TVR 2024 Nr. 9
Keine Entschädigungen für Wartezeiten im Rahmen des Notfalldienstes.
§ 64 Abs. 1 Ziff. 4 VRG, § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG, § 19 GG
Die Gewährleistung des Notfalldienstes ist eine öffentliche Aufgabe. Damit wurde die Thurgauer Ärztegesellschaft (ÄTG) beauftragt. Dies führt zum Schluss, dass die Standesorganisation ÄTG - und nicht etwa die einzelnen, Notfalldienst leistenden Arztpersonen - die mit öffentlichen Aufgaben betraute Person im Sinne von § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG ist. Ein Entschädigungsanspruch der Ärztinnen und Ärzte besteht daher nicht (E. 3), zumal auch keine gesetzliche Grundlage vorliegt (Legalitätsprinzip, E. 4.2). Es besteht kein Arbeits- bzw. öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis zwischen den Ärzten und dem Kanton (E. 4.3). Weder das Reglement der ÄTG noch die Leistungsvereinbarung zwischen dem Kanton und der ÄTG sehen eine Entschädigung für die Vorhalte- bzw. Wartezeit bei Notfalldiensteinsätzen vor (E. 4.4).
Drei im Kanton Thurgau tätige Ärzte (Kläger) reichten beim Verwaltungsgericht eine Klage gegen den Kanton Thurgau (Beklagter) ein und forderten für die Vorhalteleistungen bzw. Wartezeiten im Rahmen des von ihnen geleisteten Notfalldienstes zwischen 2016 und 2023 eine Entschädigung von Fr. 100.-- pro Stunde (Fr. 103'650.-- für Kläger 1 [1'036.50 Stunden], Fr. 58'700.-- für Kläger 2 [587 Stunden] und Fr. 56'000.-- für Kläger 3 [560 Stunden]). Sie machten geltend, der Notfalldienst sei eine öffentliche bzw. staatliche Aufgabe. Sie seien zur Leistung von Notfalldienst und damit zur Ausübung einer öffentlichen Aufgabe verpflichtet. Der Notfalldienst (Pikettdienst) schliesse einen Präsenz- bzw. Bereitschaftsdienst ein, was bedeute, dass der betreffende Arzt auch dann verfügbar sein müsse, wenn gerade keine Patientinnen oder Patienten zu behandeln seien. Die Vorhalte- bzw. Wartezeit werde durch die Krankenversicherung der Patientinnen und Patienten nicht entschädigt. Das Verwaltungsgericht weist die Klage ab.
Aus den Erwägungen:
1.3
1.3.1 Die Kläger haben eine verwaltungsrechtliche Klage erhoben und damit von einem zivilrechtlichen Klageverfahren abgesehen. Sie berufen sich dabei auf § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG, wonach das Verwaltungsgericht Ansprüche von mit öffentlichen Aufgaben betrauten Personen gegen den Staat beurteilt. Der Beklagte beantragt Nichteintreten auf die Klage, da die Kläger keine mit öffentlichen Aufgaben betraute Personen im Sinne von § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG seien.
1.3.2 Bei der in § 12 Abs. 1 Ziff. 3 verlangten Voraussetzung "mit öffentlichen Aufgaben betraute Personen" handelt es sich um eine doppelrelevante Tatsache. Sie bezieht sich sowohl auf die Frage der Zuständigkeit als auch auf die materiell-rechtliche Begründetheit des Anspruchs. Es liegt im Wesen doppelrelevanter Sachverhalte, dass sie sowohl im Rahmen des Eintretens als auch im Rahmen der materiellen Beurteilung geprüft werden können. Im Zivilprozess und in der ursprünglichen Verwaltungsjustiz genügt es nach der Rechtsprechung, dass die klagende Partei, welche die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts auf doppelrelevante Tatsachen stützt, diese mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit geltend macht; ob sie begründet sind, ist alsdann Sache der materiellen Beurteilung (BGE 137 II 313 E. 3.3.3 und BGE 145 II 153 E. 1.4, je mit Hinweisen). Ob die Voraussetzungen der einzig in Frage kommenden Bestimmung von § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG erfüllt sind oder nicht, ist demnach keine Frage des Eintretens, sondern Gegenstand der materiellen Beurteilung.
1.4 Die vom Beklagten angeführten Nichteintretensgründe erweisen sich damit als unzutreffend, so dass auf die Klage einzutreten ist.
