, dass der Täter die Genugtuungsforderungen der Beschwerdeführer 1 und 3 im Umfang von je Fr. 50'000.-- nebst Zins zu 5% anerkannt habe. Das Tötungsdelikt war zum Nachteil von C (Grossmutter des Täters und der Beschwerdeführer 2 und 3 sowie Mutter des Beschwerdeführers 1; nachfolgend als Opfer bezeichnet) verübt worden. Am 25. September 2023 reichten die Beschwerdeführer 1-3 sowie D (Schwiegertochter des Opfers) beim DJS (Vorinstanz) je ein Gesuch um Genugtuung nach OHG ein, wobei sie eine Genugtuung von je Fr. 35'000.-- geltend machten. Nach Einholung weiterer Unterlagen/Angaben wies die Vorinstanz die Gesuche um Ausrichtung einer Genugtuung mit Entscheid vom 23. Mai 2024 ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, D gelte als Schwiegertochter des Opfers grundsätzlich nicht als Angehörige im Sinne von Art. 1 Abs. 2 OHG. Zwischen D und dem Opfer bestehe keine derart enge Verbindung, wie dies in Art. 1 Abs. 2 OHG gefordert sei. Gleiches gelte bezüglich der Enkel des Opfers, der Beschwerdeführer 2 und 3. Nach Art. 22 OHG hätten das Opfer und seine Angehörigen Anspruch auf eine Genugtuung, wenn die Schwere der Beeinträchtigung es rechtfertige. In Bezug auf den Beschwerdeführer 1 (Sohn des Opfers) sei nicht dargelegt worden, worin die Schwere seiner Beeinträchtigung liege. Die Beeinträchtigung beim Beschwerdeführer 1 im Sinne von Art. 22 Abs. 1 OHG durch den Tod des Opfers könne damit nicht als derart gravierend festgestellt werden, dass ein Anspruch auf eine Genugtuung gerechtfertigt wäre. Das Verwaltungsgericht weist die hiergegen erhobene Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
4.
4.1 In Bezug auf die Beschwerdeführer 2 und 3 (Enkel des Opfers) hat die Vorinstanz einen Anspruch auf eine Genugtuung mit der Begründung verneint, diese gälten nicht als Angehörige im Sinne von Art. 1 Abs. 2 OHG. Es liege kein besonders nahes bzw. ähnlich nahes Verhältnis vor wie zwischen Mutter und Sohn.
4.2 Der Ehegatte, die Ehegattin, die Kinder, sowie die Eltern des Opfers gelten von Gesetzes wegen (Art. 1 Abs. 2 OHG) als Angehörige, unabhängig von den emotionalen Bindungen, die sie mit dem Opfer unterhalten. Als Angehörige gelten auch andere Personen, die dem Opfer in ähnlicher Weise nahestehen. Was diese anderen Personen betrifft, so müssen diese nicht unbedingt mit dem Opfer verwandt sein und nicht zwingend mit diesem zusammenleben. Entscheidend sind die konkreten Umstände, die Intensität der Beziehung zum Opfer und/oder die Häufigkeit der Treffen, die von denjenigen, die behaupten, Angehörige zu sein, zu belegen sind, um zu zeigen, dass sie mit dem Opfer analoge Verbindungen zu den ersten in dieser Bestimmung erwähnten Personen haben. Als Angehörige des Opfers können somit im Allgemeinen der Konkubinatspartner, der eingetragene Partner, Enkelkinder, die beispielsweise aufgrund des Tods ihrer Eltern von ihren Grosseltern aufgezogen wurden, sowie gegebenenfalls eine sehr enge freundschaftliche oder brüderliche Beziehung angesehen werden (Urteil des Bundesgerichts 1B_137/2015 vom 1. September 2015 E. 2.1 mit Hinweisen). Betreffend Enkelkinder hat das Bundesgericht unter Bezugnahme auf Art. 116 Abs. 2 StPO, der eine Art. 1 Abs. 2 OHG entsprechende Definition der Angehörigen enthält, ausgeführt, bei Enkeln komme es in erster Linie darauf an, ob sie den Grosseltern in ähnlicher Weise nahe stünden wie deren Kinder. So verhalte es sich namentlich, wenn die Grosseltern einen Elternersatz darstellten und ihre Enkel grosszögen, weil deren Eltern verstorben oder wegen Krankheit, Drogensucht oder ähnlichem nicht in der Lage seien, sich um ihre Kinder zu kümmern. Dabei handle es sich um Ausnahmefälle. Art. 116 Abs. 2 StPO (ebenso wie Art. 1 Abs. 2 OGH) anerkenne nicht einmal Geschwister ohne weiteres als Angehörige. Damit Enkel als solche gelten könnten, müssten somit umso mehr besondere Verhältnisse vorliegen, da man zu den Grosseltern in der Regel einen weniger engen Kontakt habe (Urteil des Bundesgerichts 1B_594/2012 vom 7. Juni 2013 E. 3.4.3).
