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RBOG 1997 Nr. 11

Gestützt auf einen Verlustschein kann für Steuern keine provisorische Rechtsöffnung erteilt werden und definitive nur dann, wenn die Veranlagungsverfügung eingereicht wird


Art. 80 SchKG, Art. 149 SchKG


1. Der Staat hob gegen X die Betreibung für ausstehende Steuern an und verlangte gestützt auf einen Pfändungsverlustschein definitive Rechtsöffnung. Das Gerichtspräsidium wies das Rechtsöffnungsgesuch ab, weil gestützt auf einen Verlustschein keine definitive Rechtsöffnung erteilt werden könne und die provisorische Rechtsöffnung für Steuerforderungen nicht in Frage komme. Der Staat erhob Rekurs mit der Begründung, das Rechtsöffnungsgesuch habe sich nicht auf den Pfändungsverlustschein, sondern auf die rechtskräftigen Veranlagungsverfügungen gestützt. Der Verlustschein sei lediglich zur Erhellung des Sachverhalts beigelegt worden.

2. a) Die innerhalb des Kantonsgebiets ergangenen Verfügungen und Entscheide kantonaler Verwaltungsbehörden über öffentlich-rechtliche Verpflichtungen wie Steuern stellen Rechtsöffnungstitel im Sinn von Art. 80 SchKG dar, soweit das kantonale Recht diese Gleichstellung vorsieht. Öffentlich-rechtliche Forderungen, welche in einem anderen als in dem Kanton, in welchem um Vollstreckung ersucht wird, ergangen sind, können vollstreckt werden, wenn der Gläubiger die in Art. 4 des Konkordats über die Gewährung gegenseitiger Rechtshilfe zur Vollstreckung öffentlichrechtlicher Ansprüche aufgeführten Belege einreicht (vollständige Ausfertigung der Verfügung bzw. Auszug aus dem Steuerregister; Nachweis der Rechtskraft und der Gleichstellung solcher Verfügungen mit gerichtlichen Urteilen; Nachweis, dass das Verfahren den Anforderungen von Art. 3 des Konkordats genügt).

aa) Der Verlustschein im Sinn von Art. 149 SchKG gilt als Schuldanerkennung im Sinn von Art. 82 SchKG, mit welchem die provisorische Rechtsöffnung verlangt werden kann. Für Steuerforderungen ist allerdings die provisorische Rechtsöffnung nicht zulässig, weshalb die Bezeichnung des Verlustscheins als Schuldanerkennung durch das Gesetz im Zusammenhang mit Steuerforderungen keine Bedeutung hat (BlSchK 30, 1966, Nr. 26). Vielmehr ist, selbst wenn über Steuerforderungen ein definitiver Verlustschein ausgestellt wurde, stets die definitive Rechtsöffnung zu erteilen (vgl. Panchaud/Caprez, Die Rechtsöffnung, Zürich 1980, § 122 N 12). Mit Bezug auf Steuerforderungen muss deshalb - obwohl ein Verlustschein vorliegt - bei einer erneuten Betreibung gleich vorgegangen werden wie im Betreibungsverfahren, das zum Verlustschein führte. Deshalb ist der Einwand des Schuldners, gestützt auf Art. 149 Abs. 4 SchKG seien für die durch den Verlustschein verurkundete Forderung keine Zinsen zu bezahlen, nicht zu hören. Es bleibt allein massgebend, ob der Gläubiger für seine Forderung gemäss den rechtskräftigen Steuerveranlagungen einen Titel für die definitive Rechtsöffnung besitzt und sich für Steuerschulden die Verzugszinspflicht aus dem Gesetz ergibt.

bb) Wird für ausstehende Steuerforderungen, für welche bereits ein Verlustschein ausgestellt wurde, erneut die Betreibung angehoben und Rechtsöffnung verlangt, ergeben sich regelmässig Differenzen mit Bezug auf die Höhe der Forderungen: Der im Verlustschein verurkundete Betrag ist in der Regel höher als der in den Steuerveranlagungen ausgewiesene. Dies hängt damit zusammen, dass im Betrag gemäss Verlustschein die Zinsen kapitalisiert und die Betreibungs-, Rechtsöffnungs- und Verlustscheinskosten mitberücksichtigt werden. Da es sich beim Verlustschein indessen ebenfalls um ein amtliches Dokument handelt, ist - sofern der Gläubiger dies verlangt - definitive Rechtsöffnung für den im Verlustschein verurkundeten Gesamtbetrag zu erteilen, sofern neben dem Verlustschein die Steuerveranlagungen und die Rechtskraftbescheinigung eingereicht werden und der Schuldner keine Einwendungen im Sinn von Art. 81 SchKG erhebt. Allerdings wird in diesem Fall für die laufenden Zinsen keine Rechtsöffnung bewilligt.

b) Der Rekurrent reichte die Veranlagungen, eine Rechtskraftbescheinigung sowie den Verlustschein ein. Er wies nach, dass die rechtskräftigen Verfügungen und Entscheide über Steuern vollstreckbaren gerichtlichen Urteilen gleichgestellt sind. Dass die Veranlagungsverfügungen dem Rekursgegner zugestellt wurden und dieser Gelegenheit hatte, ein Rechtsmittel gegen die Veranlagung zu ergreifen, belegt neben der Rechtskraftbescheinigung auch die Verfügung der Verwaltung des Kantons betreffend Steuererlass. Die Voraussetzungen für die Erteilung der definitiven Rechtsöffnung im Betrag gemäss Pfändungsverlustschein sind demnach erfüllt.

Rekurskommission, 16. Juni 1997, BR 97 60


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