2. (…)
3.
3.1 Die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts umfasst laut der abschliessenden Aufzählung in § 12 Abs. 1 VerantwG Ansprüche Dritter aus diesem Gesetz (Ziff. 1), Ansprüche des Staates gegen mit öffentlichen Aufgaben betraute Personen (Ziff. 2) und Ansprüche von mit öffentlichen Aufgaben betrauten Personen gegenüber dem Staat (Ziff.3). Die Kläger berufen sich auf § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG. Der Beklagte wendet dagegen ein, es handle sich bei den Klägern als Notfalldienst leistende Ärzte nicht um mit öffentlichen Aufgaben betraute Personen.
3.2 § 1 Abs. 1 VerantwG legt betreffend den Geltungsbereich des Erlasses Folgendes fest: "Den Bestimmungen dieses Gesetzes unterstehen die Gemeinden, die Organisationen des kantonalen öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit und die Personen, die mit öffentlichen Aufgaben betraut sind, seien sie Behördenmitglieder, Mitarbeitende, seien sie vollamtlich, nebenamtlich, ständig oder vorübergehend tätig". Das VerantwG umschreibt nicht näher, was unter einer "mit öffentlichen Aufgaben betrauten Person" zu verstehen ist.
3.3 Nach Art. 40 lit. g MedBG halten sich Personen, die einen universitären Medizinalberuf in eigener fachlicher Verantwortung ausüben, unter anderem an folgende Berufspflicht: Sie leisten in dringenden Fällen Beistand und wirken nach Massgabe der kantonalen Vorschriften in Notfalldiensten mit. Diese bundesrechtlich statuierte Berufspflicht gilt nur im Zusammenhang mit einer im Kanton der Praxisausübung gültigen Grundlage (Graf, Die Pflicht zur Leistung von Notfalldienst durch Ärzte in der Praxis, Schweizerische Ärztezeitung, 2012, S. 171). So verweist Art. 40 lit. g MedBG ausdrücklich auf das kantonale Recht. Auch Art. 40 der Standesordnung des Berufsverbandes der Schweizer Ärztinnen und Ärzte FMH (abrufbar unter https://www.fmh.ch/files/pdf29/standesordnung---de---2023-11.pdf ) hält fest, dass die kantonalen Ärztegesellschaften den örtlichen oder regionalen Notfalldienst organisieren oder delegieren, wobei sie eine zweckmässige und angemessene Regelung zur Beurteilung von (Teil-)Dispensationsgesuchen aufstellt (Donzallaz, Traité de droit médical - Volume II, Le médecin et les soignants, 2021, Rz. 5705).
3.4 Die KV sieht in § 47 Abs. 4 vor, dass das Gesetz besondere Aufgaben selbständigen Anstalten oder Körperschaften des öffentlichen Rechtes oder Privaten übertragen kann. Eine öffentliche Aufgabe kann somit vom Staat nur dann übertragen werden, wenn dafür eine gesetzliche Grundlage besteht. Diese ist für den Notfalldienst mit § 19 Abs. 1 GG vorhanden. Danach haben die kantonalen Standesorganisationen der Ärzte und Ärztinnen, Zahnärzte und Zahnärztinnen sowie der Apotheker und Apothekerinnen für eine zweckmässige Organisation des Notfalldienstes zu sorgen. Sie regeln die sich aus dem Notfalldienst ergebenden Rechte und Pflichten. Gemäss § 19 Abs. 2 GG sind Ärzte und Ärztinnen mit Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung oder unter fachlicher Aufsicht unabhängig von ihrer persönlichen Mitgliedschaft zur Beteiligung am Notfalldienst ihrer kantonalen Standesorganisation verpflichtet. Wer Notfalldienst leistet, hat den Aufenthaltsort während dieser Zeit so zu wählen, dass der Notfalldienst gewährleistet ist (§ 19 Abs. 2 Satz 2 GG). Die Abs. 3 bis 6 GG regeln die (erstinstanzliche) Entscheidzuständigkeit der kantonalen Standesorganisation betreffend Gesuche um Dispensation von der Notfalldienstpflicht und betreffend die allfällig zu leistende Ersatzabgabe sowie betreffend den Verwendungszweck der vereinnahmten Ersatzabgaben. § 19 Abs. 7 GG bevollmächtigt den Regierungsrat, mit den Standesorganisationen Leistungsvereinbarungen abzuschliessen.