4.3 In der Beschwerdeschrift wird in diesem Zusammenhang im Wesentlichen auf die Eingabe an die Vorinstanz vom 4. April 2024 verwiesen. Darin war im Wesentlichen ausgeführt worden, dass der Beschwerdeführer 2 und 3 (zusammen mit dem Beschwerdeführer 1 und D) 2016 als Familie von ihrem früheren Aufenthaltsstaat ("E") in die Schweiz eingereist seien und eine Aufenthaltsbewilligung erhalten hätten. Seit 2005 habe das Opfer in E im gemeinsamen Haushalt mit ihnen gelebt. Dem Opfer sei eine Einreise in die Schweiz mit Erlangung einer Aufenthaltsbewilligung 2016 nicht möglich gewesen. Es sei seither "jeweils alle drei Monate für drei Monate" zu Besuch in die Schweiz gekommen, letztmals zwei Wochen vor dem Tötungsdelikt. Während der Aufenthalte in E sei der enge Kontakt mittels der üblichen Kommunikationsmittel immer aufrechterhalten worden. Die "Familie" sei stets vollumfänglich für den Unterhalt des Opfers aufgekommen. Den im Beschwerdeverfahren beigezogenen Strafakten lassen sich wenig zusätzliche Informationen entnehmen. So hatte der Beschwerdeführer 1 anlässlich der delegierten Einvernahme als Auskunftsperson am "(…)" angegeben, seine Frau (D) habe die Kinder zur Welt gebracht, aber seine Mutter (das Opfer) habe sie grossgezogen. Sie sei 16 Jahre mit ihnen in E zusammen gewesen. Seine Buben (Beschwerdeführer 2 und 3 sowie Täter) liebten die Grossmutter (Opfer) viel mehr als ihn. Sie habe die Kinder auch immer zur Schule gebracht. In E sei es so, dass die Eltern die Kinder zur Schule begleiteten.
4.4 Während die Angaben der Beschwerdeführer 1 bis 3 im vorinstanzlichen bzw. im Beschwerdeverfahren nicht auf eine besondere Beziehung der Beschwerdeführer 2 und 3 zum Opfer schliessen lassen, lassen die Ausführungen des Beschwerdeführers 1 im Strafverfahren den Schluss zu, dass das Verhältnis zwischen dem Opfer und den Beschwerdeführern 2 und 3 zumindest während der Dauer des gemeinsamen Haushalts enger gewesen sein dürfte, als dies zwischen Grosseltern und Enkelkindern üblicherweise der Fall ist. Allerdings kann nicht gesagt werden, dass das Opfer für die Beschwerdeführer 2 und 3 einen Elternersatz darstellte, lebten die Beschwerdeführer 2 und 3 doch stets (auch) mit ihren Eltern zusammen und wanderten auch zusammen mit ihnen, und ohne das Opfer, in die Schweiz aus. Seit 2016 bestand kein gemeinsamer Haushalt mit dem Opfer mehr, wobei das Opfer einerseits und die Beschwerdeführer 2 und 3 andererseits gar in verschiedenen Ländern lebten. Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die engste Grosseltern-Enkelkindbeziehung offenbar zwischen dem Opfer und dem Täter bestanden hatte. So hatte der Beschwerdeführer 2 "(…)" anlässlich der polizeilichen Einvernahme als Auskunftsperson am "(…)" ausgesagt, B (der Täter) habe viel die bessere Beziehung zur Grossmutter (Opfer) gehabt als er. Der Beschwerdeführer 3 "(…)" wurde im strafrechtlichen Verfahren nicht befragt. Er lebte entsprechend weniger lang mit dem Opfer zusammen und es ist nicht ersichtlich, dass dieses für ihn einen Elternersatz dargestellt hätte. Vor diesem Hintergrund ist die Beschwerdegegnerin zu Recht zum Schluss gelangt, dass die Beschwerdeführer 2 und 3 vorliegend keine Angehörigen im Sinne von Art. 1 Abs. 2 OHG sind. Folglich haben sie keinen Anspruch auf eine Genugtuung nach OHG. Selbst wenn die Beschwerdeführer 2 und 3 als Angehörige im Sinne von Art. 1 Abs. 2 OHG qualifiziert würden, hätten sie vorliegend aus denselben Gründen keinen Anspruch auf eine Genugtuung wie der Beschwerdeführer 1 (vgl. dazu E. 5). Bezüglich den Beschwerdeführern 2 und 3 ist die Beschwerde daher abzuweisen.
