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RBOG 1999 Nr. 11

Anrechnung von Teilzahlungen bei Mitteilungen auf den Einzahlungsscheinen


Art. 86 f OR, Art. 80 ff. SchKG


1. Die Rekurrentin betrieb den Rekursgegner für ausstehende Mietzinsen. Dass mit Bezug auf den monatlichen Mietzins ein zur provisorischen Rechtsöffnung berechtigender Titel im Sinn von Art. 82 Abs. 1 SchKG vorliegt, wird von keiner Partei bestritten. Die Vorinstanz verweigerte hingegen die Rechtsöffnung, weil der Rekursgegner die Bezahlung der Mietzinsen belegt habe. Die Rekurrentin vertritt die Auffassung, diese Zahlungen seien auf frühere Mietzinsausstände anzurechnen.

2. a) Hat der Schuldner mehrere Schulden an denselben Gläubiger zu bezahlen, ist er gemäss Art. 86 OR berechtigt, bei der Zahlung zu erklären, welche Schuld er tilgen will. Mangelt eine solche Erklärung, so wird die Zahlung auf diejenige Schuld angerechnet, die der Gläubiger in seiner Quittung bezeichnet, vorausgesetzt, dass der Schuldner nicht sofort Widerspruch erhebt. Bezeichnet der Schuldner die Anrechnung, erlischt die von ihm genannte Forderung (Weber, Berner Kommentar, Art. 86 OR N 42). Die Erklärung des Schuldners über die Anrechnung der Leistung ist ein einseitiges, empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft. In der Regel wird der Schuldner die Erklärung bei der Erbringung der Leistung abgeben. Er ist nicht verpflichtet, dabei auf die Interessen des Gläubigers besondere Rücksicht zu nehmen (Weber, Art. 86 OR N 23 ff.). Haben die Parteien eine Abrede über die Anrechnung getroffen, ist diese für beide Parteien verbindlich; bestimmt der Schuldner bei der Erfüllung die Anrechnung anders, hindert dies den Gläubiger nicht, die Leistung gemäss der vertraglichen Vereinbarung anzurechnen (Weber, Art. 86 OR N 44 mit Hinweisen).

b) Bei Verwendung der grünen (alten) bzw. roten (neuen) Einzahlungsscheine der PTT ist es dem Schuldner regelmässig möglich, auf dem für den Gläubiger bzw. die PTT bestimmten Abschnitt in der Rubrik "Mitteilungen" anzugeben, welche Schuld mit der Einzahlung getilgt werde. Der blaue Einzahlungsschein enthält indessen ausdrücklich die Rubrik "Keine Mitteilungen". Der Grund liegt darin, dass dieser Abschnitt nicht mehr dem Gläubiger zugestellt wird, dieser mithin auch keine Kenntnis von einer entsprechenden Mitteilung des Schuldners erhält. Alsdann muss er auch nicht mit einer solchen Erklärung rechnen.

Stellt hingegen der Gläubiger dem Schuldner für verschiedene Forderungen verschiedene blaue Einzahlungsscheine zu und vermerkt auf dem beim Schuldner verbleibenden Empfangsschein, für welche Forderung der entsprechende Einzahlungsschein gilt, muss er die Zahlung des Schuldners auch an diejenige Forderung anrechnen, die auf dem Empfangsschein bezeichnet ist. Erhält der Schuldner vom Gläubiger auf diese Art gekennzeichnete Einzahlungsscheine, darf er sich nach Treu und Glauben darauf verlassen, dass der Gläubiger erkennt, welchen Einzahlungsschein der Schuldner verwendete bzw. welche Schuld er tilgen wollte. Dies ist deshalb nicht selbstverständlich, weil zwar die für den Schuldner bestimmten Empfangsscheine entsprechende Hinweise auf die jeweilige Forderung enthalten, die Giro-Abschnitte indessen - soweit erkennbar - alle identisch sind, weil sie dieselben Rechnungs- bzw. Referenznummern enthalten. In einem solchen Fall erhält der Gläubiger offenbar gar keine Kenntnis der Mitteilung, welche der Schuldner mit der Verwendung eines entsprechenden Einzahlungsscheins zu machen glaubt. Diese Unzulänglichkeit hat sich aber der Gläubiger, welcher die Einzahlungsscheine ausstellte, anrechnen zu lassen, umso mehr, als der Schuldner auf dem Giro-Abschnitt keine Mitteilungen mehr machen kann.

c) Die Rekurrentin sandte dem Rekursgegner unbestrittenermassen Einzahlungsscheine zu, welche auf den für den Schuldner bestimmten Empfangsscheinen vermerkten, welcher Monatszins bei Verwendung des entsprechenden Einzahlungsscheins getilgt werde. Bei den Einzahlungen verwendete der Rekursgegner diese von der Rekurrentin vorgedruckten Einzahlungsscheine. Der Rekursgegner vermerkte zwar jeweils unter der Rubrik "Bitte keine Mitteilungen anbringen", welchen Monatszins er mit seiner Einzahlung tilgen wolle. Von diesen Mitteilungen erhielt die Rekurrentin indessen keine Kenntnis. Massgebend sind daher lediglich die auf den Empfangsscheinen vermerkten Hinweise.

Rekurskommission, 21. Dezember 1998, BR.1998.129


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