3.5 Die Kläger machen geltend, gemäss Bundesgericht werde der Notfalldienst vom Gesetzgeber des Kantons Thurgau insgesamt als öffentliche bzw. staatliche Aufgabe angesehen. Sie verweisen auf das Urteil 2C_807/2010 vom 25. Oktober 2011. Jenem Verfahren lag folgende Frage zu Grunde: Schuldet eine Arztperson die Ersatzabgabe, die ihm aufgrund einer Befreiung von der Leistung von Notfalldiensten auferlegt wird, aufgrund öffentlichen Rechts in Form einer öffentlichrechtlichen Abgabe oder aufgrund privaten Rechts? Das Bundesgericht verwies vorerst auf § 68 Abs. 3 KV und § 4 Abs. 1 GG (in der bis 31. Dezember 2012 geltenden Fassung), wonach der Kanton für eine ausreichende medizinische Versorgung der Bevölkerung besorgt ist. Die Einrichtung eines Notfalldienstes der Ärzte diene dem öffentlichen Interesse an der Gewährleistung der Gesundheit der Bevölkerung. Neben einer ortsnahen Versorgung solle sie auch die Notfallstationen der Spitäler entlasten, wodurch diese insbesondere für schwerwiegende Fälle frei gehalten würden. Insoweit sehe der kantonale Gesetzgeber den Notfalldienst heute als öffentliche Aufgabe an (E. 2.6 mit Hinweis auf das Protokoll des Thurgauer Grossen Rates Nr. 64 vom 24. Oktober 2007, S. 11 ff., zur Beratung des GG und die Lehre). Der Verweis des Bundesgerichts auf die heutige Anschauung ist im Zusammenhang mit der in E. 2.3 dargestellten Entstehung eines ärztlichen Notfalldienstes zu sehen, der in der Schweiz ursprünglich der privaten Initiative überlassen und als Kernkompetenz der hausärztlichen Tätigkeit angesehen wurde. Der kantonale Gesetzgeber hat denn auch, wie das Bundesgericht weiter festhielt, alle Ärzte mit Bewilligung zur selbständigen oder unselbständigen Berufsausübung zum Notfalldienst verpflichtet. Wohl habe er darauf verzichtet, die Organisation des Notfalldienstes einer kantonalen Behörde zu übertragen. Stattdessen habe er damit die kantonale Ärztegesellschaft beauftragt (§ 23a Abs. 1 GG [in der bis 31. Dezember 2012 geltenden Fassung] i.V. mit § 47 Abs. 4 KV).
3.6 Dass der Notfalldienst als öffentliche bzw. staatliche Aufgabe angesehen wird, bedeutet nun aber nicht zwangsläufig, dass es sich bei den Notfalldienst leistenden Arztpersonen um "mit öffentlichen Aufgaben betraute Personen" handelt. Entsprechendes ergibt sich auch nicht aus dem zitierten Bundesgerichtsurteil.
3.7 Der kantonale Gesetzgeber hat nach der klaren, keiner Auslegung bedürftigen Bestimmung von § 19 Abs. 1 GG die Bereitstellung eines als öffentliche Aufgabe zu verstehenden kantonalen Notfalldienstes an die jeweilige Standesorganisation übertragen. Im Falle der Kläger ist also ihre Standesorganisation, die ÄTG, die mit einer öffentlichen Aufgabe betraute Person, und nicht etwa sie selbst als individuelle Arztpersonen, die Notfalldienst leisten (vgl. hierzu auch Graf, a.a.O., S. 173). Dies steht in Übereinstimmung mit dem von den Klägern zitierten Bundesgerichtsurteil 2C_807/2010 vom 25. Oktober 2011. So hielt das Bundesgericht in E. 2.6 fest, dass die ÄTG diesem Auftrag entsprechend die Pflicht zu handeln habe. Es stehe ihr nicht frei, untätig zu bleiben und die Organisation des Notfalldienstes bloss der Eigeninitiative von Ärzten oder privaten Unternehmen zu überlassen. Zudem habe sie kraft der gesetzlichen Delegation den Notfalldienst sowohl in Bezug auf Mitglieder als auch auf Nichtmitglieder zu regeln. Gegenüber all diesen Personen befinde sie ebenfalls über die Befreiung vom Notfalldienst und über die von den befreiten Arztpersonen allenfalls zu leistende Ersatzabgabe. In diesem Zusammenhang habe der Gesetzgeber entsprechende Kompetenzen an die ÄTG übertragen. Diese trete diesbezüglich gegenüber den Ärzten hoheitlich, kraft der ihr übertragenen Kompetenzen auf, ungeachtet dessen, ob diese ihre Mitglieder sind oder nicht. In jenem Verfahren gelangte das Bundesgericht darum zum Schluss, die ÄTG solle nicht mehr wie früher den - für sie beschwerlicheren - Weg eines zivilrechtlichen Klageverfahrens gehen müssen, sondern habe die Kompetenz, den Entscheid über eine Dispensation von der Notfalldienstpflicht und/oder der zu leistenden Ersatzabgabe hoheitlich, gestützt auf öffentliches Recht zu fällen.