5.
5.1 Der Beschwerdeführer 1 war Sohn des Opfers, womit er von Gesetzes wegen als Angehöriger im Sinne von Art. 1 Abs. 2 OHG gilt. Die Vorinstanz hat einen Anspruch des Beschwerdeführers 1 auf eine Genugtuung mit der Begründung verneint, dessen Beeinträchtigung im Sinne von Art. 22 Abs. 1 OHG durch den Tod des Opfers könne nicht als derart gravierend festgestellt werden, dass ein Anspruch auf eine Genugtuung gerechtfertigt wäre. Eine Beeinträchtigung des Beschwerdeführers 1 sei weder dargelegt noch belegt worden.
5.2
5.2.1 Der OHG-Gesetzgeber hat sich dafür entschieden, die Genugtuung auch nach der Totalrevision 2009 an die zivilrechtlichen Regeln von Art. 47 und 49 OR zu binden, aber deren Höhe durch einen Höchstbetrag zu beschränken. Die opferhilferechtliche Genugtuung unterscheidet sich zwar als öffentlich-rechtlicher Anspruch des Bundesrechts ihrer Rechtsnatur nach von den zivilrechtlichen Ansprüchen gemäss Art. 47 und 49 OR. Ihre Ausrichtung unterliegt jedoch den gleichen Zweckbestimmungen wie Genugtuungen nach Art. 47 bzw. 49 OR. Sie soll primär die immaterielle Unbill abgelten, die dem Opfer aus der Straftat und deren Folgen erwächst. Im Bereich der Opferhilfe sind deshalb nach Art. 22 Abs. 1 OHG die von den Zivilgerichten entwickelten Grundsätze zur Bemessung der Genugtuung sinngemäss heranzuziehen. Die Opferhilfe gewährt nach oben nicht weitergehende Ansprüche, als das Opfer zivilrechtlich gegen den Täter geltend machen könnte. Zu beachten ist, dass es sich bei der Genugtuung nach OHG um eine staatliche Hilfeleistung handelt. Die unterschiedliche Ausgestaltung von zivilrechtlicher und opferhilferechtlicher Genugtuung ändert nichts daran, dass darauf ein Rechtsanspruch besteht und nicht nur aus Billigkeit geleistet wird. Auch unter altem Recht wurde berücksichtigt, dass die Genugtuung nicht vom Täter, sondern von der Allgemeinheit bezahlt wird. Ist die Schädigung nicht dauernd, so ist ein Anspruch auf Genugtuung nur gegeben, wenn besondere Umstände vorliegen, wie etwa eine lange Leidenszeit, Arbeitsunfähigkeit oder ein längerer Spitalaufenthalt. Es wird indessen auch nicht verlangt, dass die Folgen der Straftat das ganze Leben lang anhalten (Gomm in: Gomm/Zehntner [Hrsg.], Opferhilferecht, 4. Aufl. 2020, Art. 22 OHG N. 5 ff.).
5.2.2 Für die Frage, ob und in welcher Höhe im Falle einer Tötung gestützt auf Art. 47 OR eine Genugtuung zugesprochen wird, ist nicht allein der Verwandtschaftsgrad, sondern vor allem die Intensität der Beziehung zwischen der getöteten Person und deren Angehörigen massgeblich. Die Höhe der zuzusprechenden Summe hängt massgeblich vom Ausmass der Beeinträchtigung des tatsächlichen Nähegefühls zwischen dem Getöteten und dem Anspruchsteller im Zeitpunkt der Tötung ab. Der Tatsache, ob der Ansprecher mit dem Opfer zusammen gewohnt hat, kommt regelmässig eine grosse Bedeutung zu, weil darin ein wichtiger Anhaltspunkt für die Intensität einer Beziehung liegt. Deshalb darf ein Abschlag vom Genugtuungsanspruch bei nicht bestehender Hausgemeinschaft zwischen erwachsenen Kindern mit eigenem Haushalt und ihren Eltern gemacht werden. Neben der Intensität der Beziehung ist die Dauer der Auswirkungen grundsätzlich ein wichtiges Bemessungskriterium (Urteil des Bundesgerichts 1C_284/2008 vom 1. April 2009 E. 5.2 mit Hinweisen).
