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RBOG 1999 Nr. 29

Schuldneranweisung aufgrund eines ausländischen Urteils


Art. 2 Ziff. 3 , Art. 291 ZGB, § 258 ZPO, § 260 ZPO


1. Die Vorinstanz verfügte gestützt auf einen ausländischen Entscheid in Anwendung von Art. 177 ZGB für die der Rekursgegnerin und den drei Kindern geschuldeten Unterhaltsbeiträge eine Schuldneranweisung. Da die Ehe zwischen den Parteien geschieden ist, kommt eine Anweisung gemäss Art. 177 ZGB nicht in Frage. Erfüllt der Rekurrent seine Unterhaltspflicht gegenüber der Rekursgegnerin persönlich nicht, ist sie auf den Betreibungsweg zu verweisen. Damit ist zu prüfen, ob eine Anweisung für die geltend gemachten Kinderunterhaltsbeiträge nach Art. 291 ZGB zulässig ist.

2. a) Gemäss Art. 2 Ziff. 3 des Haager Übereinkommens über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Unterhaltspflicht gegenüber Kindern sind Unterhaltsentscheidungen, die in einem der Vertragsstaaten ergangen sind, in den anderen Vertragsstaaten ohne sachliche Nachprüfung anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, wenn die Entscheidung in dem Staat, in welchem sie ergangen ist, Rechtskraft erlangt hat. Die Bestimmungen dieses Übereinkommens sind sowohl auf Entscheidungen als auch auf Vergleiche ohne Rücksicht auf ihre Bezeichnung anzuwenden (Art. 2, 21 des Übereinkommens). Das Haager Übereinkommen bleibt vom Lugano-Übereinkommen unberührt, da es für ein besonderes Rechtsgebiet die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheiden regelt (Art. 57 Abs. 1 LugÜ; Siehr, in: IPRG Kommentar, Zürich 1993, Art. 84 N 8).

Ist ein Urteil, welches aus einem Vertragsstaat des Lugano-Übereinkommens oder des Haager Unterhalts-Vollstreckungsübereinkommens stammt, auf dem Betreibungsweg zu vollstrecken, so wird der Rechtsöffnungsrichter nach Art. 81 Abs. 3 SchKG auch darüber entscheiden können, ob das ausländische Urteil als Rechtsöffnungstitel genügt (Volken, in: IPRG Kommentar, Art. 29 N 17). Geht ein Anspruch jedoch nicht auf Geld- oder Sicherheitsleistung, richtet sich das Verfahren der Vollstreckung ausländischer Entscheidungen weitgehend nach kantonalem Recht. Im Rahmen des Lugano-Übereinkommens ist zu beachten, dass ein Vollstreckungsantrag gemäss Art. 32 Abs. 1 LugÜ an den "zuständigen kantonalen Vollstreckungsrichter" zu richten ist (Berti/ Schnyder, Basler Kommentar, Art. 29 IPRG N 11 f.).

b) Bei der Anweisung gemäss Art. 291 ZGB handelt es sich um eine privilegierte Zwangsvollstreckungsmassnahme eigener Art, welche zwar eher eine Zivilsache darstellt, aber kein Endentscheid und vom Bundesgericht nur im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde überprüfbar ist (Breitschmid, Basler Kommentar, Art. 291 ZGB N 5). Da der Unterhaltsanspruch gemäss Art. 291 ZGB und nicht nach SchKG vollstreckt wird, richtet sich das Verfahren nach § 260 ZPO. Somit stellt sich die Frage, ob hier - wie im Vollstreckungsverfahren nach SchKG - über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Urteils entschieden werden kann, oder ob ein separates Exequaturverfahren zu erfolgen hat.

Aufgrund der Auslegung der einschlägigen Bestimmungen der Zivilprozessordnung ist die Möglichkeit einer vorfrageweisen Überprüfung der Vollstreckbarkeit zu bejahen. Einerseits ist sowohl für das Verfahren auf Vollstreckbarerklärung als auch für dasjenige gemäss Art. 291 ZGB der Gerichtspräsident als Summarrichter zuständig (§ 172 Ziff. 15 ZPO und § 260 i.V.m. § 164 ZPO). Andererseits sieht § 258 Abs. 2 ZPO ausdrücklich vor, dass bei ausländischen Entscheiden auf Begehren einer Partei im Befehlsverfahren über die Frage der Vollstreckbarkeit ein besonderer Entscheid ergehen kann. Demnach muss die Möglichkeit gegeben sein, dass gleichzeitig über die Vollstreckbarkeit des ausländischen Entscheids entschieden werden kann, falls nicht ein anderslautendes Begehren einer Partei vorliegt. Für diese Lösung spricht auch die Tatsache, dass dadurch unnötige Doppelspurigkeiten vermieden werden können.

3. Da keine der Parteien ein separates Verfahren für die Vollstreckbarkeit verlangte, kann darüber gleichzeitig entschieden werden. Dass der dem Begehren der Rekursgegnerin zugrundeliegende Entscheid in der Schweiz vollstreckbar ist, blieb unbestritten.

Rekurskommission, 1. Februar 1999, ZR.1999.3


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