3.8 Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass das Bundesgericht schon im Jahre 2011 den Notfalldienst als öffentliche Aufgabe bezeichnete, gleichzeitig aber festhielt, dass damit die ÄTG beauftragt wurde. Dies führt zum Schluss, dass die Standesorganisation ÄTG - und nicht etwa die einzelnen Notfalldienst leistenden Arztpersonen - die mit öffentlichen Aufgaben betraute Person im Sinne von § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG ist. Die in Art. 40 lit. g MedBG statuierte Berufspflicht, Notfalldienst zu leisten, wird mit der kantonalen Grundlage von § 19 GG zwar eine öffentlich-rechtliche Pflicht aller Ärztinnen und Ärzte mit Bewilligung zur Berufsausübung in eigener fachlicher Verantwortung oder unter fachlicher Aufsicht. Dies heisst indes nur (aber immerhin), dass der Kanton Thurgau den Notfalldienst unter Inanspruchnahme der Berufspflicht der Ärztinnen und Ärzte und nicht beispielsweise über eine private Unternehmung gewährleisten will. § 19 Abs. 2 GG verpflichtet Ärzte und Ärztinnen ausdrücklich zur Beteiligung am Notfalldienst "ihrer Standesorganisation". Sie sind damit nicht direkt mit einer öffentlichen Aufgabe betraute Personen und auch nicht Personen, die in einem "Zwangsanstellungsverhältnis" zum Kanton stehen. Ein solches würde - wenn überhaupt - höchstens gegenüber der ÄTG bestehen. Soweit die Kläger geltend machen, es handle sich bei ihnen um "mit öffentlichen Aufgaben betraute Personen" im Sinne von § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG, kann ihnen demnach nicht gefolgt werden. Da somit die Voraussetzungen dieser Bestimmung für die Begründung eines Leistungsanspruches nicht erfüllt sind, ist die Klage abzuweisen. Bei diesem Ergebnis braucht nicht beurteilt zu werden, ob die Forderungen verjährt sind.
4.
4.1 Selbst wenn davon ausgegangen würde, es handle sich bei den Klägern um mit öffentlichen Aufgaben betraute Personen im Sinne von § 12 Abs. 1 Ziff. 3 VerantwG, wäre die Klage dennoch abzuweisen, wie nachfolgend dargelegt wird.
4.2
4.2.1 Die Kläger anerkennen ausdrücklich, dass für die Entschädigung von Vorhalte- und Wartezeiten bei der Ausübung ärztlicher Notfalldienste keine ausdrückliche gesetzliche Grundlage besteht. Sie machen geltend, es sei von einer Gesetzeslücke auszugehen, da es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass es sich beim Fehlen entschädigungsbegründender Regelungen im kantonalen Recht um ein qualifiziertes Schweigen des Gesetzgebers handle.