5.2.3 Gemäss Landolt (Landolt, Genugtuungsrecht, Systematische Gesamtdarstellung und Kasuistik, 2. Aufl. 2021, N. 914) hängt der Genugtuungsanspruch von mündigen Kindern davon ab, ob sie mit dem getöteten oder schwer verletzten Elternteil in einem gemeinsamen Haushalt gelebt haben. Bestand ein gemeinsamer Haushalt, ist vermutungsweise vom Eintritt einer immateriellen Unbill auszugehen; bestand kein gemeinsamer Haushalt, setzt der Genugtuungsanspruch den Nachweis einer besonders engen Beziehung voraus. Eine solche kann auch dann bestehen, wenn der verletzte bzw. getötete Elternteil und das mündige Kind eine Fernbeziehung geführt haben. Sind die getöteten bzw. schwerverletzten Eltern bereits betagt, rechtfertigt sich eine Reduktion der Genugtuungssumme bzw. ist der kürzeren Leidensdauer angemessen Rechnung zu tragen. Zu diesen Ausführungen von Landolt ist anzumerken, dass sich aus den von ihm in den zugehörigen Fussnoten angeführten Beispielen nicht ohne weiteres ableiten lässt, dass der Genugtuungsanspruch von mündigen Kindern eines getöteten Elternteils eine besonders enge Beziehung zu diesem voraussetzt, zumal sich den meisten erwähnten Entscheiden keine entsprechenden Ausführungen entnehmen lassen. Im zitierten BGE 82 II 36 E. 5 (= Pra 1956 Nr. 70) wurde eine enge Beziehung aufgrund des Umstands angenommen, dass die Kinder enge Beziehungen (nicht näher spezifiziert) mit ihren Eltern unterhielten und häufig ihre Ferien bei ihnen verbrachten. In der Datenbank von Landolt (Urteil Nr. 3741) findet sich sodann ein Entscheid der Cour de justice des Kantons Genf vom 9. November 2023 (AARP/418/2023), in dem die Rede ist von "sehr eng verbunden", wobei die fraglichen Kinder nicht mehr bei ihren Eltern lebten und bereits eigene Familien gegründet hatten. Ein Entscheid, in dem einem mündigen Kind ein Anspruch auf eine Genugtuung abgesprochen worden wäre, weil die Beziehung zum getöteten Elternteil nicht eng genug war, ist nicht ersichtlich. Insgesamt scheint die Rechtsprechung somit nicht sonderlich hohe Anforderungen an die Enge der Beziehung zwischen den erwachsenen Kindern und ihren Eltern zu stellen. Es ist denn auch ohne weiteres davon auszugehen, dass ein Kind, das eine intakte Beziehung zu seinen Eltern hat, eine materielle Unbill erleidet, wenn ein Elternteil getötet wird. Die Formulierung gemäss Rz. 13 des Leitfadens des Bundesamts für Justiz zur Bemessung der Genugtuung nach Opferhilfegesetz vom 3. Oktober 2019 (nachfolgend "Leitfaden") ("Für den Anspruch des oder der Angehörigen ist erforderlich, dass das Opfer entweder gestorben ist oder in seiner physischen, psychischen oder sexuellen Integrität schwer verletzt ist und der oder die Angehörige mindestens so schwer betroffen ist wie im Falle des Todes des Opfers.") deutet ebenfalls darauf hin, dass der Tod des Opfers grundsätzlich zu einem Anspruch der Angehörigen auf eine Genugtuung führt.
