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RBOG 2009 Nr. 23

Streitwert der Klage betreffend Feststellung neuen Vermögens; getrennte Angabe der Parteientschädigung und der Gerichtsgebühren in der Kautionsverfügung


Art. 265 a SchKG, § 36 aZPO (TG), § 78 aZPO (TG)


1. In der von der Gläubigerin eingeleiteten Betreibung für Fr. 3'000.00 wies das Gerichtspräsidium den Rechtsvorschlag wegen mangelnden neuen Vermögens ab und stellte neues Vermögen im Umfang von Fr. 21'500.00 fest. Der Schuldner bezifferte in der von ihm erhobenen Klage auf Bestreitung des neuen Vermögens den Streitwert auf Fr. 3'000.00. Die Vorinstanz forderte den Schuldner zur Einreichung einer Klageschrift auf, weil der Streitwert Fr. 21'500.00 betrage. Die Gläubigerin beantragte ausgehend von einem Streitwert von Fr. 3'000.00 eine Sicherstellung für die Parteientschädigung und allenfalls auch für die Gerichtskosten. Die Vorinstanz verpflichtete den Schuldner, bei einem massgeblichen Streitwert von Fr. 21'500.00 für die Gerichtskosten und die Parteientschädigung eine Kaution von Fr. 2'500.00 zu bezahlen. Der Schuldner erhob Rekurs.

2. Die Vorinstanz erwog, nachdem im summarischen Verfahren neues Vermögen im Umfang von Fr. 21'500.00 festgestellt worden sei und der Schuldner nun die Feststellung verlange, nicht zu neuem Vermögen gekommen zu sein, liege es wesentlich näher, von diesem Streitwert auszugehen. Der Entscheid im beschleunigten Verfahren erwachse in materielle Rechtskraft, weshalb ihm bezüglich weiterer Verfahren betreffend Feststellung neuen Vermögens eine gewisse präjudizielle Wirkung zukomme.

3. a) Es ist unbestritten, dass der Rekurrent für die Gerichtskosten und für eine allfällige Entschädigung der Gegenpartei kautionspflichtig ist. Umstritten ist einzig der Streitwert und damit die Höhe der Kaution. Unklar ist hingegen, in welcher Höhe die verfügte Kaution von Fr. 2'500.00 für die Gerichtsgebühren und in welchem Umfang für die Parteientschädigung bestimmt sein soll. Bereits dies stellt einen Mangel der angefochtenen Verfügung dar: Wird in der Kautionsverfügung die Höhe der sicherzustellenden Parteientschädigung und der Gerichtsgebühren nicht getrennt aufgeführt, kann die Partei, welche eine Kaution beantragte, nicht überprüfen, ob sie die Kaution für die Parteientschädigung für angemessen hält oder gegebenenfalls mit Rekurs anfechten will.

b) Die Gerichtskosten und die Prozessentschädigung und damit die Höhe der Kaution richtet sich grundsätzlich nach dem Streitwert[1]. Für die Festsetzung der Parteientschädigung im Kautionsverfahren sind bei anwaltlicher Vertretung die Ansätze des Anwaltstarifs massgebend[2].

Beide Parteien gehen von einem Streitwert von Fr. 3'000.00 entsprechend der in Betreibung gesetzten Forderung aus, für die der Rechtsvorschlag bewilligt oder nicht bewilligt werden soll. Die Vorinstanz erachtete nicht die Höhe der Betreibungsforderung als massgebend, sondern das in einem höheren Betrag festgestellte neue Vermögen, weil der Entscheid in materielle Rechtskraft erwachse und damit auch in künftigen Verfahren präjudizielle Wirkung habe.

Der Auffassung der Vorinstanz ist entgegenzuhalten, dass die Parteien einzig ein Interesse an der in Betreibung gesetzten Forderung haben und dem Entscheid lediglich materielle Rechtskraft für die fragliche Betreibung zukommt. Daher ist als Streitwert im Verfahren gemäss Art. 265a Abs. 4 SchKG der Wert der als neues Vermögen beanspruchten Vermögenswerte anzusehen[3]. Die Höhe des im summarischen Verfahren festgestellten neuen Vermögens kann nur in dem Umfang Auswirkungen auf den Streitwert haben, als er allenfalls tiefer als die in Betreibung gesetzte Forderung ist[4]. Die Situation ist vergleichbar mit der Arrestaufhebungsklage, bei der für den Streitwert auf den Wert der verarrestierten Vermögensgegenstände oder auf die mit Arrest zu sichernde Forderung abzustellen ist, falls diese kleiner als der Wert der Vermögensgegenstände ist[5]. Auch im Verfahren betreffend Feststellung neuen Vermögens können Vermögenswerte Dritter oder dem Schuldner bloss wirtschaftlich zustehende Vermögenswerte als pfändbar erklärt werden, was einem Arrestbefehl gleicht[6]. Auch der Umstand, dass das Interesse des Gläubigers auf die Höhe der in Betreibung gesetzten Forderung beschränkt ist, gebietet eine solche Betrachtungsweise; andernfalls müsste der Gläubiger ein unangemessen hohes Prozessrisiko tragen, insbesondere wenn der Betrag des neuen Vermögens relativ gross und die Forderung des Gläubigers verhältnismässig klein ist.

c) Der Streitwert beträgt somit Fr. 3'000.00. Damit fällt die Streitsache gemäss § 45 Abs. 1 ZPO in die Zuständigkeit des Einzelrichters, was tiefere Gebührenansätze zur Folge hat. Eine Sicherstellung von Fr. 2'500.00 wäre übersetzt. Die Vorinstanz wird daher eine neue Kautionsverfügung zu treffen haben.

Obergericht, 27. Juli 2009, BR.2009.63


[1] Merz, Die Praxis zur thurgauischen Zivilprozessordnung, 2.A., § 78 N 4

[2] Merz, § 78 ZPO N 12

[3] Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3.A., § 18 N 13; BJM 2001 S. 118 mit Hinweis auf Fürstenberger, Einrede des mangelnden und Feststellung neuen Vermögens nach revidiertem Schuldbetreibungs- und Konkursgesetz, Basel/Genf/München 1999, S. 110 f.; Entscheide des Kantonsgerichts St. Gallen vom 18. Juni 2007, bz.2006.48, Erw. II.1, und vom 11. August 2006, bz.2006.39, Erw. II.1, in: www.gerichte.sg.ch, Dienstleistungen, Rechtsprechung, Kantonsgericht, Suchmaske (Fallnummer); Entscheid des Kassationsgerichts des Kantons Zürich vom 12. Februar 2009, AA080189/U/Ia S. 2 und 7, in: www.kassationsgericht-zh.ch, Entscheidsammlung ab 2004, Link zur Suchmaske

[4] Dies war bei dem BJM 2001 S. 117 ff. zu Grunde liegenden Entscheid der Fall.

[5] RBOG 1997 Nr. 37

[6] Amonn/Walther, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 8.A., § 48 N 42; Huber, Basler Kommentar, Art. 265a SchKG N 42

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