4.2.2 Mit diesem argumentativen Ansatz verkennen die Kläger die Bedeutung des Legalitätsprinzips. Das Legalitätsprinzip hat seine Grundlage als Grundsatz rechtsstaatlichen Handelns in Art. 5 Abs. 1 BV erhalten, nachdem es von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung als ungeschriebener Verfassungsgrundsatz anerkannt worden war (Häfelin/Müller/Uhlmann, Allgemeines Verwaltungsrecht, 8. Aufl. 2020, Rz. 334). Dieser hat auch Aufnahme in die Kantonsverfassung gefunden, wo § 2 Abs. 2 KV bestimmt, dass alles staatliche Handeln auf einem Rechtssatz beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein muss. Angesprochen ist damit in allgemeiner Weise das Erfordernis eines Rechtssatzes, wonach die Staatstätigkeit nur aufgrund und nach Massgabe von generell-abstrakten Rechtsnormen ausgeübt werden darf, die genügend bestimmt sind (Häfelin/Müller/Uhlmann, a.a.O., Rz. 338 mit Hinweis auf BGE 142 II 182 E. 2.2.1). Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Fall konkretisiert § 4 Abs. 2 FHG diesen Grundsatz, indem er festhält, dass eine Ausgabe, welche die Bindung von Finanzvermögen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben ist, einer gesetzlichen Grundlage und eines Kredits bedarf. Soweit die Kläger eine Entschädigungspflicht für Vorhalte- und Wartezeiten mit dem Füllen einer (angeblichen) Gesetzeslücke durch eine Gerichtsinstanz begründen, steht dies in unauflösbarem Widerspruch zum Legalitätsprinzip und zum Erfordernis eines Rechtssatzes. Die Klage ist damit auch aus diesem Grund unbegründet und abzuweisen.
4.3
4.3.1 Wie vorstehend in E. 3.2 dargelegt umschreibt das VerantwG nicht näher, was unter einer "mit öffentlichen Aufgaben betrauten Person" zu verstehen ist. Betreffend natürliche Personen führt es einzig aus, dass diese Behördenmitglieder oder Mitarbeitende sein können. Unter Mitarbeitenden sind in diesem Zusammenhang Personen zu verstehen, die in einem tatsächlichen Anstellungs- bzw. Dienstverhältnis mit dem Kanton stehen (vgl. § 3 Abs. 1 Ziff. 1 RSV). In einem solchen stehen die Kläger nicht, setzt dies doch ein Subordinationsverhältnis voraus. Darunter wird die rechtliche Unterordnung in persönlicher, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht verstanden (Urteil des Bundesgerichts 8C_649/2017 vom 4. Januar 2018 E. 5.2 mit Hinweisen). Ein Subordinationsverhältnis mit entsprechender Weisungsgebundenheit ist vorliegend nicht ersichtlich. Allein aufgrund der gesetzlichen Notfalldienstpflicht gemäss § 19 Abs. 2 GG kann - entgegen der Auffassung der Kläger - nicht von einem tatsächlichen Arbeits- bzw. öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis ausgegangen werden.
4.3.2 Die Kläger behaupten, dass zwischen ihnen als Notfalldienst leistenden Arztpersonen und dem Kanton ein tatsächliches Arbeitsverhältnis im Sinne von Art. 1 Abs. 1 ArG bestehe. Abgesehen davon, dass dieser Gesetzesbestimmung nicht zu entnehmen ist, unter welchen Voraussetzungen von einem (allenfalls faktischen) Arbeitsverhältnis auszugehen ist, übersehen die Kläger, dass das ArG gemäss Art. 2 Abs. 1 lit. a - unter Vorbehalt des (vorliegend nicht relevanten) Art. 3a - auf Verwaltungen des Bundes, der Kantone und Gemeinden nicht anwendbar ist, worauf der Beklagte zu Recht hinweist. Der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass offenkundig auch kein Ausnahmefall im Sinne von Art. 4 ArGV 1 vorliegt. Damit wird dem klägerischen Vorbringen, auf den vorliegenden Fall sei die Definition des Pikettdienstes in Art. 14 Abs. 1 der ArGV 1 anwendbar, jegliche Grundlage entzogen. Weiterungen hierzu erübrigen sich.