5.3 Zwar lebten der Beschwerdeführer 1 und das Opfer seit 2016 in unterschiedlichen Ländern, doch scheint die Beziehung zwischen ihnen intakt gewesen und gelebt worden zu sein, indem das Opfer unbestrittenermassen regelmässig zu Besuch kam und der Kontakt ansonsten über Kommunikationsmittel aufrechterhalten wurde. Dass aufgrund der Schilderungen in der Beschwerdeschrift bzw. im vorinstanzlichen Verfahren nicht von einer besonders engen Beziehung ausgegangen werden kann, steht dem Anspruch des Beschwerdeführers 1 als Angehöriger des Opfers auf eine Genugtuung nicht entgegen, zumal anzunehmen ist, dass er durch dessen Tötung eine materielle Unbill erlitten hat. Eine wesentliche Bedeutung kommt vorliegend jedoch dem Umstand zu, dass auch der Täter ein Angehöriger sowohl des Beschwerdeführers 1 (dessen Sohn) als auch des Opfers (dessen Enkel) ist, wobei er infolge Schuldunfähigkeit von der Tat freigesprochen wurde. Im psychiatrischen Gutachten vom (…) diagnostizierte Dr. med. F beim Täter eine undifferenzierte Schizophrenie. Zum begangenen Tötungsdelikt führte sie aus, es werde davon ausgegangen, dass der Täter dieses Delikt im Rahmen einer sehr schweren psychiatrischen Erkrankung unter Einfluss halluzinatorischen Erlebens, zusätzlich einer gestörten Affektivität und Handlungskontrolle und einer deutlich beeinträchtigten Fähigkeit, plötzlich auftretende Gedanken und Impulse zu überdenken, abzuwägen, zu priorisieren und auch wieder zur Seite schieben zu können (Desaktualisierungsfähigkeit), begangen habe, weshalb die Einsichtsfähigkeit aufgehoben und die Steuerungsfähigkeit schwer beeinträchtigt eingeschätzt würden. Die Schuldfähigkeit für die Tötung des Opfers werde als aufgehoben beurteilt. Unmittelbar nach der Tat (in der Wohnung der Familie) hatte der Täter eine handschriftliche Notiz hinterlassen, die folgendermassen übersetzt wurde: "Liebe Mamma, lieber Papa Entschuldigung für das was ich gemacht habe, es ist nicht beabsichtigt gewesen. Ich bin von zu Hause weggeflüchtet. P.S. Schönes Leben, ich hab Euch lieb gehabt, aber wir hatten viele Schwierigkeiten!". Zwar hatte der Beschwerdeführer 1 anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom (…) (Tag der Tat) noch ausgesagt, dass er wolle, dass der Täter für immer ins Gefängnis komme und er ihn nie wiedersehen wolle, doch nahm er von dieser Einstellung in der Folge offensichtlich Abstand. So sagte der Beschwerdeführer 1 anlässlich der delegierten Einvernahme als Auskunftsperson am (…) aus, er sei bis zu seinem letzten Atemzug für seinen Sohn (gemeint der Täter) da; was passiert sei, sei passiert. Weiter sagte er auch, dass er am ersten Abend unter Schock gesagt habe, dass er seinen Sohn nicht mehr sehen wolle. Das stimme nicht. Er sei und bleibe sein Sohn, bis zum Schluss. Den Strafakten lässt sich denn auch entnehmen, dass der Beschwerdeführer 1 (ebenso wie die Beschwerdeführer 2 und 3 sowie D) den Täter nach der Tat wiederholt besucht haben. Am (…) wurde der Familie antragsgemäss eine Dauerbesuchsbewilligung erteilt. Die Tat hat die "Kernfamilie" des Beschwerdeführers 1 (Beschwerdeführer 1-3, D, Täter) somit offenbar nicht gespalten; der Beschwerdeführer 1 steht nach wie vor zum Täter und behandelt ihn weiterhin als seinen Sohn. Dies dürfte sich (auch) damit erklären, dass die Tat in schuldunfähigem Zustand begangen wurde. In dieser speziellen Konstellation ist nicht anzunehmen, dass der Beschwerdeführer 1 als Vater des schuldunfähigen Täters die von diesem im Rahmen des Verfahrens vor dem Bezirksgericht A anerkannte Genugtuung je eingefordert hat bzw. (bei Einbringlichkeit) hätte. Wenn aber davon auszugehen ist, dass die Genugtuung vom Täter nicht eingefordert wird bzw. würde, besteht kein Anlass, dass der Staat dem Beschwerdeführer 1 Genugtuung ausrichtet. Im Ergebnis hat die Vorinstanz somit auch einen Anspruch des Beschwerdeführers 1 auf eine Genugtuung zu Recht verneint. Auch in Bezug auf den Beschwerdeführer 1 ist die Beschwerde daher abzuweisen.
Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2024.67/E vom 6. November 2024