4.3.3 Die Kläger machen zudem geltend, Art. 320 Abs. 2 OR sei analog anwendbar, obwohl vorliegend kein privatrechtliches Arbeitsverhältnis, sondern ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis in Frage stehe. Nach dieser Bestimmung gilt ein Arbeitsvertrag auch dann als abgeschlossen, wenn der Arbeitgeber Arbeit in seinem Dienst auf Zeit entgegennimmt, deren Leistung nach den Umständen nur gegen Lohn zu erwarten ist (faktisches Arbeitsverhältnis, vgl. Urteil des Bundesgerichts 4A_19/2015 vom 20. Mai 2015 E. 3.2 mit Hinweisen). Gemäss § 2 Abs. 2 RSV gelten zwar die Bestimmungen des OR sinngemäss, soweit diese Verordnung nichts anderes regelt. Die Frage der Besoldung ist allerdings vom Regelungsbereich der RSV ausdrücklich ausgeschlossen. Nach § 39 RSV richtet sich die Besoldung, einschliesslich Zulagen, nach der BesVO sowie die Vollzugsbestimmungen des Regierungsrates. In der BesVO findet sich kein Verweis auf eine sinngemässe Anwendung des OR. Zudem träte die Zusprache von kantonalrechtlich nicht vorgesehenen Entschädigungen für die Vorhalte- und Wartezeit für Notfalldienst leistende Arztpersonen aufgrund einer analogen Anwendung von Bundesprivatrecht in einen unauflösbaren Widerspruch mit dem oben geschilderten Legalitätsprinzip und das Erfordernis eines Rechtssatzes.
4.4
4.4.1 Gemäss § 19 Abs. 1 Satz 2 GG regeln sie (das heisst unter anderem die kantonale Standesorganisation der Ärzte und Ärztinnen ÄTG) die sich aus dem Notfalldienst ergebenden Rechte und Pflichten. Der Regierungsrat wird in § 19 Abs. 7 GG ermächtigt, mit den Standesorganisationen Leistungsvereinbarungen über den Notfalldienst abzuschliessen. Wie vorerwähnt hat die ÄTG ein Reglement für den ärztlichen Notfalldienst (NFD-Reglement) erlassen, welches in drei Versionen im Recht liegt. Die Kläger berufen sich zur Quantifizierung ihrer Klage auf die von ihnen ab dem 31. August 2016 geleisteten Notfalldienste, wobei sich die Entschädigung für die Vorhalte- bzw. Wartezeit auf bis maximal im April 2023 geleistete Notfalldienste bezieht. Die Kläger behaupten nicht, dass die massgebenden NFD-Reglemente mit Revisionsdatum 3. Juni 2010 bzw. 3. Juni 2021 eine Entschädigung für die Vorhalte- bzw. Wartezeit bei Notfalldiensteinsätzen vorsehen. Dies ist auch nicht ersichtlich. Auch die in zeitlicher Hinsicht massgebende Leistungsvereinbarung zwischen dem Kanton und der ÄTG vom 30. September 2010 enthält keinen Hinweis darauf, dass die Vorhalte- bzw. Wartezeit bei Notfalldiensteinsätzen zu entschädigen sei.
4.4.2 Per 1. Januar 2024 gilt eine neue Leistungsvereinbarung. Diese sieht neben einer Erhöhung des jährlichen Kantonsbeitrages an die ÄTG für den Notfalldienst von Fr. 130'000.-- auf Fr. 190'000.-- in Art. 3 Abs. 2 vor, dass die Abgeltung für eine Entschädigung des Notfalldienstes, Schadloshaltung bei nicht eintreibbaren Honoraren im Rahmen des Notfalldienstes und die Organisation des Notfalldienstes verwendet werden kann. Gemäss Stellungnahme des Beklagten vom 19. Juli 2024 regle die neue Leistungsvereinbarung neu die Abgeltung des Kantons für den ärztlichen Hintergrund-Hausbesuchsdienst und den Amtsärztedienst (AAD) mittels eines neuen Amtsärztedienstes plus (AAD+). Darauf abstützend sieht Art. 8 Abs. 1 des am 20. Juni 2023 revidierten NFD-Reglements betreffend die Verwendung der Gelder des Notfalldienstfonds unter anderem die Möglichkeit vor, "Pikettdienstleistungen für den psychiatrischen und augenärztlichen Pikettdienst (die Höhe wird vom Vorstand der ÄTG jährlich festgelegt)" zu entschädigen. Dieses per 1. Januar 2024 in Kraft gesetzte NFD-Reglement ist für die vorliegend bis spätestens April 2023 geleisteten Notfalldienste der Kläger nicht anwendbar. Es kann darum beim blossen Verweis bleiben, dass nur die Pikettdienste von Psychiatern und Augenärzten, zu denen die Kläger augenscheinlich nicht gehören, entschädigungsfähig sind. Die Klage wäre somit auch in Anwendung der in zeitlicher Hinsicht anwendbaren Fassungen von Leistungsvereinbarung und NFD-Reglement abzuweisen gewesen.
Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2023.58/E vom 18. September 2024